Schwere Gewalt bei Massenprotesten im Iran
Auslöser der nunmehr seit knapp drei Wochen dauernden Proteste war der Tod der 22jährigen Kurdin Mahsa Amini auf einer Polizeistation in Teheran. Die höchstwahrscheinlich zutreffende Annahme der Familie, dass sie dort zu Tode geprügelt worden war, verbreitete sich blitzschnell über die sozialen Medien und führte ausgehend vom Kurdengebiet zu zahlreichen Demonstrationen im ganzen Land – und zu weltweiten Solidaritätsbekundungen.
Demonstranten stellen die Systemfrage
Iranerinnen schnitten sich aus Protest gegen das Kopftuch die Haare ab und teilten Fotos und Videos im Internet. Auch iranische Prominente und Künstler solidarisierten sich. Mittlerweile geht es nicht mehr nur um die reaktionäre Geschlechterpolitik in der „Islamischen Republik Iran“ und die Brutalität der berüchtigten Religionspolizei. Gefühlt hunderttausende Menschen demonstrieren mittlerweile gegen die Religionsdiktatur an sich, die Korruption im Land, die Aufteilung der Macht zwischen den Mullahs und den Revolutionsgarden, gegen die hohe Inflation, gegen die Unterdrückung von ethnischen und sonstigen Minderheiten und gegen die fehlende Meinungsfreiheit. Auch die Unterstützung Irans für Russland gegen die Ukraine stellen die Demonstranten infrage.

Es wird bereits scharf geschossen
Das Regime fühlt sich in den Grundfesten bedroht und reagiert mit bewaffneter Gewalt. Offiziell wird die Zahl von 40 Toten genannt, laut inoffiziellen Quellen sind es bereits 70. Derzeit versuchten die Behörden, die Internet- und Mobilfunkkommunikation zu beschränken, um die Kommunikation der Opposition zu behindern. Für ausländische Journalisten ist die Einreise derzeit nicht möglich. Irans Präsident Ebrahim Raisi – er gilt als ultrakonservativ – bezeichnete die regierungskritischen Proteste am Mittwoch als „eine vom Ausland gesteuerte Verschwörung gegen die Führung Irans“. Die Störung der öffentlichen Ordnung könne nicht toleriert werden.
