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Was ich nie sagen wollte. Und was ich doch sage.

12.10.2017 um 09:30, Katharinas Mama-Blog
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Gerade beim ersten Kind haben wir in unserem Kopf diverse Vorstellungen von uns als Eltern. Unter anderem glauben wir das wir xy nie sagen würden. Ich habe euch mal meine Best of zusammengefasst und muss selber schmunzeln, wie sehr man doch denkt, dass man erziehen würde, und wie wenig das mit der täglichen Praxis zu tun hat.

Mama-Sein ist schon etwas Besonderes. Wir können es jetzt "besser" machen, wollen uns meistens von den Methoden unserer Eltern abgrenzen oder neue Erziehungswege probieren. Ich kenne niemanden, der nicht am Anfang seiner Schwangerschaft diverse Vorstellungen im Kopf hat, wie er doch mit seinem Kind umgehen würde.

Theorie in der Schwangerschaft

Wir stellen uns vor, wir sind auf Augenhöhe mit unserem Nachwuchs, geduldig, achtsam, ruhig, immer besonnen, und natürlich ziehen wir liebevoll Grenzen und bringen "Bitte" und "Danke" spielerisch bei. In unseren Köpfen fluchen die Kinder nicht, kriegen keine Schrei-Anfälle, weil wir ja alles besprechen können, und sind total auf Zack. Das ist die Theorie.

Hilfe zur Selbsthilfe oder doch Manipulation?

Beispielsweise wollte ich meinem Bambam - theoretisch - keinen Schnuller angewöhnen. Praktisch nahm mir jemand die Entscheidung ab, und ich hatte kein Problem damit, dabei zu bleiben. Mein Sohn hatte anfangs starke Gelbsucht und musste ins Krankenhaus unter den Inkubator fürs Blaulicht. Ich war immer da, aber zwischendurch musste ich auch mal schlafen, und das ging nicht im selben Raum. Der Deal war, dass die Krankenschwestern mich rufen würden, wenn er weint. Das taten sie ja auch ganz brav. Irgendwann kam ich dann vorbei, und mein Kind lag friedlich schnullernd unter der Höhensonne. Eine wohlmeinende Schwester meinte es gut mit uns und hatte meinem Kleinen irgendwann einen Schnuller zur Beruhigung verpasst. Nun – was soll ich sagen? Klar, ich hätte ihn wieder wegnehmen können. Aber es war so schön verlockend, das Kind beruhigte sich einfach schneller damit. Dass ich nun einen bald Dreijährigen habe, der seinen heiß geliebten Schnuller nicht hergeben will, versteht sich von selbst.

Und wie ist das mit den Manieren?

Ganz ehrlich - ich fand es immer ganz schrecklich, wenn Kinder beim Essen aufstehen und rumlaufen. Sich mal einen Happen holen und dann wieder weiter rennen. Aber ich gestehe, es gibt Tage, an denen ich nicht die Power habe, das so genau zu nehmen wie ich dachte, dass ich es würde. Eigentlich gibt es die Regel "beim Essen sitzen bleiben", aber mein Kleiner kennt so wunderbare Verzögerungstaktiken, dass ich diese natürlich auch schon aufgeweicht habe. Ich glaube, das hat begonnen, als er einmal ganz schlecht gegessen hat. In mir drinnen schrie die Mama-Alarmuhr "O mein Gott, er muss verhungern", und ich fing an, ein bisschen "lose" mit dem Sitzenbleiben zu werden. Aber immerhin, er weiß theoretisch, dass er sitzen müsste. Naja, Erziehung ist halt wirklich ein Theorie–Praxis Problem?!?

Kleine Schritte ganz groß

Ich bin über die kleinen Dinge des Alltags froh. Zum Beispiel, dass er immer wieder mal "Bitte" und "Danke" einsetzt. Und was ich hier klar merke - je mehr ich im Umgang mit ihm diesen höflichen Ton einhalte, desto mehr setzt er ihn auch ein. Da wäre wieder der Beweis der Theorie, Kinder lernen durch Vorbilder. Und ganz ehrlich, ich bin mit dem Sitzenbleiben bei Tisch auch nicht so genau. Regelmäßig hupf' ich wieder auf, weil ich was vergessen habe.

Was Hänschen nicht lernt … ?

Kinder lernen durch Vorbilder. Ich kann nicht von ihnen verlangen, dass sie etwas einhalten, was ich selber nicht lebe. Und manchmal müssen wir mit uns selber ein wenig nachgiebiger sein, dann ist's mit der Erziehung auch nicht so stressig. Und Schritt für Schritt lernen wir, was wir als Eltern durchsetzen können, und wo unsere Kinder Grenzen haben, bei denen sie ihren persönlichen Raum wahren möchten. Schön wäre es, immer in dieser Balance sein zu können. Aber manchmal geht’s halt nicht. Tatsächlich ist Erziehung so eine natürliche Sache, dass wir häufig gar nicht merken, dass wir es tun. Aber wir setzen in den ersten Jahren die wichtigsten Schritte für unsere Kinder. Vor allem in Bezug auf Wertschätzung und Achtsamkeit. Diese Werte bedeuten aber nicht, dass ich keine Grenzen ziehen soll. Aber wir können Grenzen auch gewaltfrei setzen. Und mit uns sollten wir auch nicht immer so streng sein. Denn wir haben jeden Tag die Möglichkeit, es wieder besser bzw. anders zu machen.

Katharina Gindra-Vady ist Mutter, Pädagogin, Bloggerin, Model, Moderatorin, ehemalige Flugbegleiterin. Die große Leidenschaft der Steirerin ist das Schreiben.

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