"Wir haben betrogen": Sportdirektor gesteht Manipulation
Die Skisprung-Weltmeisterschaft in Trondheim hat einen handfesten Skandal erlebt: Betreuer des norwegischen Teams haben die Anzüge ihrer Athleten illegal manipuliert, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Die Springer selbst wussten laut eigenen Aussagen nichts davon. Der Betrug ist nur durch Zufall ans Licht gekommen, als ein polnischer Journalist durch ein Fenster heimlich Filmaufnahmen machte und diese im Netz veröffentlichte.
Video-Aufnahmen bringen Betrug ans Licht
Auf dem Video ist unter anderem Norwegens Cheftrainer Magnus Brevig neben einer Nähmaschine zu sehen. Noch am Samstag stritt das Team alle Vorwürfe ab, doch am Sonntag musste Sportdirektor Jan Erik Aalbu den Betrug auf einer Pressekonferenz eingestehen. „Wir haben betrogen“, gab er vor versammelter Presse zu und versuchte sich gleichzeitig mit Unwissenheit zu verteidigen. Seine Aussagen haben für große Empörung gesorgt.
Entsetzen in Norwegen: Experten reagieren
Der Skandal hat in Norwegen ein Beben ausgelöst. Der ehemalige Skispringer und TV-Experte Johan Remen Evensen nennt es im norwegischen "Dagbladet" „einen schwarzen Tag für das norwegische Skispringen“. Die norwegische Journalistin Mina Finstad Berg von TV2 sieht das Vertrauen in den Sport zerstört: „Eine ganze WM wurde ruiniert.“ Auch die Zeitung „VG“ fordert Konsequenzen: „Das ist einer der größten Skandale in der norwegischen Sportgeschichte.“ Christian Scherer, Geschäftsführer des Österreichischen Skiverbands, fordert ebenfalls personelle Konsequenzen: „Wenn jemand seine Disziplin nicht im Griff hat, ist er rücktrittsreif.“
Erste Konsequenzen: Sponsor zieht sich zurück
Die ersten Folgen sind bereits sichtbar. Die norwegische Versicherungsgesellschaft HELP hat ihr Sponsoring mit sofortiger Wirkung beendet. „Es versteht sich von selbst, dass unser Logo nicht auf den Trikots eines Teams zu finden ist, das betrügt“, erklärte Kommunikationschef Dag Are Börresen gegenüber „NRK“. Allerdings war schon vor der WM bekannt, dass der Vertrag nicht verlängert wird. Die Springer selbst, Marius Lindvik (26) und Johann Andre Forfang (29), distanzieren sich in einem Statement: „Wir sind am Boden zerstört. Keiner von uns wäre mit diesen Anzügen gesprungen, wenn wir gewusst hätten, dass sie manipuliert sind.“
Forderungen nach härteren Strafen
Lindvik hat seine Silbermedaille von der Großschanze verloren, Forfang wurde Platz fünf aberkannt. Sein Gold von der Normalschanze darf Lindvik jedoch behalten. Laut FIS-Renndirektor Sandro Pertile sind nachträgliche Strafen nicht mehr möglich: „Wenn die Kontrolle fertig ist, ist sie fertig.“ Österreichs Cheftrainer Andreas Widhölzl erklärt im ORF die Manipulation: „Die Norweger haben auf der Innenseite ein steifes Band eingenäht. Das bewirkt, dass sich der Schritt nach unten zieht. Clever, aber nicht regelkonform.“ Eurosport-Experte Martin Schmitt fordert strengere Sanktionen: „Die bisherigen Strafen schrecken offenbar nicht genug ab. Betrug darf nicht mit einer Disqualifikation in nur einem Wettkampf abgetan werden.“
"Sehr fader Beigeschmack"
Olympiasieger Andreas Wellinger zeigt sich enttäuscht: „Das wirft viele Fragen auf“, sagte er in einem Video-Statement. Besonders bitter für ihn: Wellinger hatte auf der Normalschanze Silber hinter dem jetzt disqualifizierten Lindvik geholt. Auch in den Teamwettbewerben, in denen Norwegen mit den überführten Athleten vor Deutschland lag, könnte der Betrug eine Rolle gespielt haben. Nach einem kurzen Heimaturlaub reist Wellinger diese Woche erneut nach Norwegen, wo in Oslo der nächste Weltcup-Wettbewerb stattfindet.