Ronaldo zu Manchester: Freude bei Fans, Häme bei Experten
20 Millionen Euro plus Bonus-Zahlungen - verglichen mit den 117 Millionen an Ablöse, die Juventus Turin vor drei Jahren für Cristiano Ronaldo hingeblättert hat, ist der mittlerweile 36-jährige Altstar diesemal geradezu billig weggegangen. Aber nicht zu Manchester City, wie es sich zunächst angedeutet hatte - sondern zu Manchester United, seinem Ex-Klub.
Fans in Extase
Die Meldung des Transfers schlug bei den United-Fans ein wie eine Bombe. Der Instagram-Post hatte innerhalb von 12 Stunden rund 11,5 Millionen Likes angesammelt, jener auf Facebook 1,5 Millionen, der auf Twitter 1,8 Millionen.
Kein Wunder: Ronaldo ist für sie das Synonym einer besseren Zeit. Mit ihm gewann United zwischen 2007 und 2009 dreimal den englischen Titel und einmal die Champions League. Aktuell wartet der Renommier-Klub seit acht Jahren auf die Meisterschaft - die längste Durststrecke seit den 1980ern.
Mehr Bürde statt Hilfe
Kundige Beobachter sind hingegen verwundert. "Der Klub ist bereit, viel Geld für einen Spieler auszugeben, den er nicht braucht, um die Fans zu beruhigen und die globale Marke zu fördern", analysiert etwa der Guardian: "Hätte City das Rennen gemacht, wäre es von den Eigentümern sicher als Statement betracht worden. Aber wofür? Ronaldo ist 36 Jahre, neigt zu Diva-Verhalten und hätte sich kaum in das intensive Spiel und den Team-Ethos eines Guardiola eingefügt. Bei all seinem Talent hat Ronaldos Ankunft bei Juventus das Team dort spürbar schlechter gemacht."
Das sieht man in Turin ähnlich, wenn man zwischen den Zeilen liest. "Ronaldo gebührt dank. Er hat seinen Beitrag gegeben, hat sich für uns verfügbar gemacht, jetzt verlässt er uns und das Leben geht weiter", so das ausgesprochen nüchterne Statement von Juventus-Trainer Max Allegri. Weil das ganze Team und das ganze Spiel auf Ronaldo zugeschnitten war, wurde man sehr berechenbar. Zuletzt wurde Juventus in Italien nur abgeschlagener Vierter.
Manchester United ist all das egal.
Ein Schuss ins Knie für Manchester?
Auch der angesehene Fach-Autor Jonathan Wilson wundert sich. Denn die Statistik ist klar: In den Top-Ligen Europas hat in den letzten Jahren kein Spieler weniger Beitrag zur Defensive bzw. zu Ballgewinnen geleistet wie Ronaldo.
"Teams, die einen Passagier mitschleppen, was den defensiven Arbeitseinsatz angeht, gewinnen normalerweise nicht die Champions League", so Wilson, "das hat Juve mit Ronaldo herausgefunden, Paris St. Germain mit Neymar und auch Barcelona mit einem alternden Messi." Und weiter: "United hat sich einen Spieler geholt, den sie nicht nur nicht brauchen, sondern der die Entwicklung des Teams bremsen wird!"