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RyanJLane/istockpictures.com

Gut gedehnt ist halb trainiert

08.02.2021 um 11:29, Teresa Frank
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Einige Sportler machen es vor dem Training, manche danach und wieder andere finden es vollkommen überflüssig: Kaum eine Frage spaltet die Fitness-Community so wie das Thema Dehnen.

Eine gute Beweglichkeit ist das Fundament eines gesunden Körpers und schützt vor Verletzungen bei sportlicher Belastung. Das Dehnen der Sehnen und Muskeln soll dabei helfen. Aber was passiert bei diesen Übungen eigentlich genau?

Ein dehnbarer Begriff.

Unsere Gelenke sind von Muskeln und Bändern umgeben, die sie stabilisieren. Wird ein Muskel zu wenig beansprucht, wie beispielsweise beim Sitzen, verkürzt er. Beim Stretching wird die Muskulatur auseinandergezogen und gezielt in die Länge trainiert, um die Mobilität zu vergrößern - und so vergrößert sich auch der Bewegungsradius. Unterscheiden muss man aber, ob es sich bei den Positionen um klassische Dehnübungen oder ein aktives Muskellängenwachstum handelt. Beide funktionieren nämlich unterschiedlich. „Das klassische Dehnen geschieht passiv, der Muskel wird ohne eine zusätzliche Aktivierung und Anspannung für den Moment der Dehnung auseinandergezogen und dann wieder entspannt,“ erklärt Martin Wirth, Geschäftsführer von Best Fitness. „Dieser Effekt ist jedoch nach 24 Stunden wieder vorbei,“ ergänzt er. Im Vergleich dazu wird beim Muskellängenwachstum die jeweilige Muskulatur aktiv angespannt: Der Fokus liegt auf der richtigen Bewegungausführung. Klassisches Dehnen dient also der passiven Flexibilität und Entspannung der Muskeln, während durch aktives Muskellängenwachstum die Beweglichkeit dauerhaft verbessert werden kann.

Zeitpunkt wählen.

Wann ist nun der perfekte Zeitpunkt für Dehn- bzw. Mobilitätsübungen? „Der erste Schritt vor dem Training ist das richtige Aufwärmen. Damit wird der Körper auf Betriebstemperatur gebracht, der Stoffwechsel angekurbelt und die Gelenke geschmiert. Dann können mit dynamischen Mobilitätsübungen die gefragten Muskelgruppen aktiviert werden,“ erklärt der Fitness-Experte. Nach dem Training würden sich hingegen statische Dehnungsübungen besser eignen, um den aufgebauten Muskeltonus wieder zu reduzieren, die Muskulatur zu entspannen und den Körper auf Erholung einzustimmen. Ob es sich beim Training nun um Ausdauer- oder Kraftsport handelt, macht laut Wirth keinen Unterschied. Eine Ausnahme bildet jedoch der Leistungssport, wo viel Kraft benötigt wird: Hier kann zu intensives Stretching zu Spannungsverlust in den Muskeln und damit zu Einbußen der Leistung führen.

Ein gutes Mobilitätstraining bieten Fitnessclubs mit speziellen Beweglichkeitszirkeln wie Flexx oder auch Yoga. Die Bewegungen sollten idealerweise der Physiologie der Wirbelsäule entsprechen, um die Bandscheiben möglichst zu entlasten. Damit kann man der Verkürzung der Muskeln entgegenwirken.
Martin Wirth, Geschäftsführer Best Fitness

Volkskrankheit Rückenleiden.

Beweglichkeit schön und gut, aber was, wenn man ohnehin keine große Sportskanone ist – kann man dann auf Mobilitätsübungen und Co. verzichten? „Die gezielte Förderung der Beweglichkeit wird im Laufe des Lebens einfach immer wichtiger. Durch das lange, nach vorne gebeugte Sitzen vor dem Computer verkürzen unsere Muskeln und die Wirbelsäule entfernt sich von ihrer natürlichen S-Form,“ erklärt Martin Wirth. „Mittelfristig würde dies ohne Gegensteuern zu einem Hohlkreuz führen, was eine ungünstige Position der einzelnen Wirbelkörper zueinander bewirkt und die Bandscheibe einer hohen Abnützung aussetzt. Diese Fehlbelastungen fördern Verspannungen und Schmerzen.“

Übungen.

Ein tägliches Training für 15 bis 20 Minuten kann diesen Leiden entgegenwirken. „Besonders wichtig ist, die Übungen wirklich 30 bis 45 Sekunden zu halten. Ergänzend zum statischen Halten der Position ist auch leichtes, langsames Wippen erlaubt,“ rät der Experte. Ein sauberes Halten der Positionen, ohne in ein Hohlkreuz zu fallen, kombiniert mit einer regelmäßigen Atmung sorgt für den optimalen Effekt. Ein angenehmer Dehnschmerz ist dabei durchaus erwünscht, falls es jedoch richtig schmerzt, sollte die Position gelockert werden. Um die negativen Auswirkungen des täglichen Sitzmarathons auszugleichen, sollten zusätzlich zum Dehnen auch die Bein, Gesäß- und Bauchmuskulatur richtig intensiv gekräftigt werden:

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