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Geschäftsleiter Christian Rudisch, Geschäftsführerin Anne Schlack und Nicole Cerny (SOS-Kinderdorf Guntramsdorf) im Rahmen eines PG von SOS-Kinderdorf mit dem Titel ?Nächste Schritte in der Reformagenda" am Dienstag, 7. Oktober 2025
SOS-Kinderdorf-Österreich wurde vom Weltverband suspendiert.
SOS-Kinderdorf-Österreich wurde vom Weltverband suspendiert.
ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com

Missbrauchsskandal: SOS-Kinderdorf suspendiert

24.10.2025 um 16:04, Marcel Toifl
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Nach schweren Vorwürfen hat die internationale Föderation SOS-Kinderdorf Österreich suspendiert. Die Organisation fordert volle Aufklärung.

Die Föderation der SOS-Kinderdörfer hat am Donnerstag den Länderverein SOS-Kinderdorf Österreich suspendiert. Die Entscheidung des internationalen Aufsichtsrats gilt mit sofortiger Wirkung. Das gab „SOS-Kinderdörfer weltweit“ am Freitagnachmittag bekannt. Der Dachverband reagiert damit auf die schwerwiegenden Missbrauchsvorwürfe gegen Hermann Gmeiner, den Gründer der weltweiten Föderation.

Entscheidung der Dachorganisation

In der Mitteilung der Föderation heißt es, viele Fragen im Zusammenhang mit den Missbrauchsvorwürfen und dem Umgang damit seien weiterhin offen. Der Beschluss sei eine Reaktion auf jüngste Enthüllungen über sexuelle Gewalt an Kindern in österreichischen Einrichtungen. Die Suspendierung gilt bis zur umfassenden Klärung der Vorwürfe.

Reaktion auf Missbrauchsvorwürfe

Im Mittelpunkt der aktuellen Causa steht Hermann Gmeiner. Der Gründer soll in den 1980er-Jahren an mehreren minderjährigen Burschen sexuelle Gewalt ausgeübt haben. Die Organisation teilt mit, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es weitere Opfer gebe. Erste intern dokumentierte Hinweise liegen laut SOS-Kinderdorf seit 2013 vor. Betroffen sind laut bisherigen Angaben Standorte in Kärnten, Niederösterreich, Tirol und Vorarlberg.

Besonders kritisch sieht der Dachverband, dass die Vorwürfe im Rahmen des Opferschutzverfahrens zwischen 2013 und 2023 zwar bekannt waren, aber erst jetzt kommuniziert wurden. In der Stellungnahme von „SOS-Kinderdörfer weltweit“ heißt es dazu: „Im Licht weiterer Missbrauchsfälle an österreichischen Standorten, die in den letzten Wochen an die Öffentlichkeit gekommen und ebenfalls erst jetzt vom Länderverein bekanntgemacht wurden, bleiben viele Fragen offen.“

Aufarbeitung und Folgen

Die Föderation betont, dass die Suspendierung ein notwendiger Schritt sei. „Wenn Rechenschaftspflicht, Verantwortung und Transparenz nicht ernst genommen werden, sind die Auswirkungen verheerend“, erklärt die Dachorganisation. „Keine Person – unabhängig von Position, Verdienst oder Geschichte – steht über dem Gesetz. Wo das Vertrauen der Kinder und unserer Gemeinschaft missbraucht wird, müssen wir rigoros handeln.“

Nach eigenen Angaben verpflichtet sich die Föderation zu einer umfassenden Aufarbeitung der Vergangenheit. Die Suspendierung des Ländervereins sei auch für die Organisation selbst eine Bewährungsprobe. SOS-Kinderdorf Österreich kündigte an, die Aufarbeitung fortzusetzen und interne Strukturen neu zu ordnen. In einer eigenen Stellungnahme hieß es, es habe „ein System gegeben, das Intransparenz und Schweigen zu Gewalt begünstigt hat“.

Die Stadt Wien prüft unterdessen, den Hermann-Gmeiner-Park im ersten Bezirk umzubenennen. Eine Entscheidung darüber steht noch aus.

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