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Im Gespräch
Angeregter Austausch in der Räumlichkeiten des Weekend Magazin Wien.
Angeregter Austausch in der Räumlichkeiten des Weekend Magazin Wien.
Katharina Schiffl

Die E-Auto Welle rollt: Droht der Strom-Kollaps?

07.06.2022 um 11:34, Andrea Schröder
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Die Angst vor dem Blackout steigt mit den Zulassungszahlen von E-Fahrzeugen. Wie schätzen Autohersteller und Stromerzeuger die Lage wirklich ein? Wilfried Weitgasser, Porsche Austria, und Dr. Michael Strugl, VERBUND, im Gespräch.

An die 90.000 Elektroautos sind aktuell in Österreich zugelassen. 2021 wurde im Vergleich zum Vorjahr eine Verdoppelung an neu zugelassenen E-Autos verzeichnet. "Das kann sich nicht ausgehen", ist ein Gerücht, das man im Zusammenhang mit dem dadurch steigenden Strombedarf immer häufiger hört. Im Gespräch mit Weekend reden Wilfried Weitgasser (Geschäftsführer Porsche Austria) und VERBUND-Chef Michael Strugl Klartext.

Die Nachfrage nach E-Autos steigt enorm. Werden sich die Zahlen weiter so sprunghaft nach oben entwickeln?

Wilfried Weitgasser: Bei Volkswagen haben wir 2021 bereits 20 Prozent rein elektrische Fahrzeuge verkauft. Da hat es einen enormen Schub gegeben, einerseits weil jedes Jahr neue Modelle dazukommen. Auf der anderen Seite unternimmt die Bundesregierung viel, um die E-Mobilität zu fördern. Die Befreiung vom Sachbezug führt dazu, dass insbesondere Unternehmen ganz stark auf diese Fahrzeuge setzen. Aktuell liegt der Anteil der rein elektrischen Fahrzeuge am Gesamtmarkt in Österreich bei 14 Prozent – mittelfristig wird er auf 25 Prozent steigen. 

Michael Strugl: Verschiedene Studien kommen zu dem Ergebnis, dass im Jahr 2030 etwa eine Million E-Autos auf österreichischen Straßen unterwegs sein wird.

Das ist eine Anzahl an E-Autos, bei der man natürlich fragt: Wo kommt der Strom dafür her?

Wie lautet die Antwort der VERBUND AG?

Michael Strugl: Die reine Strommenge ist nicht das Problem. Eine Million E-Fahrzeuge benötigen etwa 2,6 Terrawattstunden. Dafür müssten wir zum Beispiel 370 Windräder errichten. Was mir mehr Sorgen macht, sind die Lastspitzen. Angenommen, alle fahren um 18 Uhr nach Haus und stecken ihr Auto an – das würde das Netz nicht verkraften. Wir benötigen also ein intelligentes Management der Ladevorgänge. 90 Prozent müssen langsam, also über Nacht oder während der Arbeit, stattfinden. Der Rest kann auf Schnellladungen entfallen, doch die benötigen eine unglaubliche Anschlussleistung. Smarte Technologien wie automatisiertes Last-Management werden eine große Rolle spielen. Das kann sich zukünftig auch in dynamischen Preisen niederschlagen: Wenn ich Strom aus dem Netz ziehe, wenn es alle machen, wird ein anderer Tarif gelten als dann, wenn nur wenige laden. 

Wilfried Weitgasser: Ein wichtiger Punkt: Ob batterieelektrisch, Wasserstoff oder Verbrenner, bei sauberer Mobilität kommt es immer auf die Energie, den Treibstoff an. Das kann nicht von den Automobilherstellern allein gelöst werden. Darum braucht es neue Wege der Zusammenarbeit.

Was der VERBUND-Chef zu den massiven Strompreis-Erhöhungen sagt, finden Sie hier.

Porträt der beiden Teilnehmer
Autohersteller und Stromerzeuger sind sich einig: Es braucht mehr Ladepunkte.

Wie sieht es mit der Versorgung mit Ladepunkten in Österreich aus?

Michael Strugl: Wir haben ungefähr 10.000 Ladepunkte und dazu 2.000 Schnellladepunkte. Da sind wir jetzt schon besser als die EU in ihren Überlegungen mit zehn E-Fahrzeugen auf einen Ladepunkt, bei uns sind es ungefähr vier. Im Schnellladebereich sollen bis zu 150 Ladepunkte pro Jahr dazukommen. Eins ist ganz klar: Mit den zu erwartenden Zulassungszahlen wird es schwierig werden, wenn die Ladeinfrastruktur nicht schnell genug nachgebaut wird. Derzeit erleben es viele so, dass die Ladepunkte eigentlich immer besetzt sind. Das muss besser werden.

Ein Beispiel aus Stockholm:

Wilfried Weitgasser: Aufholbedarf gibt es bei der Anzahl der Schnellladestationen auf weiten Strecken. Und da gibt es eine wichtige Entwicklung: Die Reichweite steigt. Durch mehr Batteriekapazität oder auch mit Software- Updates erzielt man Reichweitengewinne. Die Reichweite hängt aber immer vom Fahrer und Fahrstil ab. Man sollte jedenfalls alle Assistenten einschalten. Dann gibst du zum Beispiel nur noch Gas und bremst gar nicht mehr. Das Auto bremst und rekuperiert automatisch und gewinnt damit Energie und Reichweite zurück. Das Fahren ist damit auch viel entspannter.

Der Wettbewerb um die Reichweite ist bei den Herstellern voll im Gange. Denn je weiter man kommst, desto seltener musst du an den Schnelllader. 

Die Zukunft der Mobilität …

Wilfried Weitgasser: … gehört dem batterieelektrischen Fahrzeug. Wasserstoffautos sind ja auch E-Autos, nur mit Wasserstoffzelle statt Batterie. Dieser Antrieb braucht aber doppelt so viel Energie wie die Batterie für die gleiche Reichweite. Bei der Speicherung von Energie ist Wasserstoff dagegen eine ganz heiße Nummer. eFuels wären eine ideale Lösung, dann könnten wir all die schönen Oldtimer ganz einfach damit betanken. Aber eFuels brauchen zur Herstellung sogar das Zehnfache an Energie. Ich glaube, man muss auch mal ums Eck denken. Denn wir wollen die Transformation der Mobilität wirklich.

Michael Strugl: ... ist der Antrieb mit Erneuerbaren Energien.

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