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Andreas Babler nach einer Sitzung vor den Mikrofonen von Servus, ORF und Puls4.
Seine Aussagen zur EU in dem Video aus 2020 hat Babler mittlerweile präzisiert.
Seine Aussagen zur EU in dem Video aus 2020 hat Babler mittlerweile präzisiert.
ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com

Aufregung um Babler: "EU aggressiver als die NATO"

31.05.2023 um 06:52, Stefanie Hermann
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"Frieden, dieses Scheißargument": Ein aufgetauchtes Video sorgt für Wirbel in der SPÖ-Wahldebatte. Darin findet Babler drastische Worte für die EU.

Wenige Tage vor der Kampfabstimmung über den SPÖ-Vorsitz werden die Bandagen härter. Vor allem der bis zum Ergebnis der Mitgliederbefragung als absoluter Underdog gehandelte Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler sieht sich mit einer Reihe von Vorwürfen konfrontiert. Für besondere Aufregung sorgt aktuell ein Video aus dem Jahr 2020, in dem Babler sich äußerst drastisch zur EU äußert.

"Schlimmer als die NATO"

Im Mitschnitt ist Babler im Interview mit Natascha Strobl und dem Politikberater und SPÖ-Urgestein Rudi Fußi zu sehen. Darin bezeichnet er die EU unter anderem als "das aggressivste außenmilitärische Bündnis, das es je gegeben hat". In der Doktrin sei sie "schlimmer als die NATO". Er betrachtet sie als "imperialistisches Projekt mit ein paar Sozialstandards". Er findet sie "überhaupt nicht leiwand" und gibt an, "gegen dieses Konstrukt" aktiv gewesen zu sein. Aber es sei als Sozialdemokrat auch schwierig, stellt Babler fest. Wenn man als Roter gegen die EU sei, sei man ja "ein böser Mensch" gewesen: "Weil die bringt ja Frieden, dieses Scheißargument."

 

Reform nötig

Mittlerweile hat Babler zum Video Stellung genommen. Zwar ist Babler in seiner Zeit in der Sozialistischen Jugend noch gegen einen Beitritt aufgetreten, für einen Austritt sei er aber nicht. "Ich stehe natürlich keinesfalls für einen EU-Austritt und habe auch in diesem Interview nicht dafür argumentiert", so Babler auf Puls24. "Die neoliberalen Sparprogramme der letzten Jahrzehnte haben viel Schaden angerichtet und die südeuropäischen Länder in eine tiefe Rezession gezwungen. Arbeitslosigkeit und Armut haben sich verschlimmert und damit wurde auch der Rechtspopulismus in ganz Europa gestärkt", erklärt Babler. Die Union brauche dringend eine Reform der Verträge, und der Weg müsse in eine Sozialunion führen.

Mit dieser Forderung befinde ich mich in guter Gesellschaft mit vielen sozialdemokratischen Regierungschefs.

Andreas Babler zum Reformbedarf der EU

Marxismus-Sager

Vergangene Woche hatte Babler für ordentlichen Wirbel gesorgt, als er sich in einem Interview bei Puls24 als Marxist bezeichnete. Bei Armin Wolf in der ZIB2 revidierte er seinen Sager aber wieder. Konkurrent Hans Peter Dokozil zeigte sich nach dem Marxismus-Sager abgestoßen: "Mich schreckt das schon ab."

Zweifel an Ausbildung

Mit Gegenwind ist Babler plötzlich auch bezüglich seiner Ausbildung konfrontiert. Wie die "Presse" berichtet, ist der Bürgermeister im Gegensatz zur landläufigen Meinung gar kein ausgelernter Schlosser, sondern hat seine Lehre nicht abgeschlossen. Freilich hat Babler in seinem Lebenslauf solches auch nie behauptet. Von einer Sprecherin hieß es gegenüber der "Presse", er sei "kein gelernter Maschinenschlosser", habe allerdings "in einer Fabrik als Schlosser gearbeitet".
 

Beobachter orten Schmutzkübelkampagne

Beobachter orten indes eine Schmutzkübelkampagne. Auch ohne zweite Mitgliederbefragung würde Babler dem als Favoriten geltenden Doskozil mittlerweile gefährlich werden. Ein Grund, weshalb nun das Video aufgetaucht sei. Die am Interview beteiligte und offen für Babler die Wahlkampftrommel rührende Natascha Strobl verurteilt die aktuelle Debatte. "Man sieht jetzt übrigens eine Masterclass in Dirty Campaigning. Das können Leute sehr gut, die Politik als 3D-Schachspiel zwischen (realen oder in diesem Fall imaginierten) Machtblöcken sehen und nicht als etwas, das aktiviert und einbindet", so Strobl. Auch Fußi selbst, der als Unterstützer Doskozils gilt, springt Babler zur Seite. Die Debatte belege, wie schwierig es sei, Kritik an der EU zu üben, so Fußi via Twitter.

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