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Spaniens Frauen-Teamchef Jorge Vilda
Spaniens Frauen-Teamchef Jorge Vilda
Spaniens Frauen-Teamchef Jorge Vilda
Glyn Kirk / AFP / picturedesk.com

Wegen Trainer: Nationalteam tritt fast geschlossen zurück

23.09.2022 um 10:00, Philipp Eitzinger
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Vetternwirtschaft und Unfähigkeit - so lauten die Vorwürfe gegen Spaniens Frauen-Teamchef Jorge Vilda. Aus Protest gegen ihn sind nun sämtliche Stammkräfte aus dem Nationalteam zurückgetreten.

15 Spielerinnen – darunter de facto die komplette Stammformation – haben die Einberufung für die kommenden Länderspiele verweigert. Das kommt einem Rücktritt aus dem Nationalteam gleich, denn der Verband sieht dafür langjährige Sperren vor. Nur, wer "den gravierenden Fehler einsieht und sich öffentlich entschuldigt", hat eine Chance auf Rückkehr. Damit ist der Streit zwischen Kader und Verband um den seit 2015 amtierenden Teamchef Jorge Vilda endgültig eskaliert.

Was war passiert?

Die Junioren-Nationalteams dominieren Europa nach Belieben, der FC Barcelona war in drei der letzten vier Endspielen der Women's Champions League. Aber das Nationalteam ist 2017 und 2022 bei der EM jeweils im Viertelfinale ausgeschieden, bei der WM 2019 im Achtelfinale und für Olympia 2021 in Tokio war man gar nicht erst qualifiziert.

Als Hauptschuldigen haben nicht nur Medien und Beobachter, sondern auch die Spielerinnen Teamchef Jorge Vilda erkannt. Ihm fehle das Rüstzeug, um das gigantische Potenzial der Mannschaft auszuschöpfen. Doch anstatt sich nach Alternativen umzusehen, wurde sein Vertrag schon vor der EM im vergangenen Sommer um zwei Wochen verlängert.

Vildas Vater hat das Sagen

Pikant ist, wer die Frauenfußball-Abteilung im spanischen Verband leitet - nämlich Ángel Vilda, der Vater des Trainers. Der Vorwurf lautet Vetternwirtschaft: Jeden anderen hätte der Senior längst entlassen, aber sein Söhnchen ist offenkundig sakrosankt.

Beide Torhüterinnen (Panos und Gallardo), drei Außenverteidigerinnen (Moraza, Batlle, Ouahabi), zwei Innenverteidigerinn (Pereira, Mapi Leon), zwei defensive (Aleixandri, Guijarro) und zwei offensive Mittelspielerinnen (Bonmatí, Eizagirre), drei Flügelstürmerinnen (Caldentey, Lucía García, Sarriegi) und eine Mittelstürmerin (Pina) haben sich für den Streik entschieden. Und zwar im vollen Wissen, dass dies de facto das Ende ihrer Teamkarrieren bedeutet.

Nur Spielerinnen von Real Madrid bleiben

Es handelt sich um sechs Spielerinnen vom FC Barcelona, drei von Manchester City, je zwei von Atlético Madrid und Real Sociedad und je eine von Manchester United und Club América aus Mexiko. Nicht auf der Streik-Liste sind neben Weltfußballerin Alexia Putellas vom FC Barcelona (die nach einem Kreuzbandriss gar keine Einberufung bekommen hat, die sie verweigern hätte können) also fast nur Spielerinnen von Real Madrid.

In Spanien ist das übrigens keine neue Situation: Vildas Vorgänger Ignacio Quereda wurde 2015 aus dem Amt gestreikt, nachdem die Spielerinnen (damals angeführt von Verò Boquete) gesagt haben: "Er oder wir". Bei Quereda ging es um seine manipulative Persönlichkeit und vielfachen emotionalen und mutmaßlich auch körperlichen Missbrauch, die Öffentlichkeit war klar auf Seiten der Spielerinnen.

Diesmal geht es wenigstens "nur" um Inkompetenz und Vetternwirtschaft.

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