Gartenkunst
Inhalt
Willst Du ein Leben lang glücklich sein, schaffe Dir einen Garten. Der Ursprung dieses Sprichworts ist unbekannt, aber es spiegelt die Sehnsucht wider, die Menschen für ein eigenes Stück Natur empfinden. Und dabei ist es die Abgrenzung nach außen, die Gärten so spannend macht. Dort, wo der Zaun, die Hecke oder die Mauer stehen, endet die Leinwand für den Gartengestalter. Man fühlt sich geschützt in diesem intimen Raum. Der eigene Garten vermittelt ein Gefühl von Vertrautheit und Geborgenheit. Umso besonderer, dass wir durch den neuen Bildband des Callwey Verlags einen Blick in 50 prämierte Privatgärten aus dem DACH-Raum werfen dürfen.

Sehnsuchtsort Garten.
Die heutige Sehnsucht nach Natur in Gärten lässt sich mit einem Beispiel aus dem Frankreich des 18. Jahrhunderts vergleichen. Die strenge Etikette am Versailler Königshof war damals legendär. Der Tag des Königspaars war von wunderlichen Riten durchzogen, von denen die Beteiligten nicht einmal in Details abweichen durften. Marie Antoinette, um die sich viele Mythen und Legenden ranken, empfand das Hofleben als erdrückend, weshalb ihr Gatte König Ludwig XVI. ihr das Schloss Petit Trianon schenkte. Doch Marie Antoinette sehnte sich nach mehr. Die ländliche Idylle war bei den Adeligen damals in Mode und die Monarchin suchte nach mehr Naturnähe und Ursprünglichkeit. Sie gestaltete den Garten um und ließ ein Dorf mitsamt Mühle und Gemüsegärten bauen, welches ru-
stikalen Charme ausstrahlen sollte. Das Volk kreidete ihr diese Gartengestaltung als Ausdruck ihrer Verschwendungssucht an, aber Marie Antoinettes Wunsch nach einer ländlichen Idylle können heute wieder viele Menschen nachvollziehen. Auch Stephan Lenzen schreibt in seinem Vorwort zu „Gärten des Jahres 2025“ von einer „Sehnsucht der heutigen Menschen nach Natur, Landschaftserlebnis, eigener Nahrung, Ursprünglichkeit, Reduktion der Eindrücke und nach Schönheit“. Daher ist es Lenzen auch ein Anliegen, behutsam mit der Veränderung der Natur umzugehen. „Der Garten ist im Gegensatz zur Landschaft eher aus der Individualität und weniger aus der Gesellschaft entstanden“, setzt er fort. Daher mahnt er, dass der Garten nicht Ausdruck eines „grünen Egoismus“ wird. Und dennoch: Lenzen spricht sich gegen ein Aufgeben der individuellen Kreativität bei der Gartenplanung aus.


Naturverbundenheit.
Betrachtet man die Gärten des Bildbandes springt die Nähe zur Natur sofort ins Auge. Bäume, Sträucher und Dickichte sind kein Sakrileg. Und dennoch ist es eine Gratwanderung zwischen unbändiger Natur und penibler Inszenierung, welche die Gartengestalter meistern müssen. Ökologie und Ordnung werden geschickt ausbalanciert, um den Garten zu einer wahren Oase zu machen. Auffallend ist auch der Hang zu Wasserelementen. Naturpools und kleine Teiche vermitteln ein Gefühl von Natürlichkeit. Aber auch konventionelle Pools können sich bei einer geschickten Gartengestaltung in das Gesamtbild einfügen. Kleine Wasserfälle sprechen nicht nur das Auge an, sondern schaffen auch eine beruhigende Geräuschkulisse. Ein Garten ist mehr als nur ein gestaltetes Stück Land – er ist Ausdruck von Individualität, Sehnsucht und Naturverbundenheit. Die in „Gärten des Jahres 2025“ prämierten Rückzugsorte zeigen eindrucksvoll, wie die Balance zwischen Kreativität und ökologischem Bewusstsein unsere grünen Oasen zu wahren Kunstwerken macht.
