Sebastian Kurz: Freispruch im Prozess – nicht für alle
Am Montagvormittag ist im Wiener Justizpalast eine der politisch aufgeladensten Causen der letzten Jahre zu Ende gegangen. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien hat im Berufungsverfahren über das Urteil gegen Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz und dessen früheren Kabinettschef Bernhard Bonelli entschieden. Das Verfahren verlief überraschend zügig. Gegen 10:45 Uhr stand bereits das Urteil: Sebastian Kurz wurde freigesprochen, das erstinstanzliche Urteil gegen ihn aufgehoben. Die ursprünglich gegen ihn verhängte Strafe von acht Monaten bedingter Haft ist damit hinfällig. Anders bei Bonelli: Seine Verurteilung zu sechs Monaten bedingter Haft wurde bestätigt. Beide Urteile sind rechtskräftig.
Was ihm vorgeworfen wurde
Im Zentrum des Verfahrens stand der Vorwurf, Kurz habe im Ibiza-Untersuchungsausschuss eine falsche Beweisaussage gemacht. Konkret ging es um seine Rolle bei der Bestellung des Aufsichtsrats der Staatsholding ÖBAG. Kurz hatte angegeben, nur am Rande eingebunden gewesen zu sein. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sah darin eine bewusste Täuschung und unterstellte dem früheren Kanzler, er habe seine Beteiligung gezielt heruntergespielt. Das Erstgericht schloss sich dieser Argumentation an und verhängte im Februar 2024 die bedingte Haftstrafe. Bonelli wurde wegen ähnlicher Aussagen ebenfalls verurteilt.
Verteidigung und Befangenheitsvorwurf
Gegen die Urteile legten sowohl Kurz als auch Bonelli Berufung ein. Ein zentrales Thema im Verfahren war auch der Vorwurf der Befangenheit gegen den Erstrichter Michael Radasztics. Die Verteidigung verwies darauf, dass Radasztics Informationen an den früheren Abgeordneten Peter Pilz weitergegeben habe und dafür disziplinarisch belangt worden sei. Das OLG ließ diesen Punkt jedoch nicht in die Entscheidung einfließen: Die Beziehungen zwischen Pilz und dem Richter seien beruflicher Natur gewesen, persönlicher Kontakt habe seit vier Jahren nicht mehr bestanden. Eine tatsächliche Befangenheit sei nicht gegeben, urteilten die Höchstrichter.
Freispruch durch das OLG
Der eigentliche Prozesstag verlief unspektakulär, aber mit großer medialer Aufmerksamkeit. Nach kurzer Verhandlung fiel die Entscheidung: Das OLG sprach Kurz vom Vorwurf der falschen Beweisaussage frei. In der Begründung hieß es, der frühere Kanzler habe auf die zentrale Frage, ob er in die Aufsichtsratsbestellung involviert gewesen sei, mit "Ja" geantwortet.
Zwar sei die Fragestellerin Stephanie Krisper mit dieser Antwort unzufrieden gewesen, doch sei die Fragezeit abgelaufen gewesen. Laut Gericht habe Kurz keinen falschen Eindruck erweckt. Die Kriterien für eine strafbare Falschaussage – nämlich das vorsätzliche und objektiv unrichtige Darstellen von Tatsachen – seien nicht erfüllt.