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SAT.1/Nadine Rupp

Boris Beckers Interview: "Häftling wollte mich töten"

21.12.2022 um 12:10, Brigitte Biedermann
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231 Tage saß er hinter Gittern - in seinem ersten Interview erzählt er, was er im Gefängnis erlebt hat.

231 Tagen saß die Tennis-Legende im Wandsworth-Gefängnis und später im Huntercombe Prison. Was er in dieser Zeit alles erlebt hat, darüber spricht der dreifache Wimbledon-Sieger nun in einem ausführlichen Interview mit dem Moderator Steven Gätjen auf Sat.1. 

"Meine Nummer war A2923EV"

„Im Gefängnis bist Du niemand. Du bist nur eine Nummer. Meine war A2923EV. Ich wurde nicht Boris genannt. Und es interessiert sie einen Scheißdreck, wer Du bist.“ Seine vielleicht wichtigste Erkenntnis während der Haft sagt er: „Ich glaube, ich habe den Menschen in mir wiederentdeckt, der ich einmal war. Ich habe eine harte Lektion gelernt. Eine sehr teure. Eine sehr schmerzhafte. Aber das Ganze hat mich etwas Wichtiges und Gutes gelehrt. Und manche Dinge passieren aus gutem Grund.“

Der Mordversuch eines Mithäftlings 

Besonders erschreckt haben Becker die Verhältnisse im berüchtigten Wandsworth-Gefängnis. „Es war extrem schmutzig. Zudem waren dort Mörder, Kinderschänder und Drogendealer Zelle an Zelle.“ Der 55-Jährige habe nie gewusst, was der Häftling hinter ihm verbrochen haben könnte. Auf ihn geachtet hätten sogenannte „Listener“, die Becker vor Attacken bewahren mussten. „Die Jungs haben mich beschützt und mir das Leben gerettet.“ Ein Insasse, der bereits 16 Jahre eingesessen hatte, habe ihn sogar töten wollen, nachdem er Becker in seine Zelle gelockt hatte. „Ich habe am ganzen Körper gezittert“, erinnert sich der Baden-Württemberger an den Mordversuch.

Moderator Steven Gätjen führte das Interview.

Seine große Liebe stand ihm bei

Vor allem seine Freundin Lilian de Carvalho Monteiro habe ihm die gesamte Zeit über Kraft gespendet. „Sie sagte zu mir ‚Boris, wir sind ein Team‘.“ Ihre Besuche seien das „Highlight des Monats“ gewesen. Die Kehrseite der Medaille: „Nach dem Besuch wollte ich mit ihr nach Hause oder zum Italiener gehen. Das Gefühl, wieder in den Alltag zurückzukehren, war brutal.“ Er habe Lilian erklärt, sie solle nicht auf ihn warten, die Risikoanalystin wich jedoch nicht von seiner Seite. Seinen Kindern wollte er die Besuche in der Haftanstalt aber nicht zumuten.

Boris Becker mit Freundin Lilian I Credit: PETER NICHOLLS/REUTERS/picturedesk.com
Boris Becker und seine Lebensgefährtin Lilian de Carvalho Monteiro vor dem Southwark Crown Court in London.

Kein Alkohol und keine Zigaretten 

Auch äußerlich hat sich Becker verändert. Er wirkt dünner, gesünder, die Haare sind etwas dunkler. "Ich hab natürlich sehr viel Gewicht verloren", sagte er. "Ich bin mit 97 Kilo ins Gefängnis gekommen und hatte dann mal knapp 90 Kilo." Becker: "Ich hab zum ersten Mal in meinem Leben Hunger gefühlt, also bin hungrig ins Bett gegangen. Ich dachte, dass ich mit 54 Jahren schon alles erlebt habe, aber das war neu." Im Gefängnis habe er keinen Alkohol getrunken, nicht geraucht und wochen- oder vielleicht auch monatelang sehr wenig gegessen.

Abschiebung nach Deutschland

Und über die letzten Stunden vor seiner Abschiebung nach Deutschland: „Ich saß ab sechs Uhr in der Früh auf meiner Bettkante und hoffte, dass die Zellentür aufgeht. Sie kamen um halb acht, schlossen auf und fragten: Bist du fertig? Ich sagte: ‚Los geht’s!‘ Ich hatte auch schon alles gepackt.“

Wie geht es mit Becker weiter?

Wo es ihn nun hinzieht, weiß Becker noch nicht. In Deutschland sehe er jedoch keine Zukunft, da er sein Privatleben nicht gefährden möchte. Die Frage, mit wem er seinen Weg in Zukunft gehen will, kann er jedoch beantworten: mit „der Liebe seines Lebens“ Lilian und umringt von seinen Kindern. „Hoffentlich kommen noch ein paar dazu“, so Becker.

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