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Christian Stocker und Andreas Babler sitzen bei einer Pressekonferenz vor Mikrofonen. Im Hintergrund sind die Flaggen Österreichs und der EU zu sehen.
Nach dem Amoklauf in Graz beschließt die Regierung eine Verschärfung des Waffenrechts.
Nach dem Amoklauf in Graz beschließt die Regierung eine Verschärfung des Waffenrechts.
HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com

Nach Amoklauf: Regierung verschärft Waffenrecht

18.06.2025 um 14:44, Stefanie Hermann
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Nach dem Amoklauf in Graz verschärft die Regierung das Waffenrecht. Neue Regeln betreffen Kauf, Altersgrenze und psychologische Prüfungen.

Nach dem tragischen Amoklauf in Graz, bei dem zehn Menschen ihr Leben verloren haben, ist die Diskussion über das österreichische Waffenrecht neu entflammt. Innerhalb weniger Tage wurden zahlreiche Online-Petitionen gestartet, die ein komplettes Verbot von Schusswaffen für Privatpersonen forderten. Auch im öffentlichen Diskurs stand die Frage im Raum, wie ein junger Mann mit auffälligem psychologischen Befund legal zu mehreren Waffen gelangen konnte. Die Regierung hat jetzt eine umfassende Reform des Waffenrechts angekündigt.

Forderungen aus der Bevölkerung

Besonders kritisiert wurde, dass es trotz vorhandener psychologischer Auffälligkeiten bei der Stellung zu keinerlei Einschränkungen beim Waffenerwerb kam. Stimmen aus der Bevölkerung forderten eine bessere Überprüfung der waffenpsychologischen Gutachten und strengere Auflagen bei der Ausstellung von Waffenbesitzkarten. Auch die niedrige Altersgrenze und die unkomplizierte Abwicklung beim Erstkauf standen im Zentrum der Debatte. Die Diskussion wurde durch mediale Berichterstattung zusätzlich angeheizt, wobei nicht wenige Beiträge als respektlos gegenüber den Opfern empfunden wurden.

Regierung beschließt Waffenrechtsreform

Eine Woche nach dem Vorfall hat die Bundesregierung heute im Ministerrat eine umfassende Reform des Waffenrechts beschlossen. Künftig sollen Ergebnisse der psychologischen Untersuchung bei der Stellungskommission der Waffenbehörde zugänglich gemacht werden. Bei Auffälligkeiten kann ein Waffenverbot für bis zu zehn Jahre verhängt werden. Bei Ermittlungen im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt ist ein vorläufiges Verbot verpflichtend, bei Verurteilungen ein dauerhaftes. Das Mindestalter für den Erwerb gefährlicher Schusswaffen der Kategorie B wird von 21 auf 25 Jahre erhöht. Beim Erstkauf gilt eine vierwöchige Wartezeit. Waffenbesitzkarten für Erstbesitzer sind künftig auf acht Jahre befristet. Private Verkäufe sind nur noch über registrierte Händler erlaubt.

Verschärfung des Waffenrechts auf einen Blick

  • Mindestalter für Kategorie-B-Waffen wird von 21 auf 25 Jahre angehoben
  • Wartefrist für den Ersterwerb einer Waffe beträgt künftig vier Wochen
  • Waffenbesitzkarte für Erstbesitzer wird auf acht Jahre befristet
  • Psychologische Gutachten der Stellungskommission werden der Waffenbehörde übermittelt
  • Bei psychologischen Auffälligkeiten kann ein Waffenverbot bis zu zehn Jahren verhängt werden
  • Waffenpsychologische Gutachten werden reformiert
  • Bei Ermittlungen wegen häuslicher Gewalt gilt ein vorläufiges Waffenverbot
  • Bei Verurteilungen wegen häuslicher Gewalt wird ein dauerhaftes Waffenverbot verhängt
  • Privater Waffenverkauf ist nur noch über registrierte Händler erlaubt

Keine Änderungen für Jäger

Unverändert bleibt die Regelung für Jäger. Diese seien, so Kanzler Christian Stocker, "Menschen, die einen sehr verantwortungsvollen Umgang mit der Waffe ausüben." Auch bei den deutlich verbreiteteren Waffen der Kategorie C wie Büchsen und Flinten bleibt alles beim Alten. Diese sind weiterhin ab dem 18. Lebensjahr erhältlich, obwohl sie den größten Teil der im Umlauf befindlichen Schusswaffen ausmachen. Eine weitergehende Einschränkung in diesem Bereich blieb aus.

Mehr Schulpsychologen und Jugendcoaching

Begleitend zu den rechtlichen Maßnahmen will die Regierung die Zahl der Schulpsychologinnen und -psychologen innerhalb von drei Jahren verdoppeln. Zusätzlich wird das Jugendcoaching ausgebaut. Bei Schulabbruch oder Suspendierung wird ein verpflichtendes Elterngespräch eingeführt. Besonders auffällige Schülerinnen und Schüler sollen in Fallkonferenzen mit Jugendamt und Polizei besprochen werden.

Entschädigungsfonds für BORG Dreierschützengasse

Für das BORG Dreierschützengasse wurde ein Entschädigungsfonds von 20 Millionen Euro eingerichtet, aus dem auch psychologische Betreuung und Begräbniskosten für betroffene Familien finanziert werden. Zudem können Maturantinnen und Maturanten auf die mündliche Prüfung verzichten und erhalten dennoch einen regulären Abschluss.

Kritik von der Opposition

Für das Gesetz gibt es heute nicht nur Lob. Bemängelt werden unklare Regelungen und die fehlende Einbeziehung aller Waffenklassen. Wozu braucht eine Privatperson überhaupt eine Waffe?", so Grünen-Chef Werner Kogler, der für eine "Freiheit von Waffen" plädiert. FPÖ- Sicherheitssprecher Gernot Darmann nennt das Maßnahmenpaket schwammig und "mehr Show als echte Verbesserungen". Er warnt davor, "unbescholtene Bürger unter Generalverdacht zu stellen". Die Befristung der Waffenbesitzkarte sei unnötige Bürokratie.

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