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Die Perchteln: Weiß gekleidete Menschen.
Prüfen, ob alles ordentlich ist: die Perchteln aus der Obersteiermark.
Prüfen, ob alles ordentlich ist: die Perchteln aus der Obersteiermark.
Privat/ Volkskultur Steiermark GmbH

Schräg, aber liebenswert: Skurrile Bräuche aus Österreich

02.07.2025 um 14:09, Simone Reitmeier
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Warum zur Sonnenwende Strohpuppen verbrannt werden, was es mit den „Kasmandln“ auf sich hat und wer der „Panzenaff“ ist. Die skurrilsten Bräuche aus Österreich.

Ein Baum, der durch den Ort marschiert? Ist man zu Pfingsten in Patzmannsdorf unterwegs, könnte er einem tatsächlich begegnen. Unter dem Blättermantel steckt allerdings ein Bub – der „Pfingstkini“ (Pfingstkönig). Er wird mit Birkenzweigen umhüllt und gilt als Symbol für Fruchtbarkeit und­ Naturerwachen. Was in dem niederösterreichischen Ort jährliche Traditionen ist, kennt man im restlichen Land weitgehend nicht. So verhält es sich mit vielen Bräuchen in Österreich. 

Räder auf Dächern (OÖ)

In Obertraun (OÖ) wird zum Bespiel in der Nacht auf Ostermontag alles, was Räder hat, verschleppt. Und mit Vorliebe gut sichtbar auf Dächern, Laternenmasten oder Bäumen platziert. Egal ob Fahrrad, Kinderwagen oder Schubkarre – nichts ist beim „Oaradln“ (Eier-Verradeln) sicher. Ursprünglich war dieser Brauch eine Mahnung an Landwirte, Ordnung zu halten. Ähnlich geht es in Salzburg bei der Philippinacht am 1. Mai und beim Pfingststehlen (Sonntag) in der Steiermark zu. 

Putztrupp: Perchteln (Steiermark)

Zugegeben, etwas gruselig wirken die Perchteln schon, dennoch sind sie in der Obersteiermark gern gesehene Gäste. In der letzten Raunacht (von 5. auf 6. Jänner) klopfen Frauen, Männer und manchmal sogar Kinder – von Kopf bis Fuß in weißen Gewändern gekleidet und unerkennbar – an Hoftüren. Mit Wischtuch und Besen ausgestattet, nehmen sie wortlos die Räume unter die Lupe und prüfen, ob alles ordentlich geputzt ist. Die Hausleute versuchen indes mit geschickten Fragen herauszufinden, wer sich unter der Verkleidung befindet, und laden als Entschädigung zu traditionellen „Schnapsnudeln“ ein. Der Besuch der weißen Gestalten gilt als segenbringend und soll das Böse, Schmutz und die Dunkelheit vertreiben. 

Mächtige Sonnwendfeuer (österreichweit)

Rund um die Sonnenwende und zur Feier des längsten Tages des Jahres (21. Juni) werden im ganzen Land mächtige Freudenfeuer entzündet. Auf der Spitze des Scheiterhaufens thront in manchen Orten eine Strohpuppe („Peterlverbrennen“), die den Flammen zur Abwehr von Dämonen, bösen Mächten, Hagel und Missernten übergeben wird. Die Sonnwendfeier hat ihren Ursprung im Heidentum, weshalb die katholische – jedoch ohne Erfolg. 

Viele Menschen stehen rund um ein Sonnwendfeuer.
Zur Sonnenwende am 21. Juni werden große Scheiterhaufen entzündet.

Wildes Fasnacht-Treiben (Tirol)

Alle fünf Jahre herrscht in Telfs Ausnahmezustand: Anfang Februar läuten beim Schleicherlaufen rund 500 maskierte Männer die Fastenzeit ein. Zu den kuriosesten Figuren zählt der „Naz“ der Laninger-Truppe, eine mehr als 100 Jahre alte Puppe, die als Symbolfigur gilt. Ein weiterer Hauptakteur ist der „Panzenaff“ der Wilden-Gruppe. Er schneidet Grimassen und zeigt die Zunge. Um sie besonders weit herausstrecken zu können, soll sich der eine oder andere sogar vier Schneidezähne ziehen haben lassen. 

Der "Panzenaff" beim Schleicherlaufen im Tiroler Telfs.
Der "Panzenaff" beim Schleicherlaufen im Tiroler Telfs.

Zeit zum Heiraten (Steiermark)

Ledige Frauen in der Steiermark finden zu Pfingsten womöglich einen ungebetenen Gast vor der Tür, dem Fenster oder gar auf dem Dach: den „Pfingstlotter“. Mit der Strohpuppe zeigen ihnen die Dorfburschen, dass es an der Zeit wäre, unter die Haube zu kommen. Bei den meisten Damen kommt die Botschaft nicht sonderlich gut an. Mancherorts sollen sie sich rächen, indem sie mit Freundinnen das Bett des Unruhestifters auf die Straße tragen. Na dann, gute Nacht! 

Gigalar ufhänga (Vorarlberg)

Der jahrhundertealte Brauch aus Vorarlberg heißt wörtlich übersetzt „Hähne aufhängen“ und wird heute nur noch in Au und Schoppernau praktiziert. In der Nacht zum Ostersonntag streuen junge Männer Sägespäne (früher noch Eierschalen) vom Wohnhaus 18-jähriger Mädchen bis zur Dorfkirche. In der Vergangenheit wurden zusätzlich Hähne in Käfige gesperrt und bei den Häusern oder der Kirche aufgehängt. Gab es mehr Voll- jährige als Hähne, reichte aber auch eine Tiefkühlportion aus. Damit möchten die Männer signalisieren, dass sie die Frauen beschützen und sie nicht vom rechten Weg abkommen sollen. 

Virgentaler Opferwidder (Tirol)

Während vielerorts Alpakawanderungen angeboten werden, zieht im Osttiroler Virgental ein festlich geschmückter Widder durch die Straßen. Die Prozession zur Wallfahrtskirche Maria Schnee findet jährlich am Weißsamstag, also am ersten Samstag nach Ostern, statt. Der Brauch geht auf das 17. Jahrhundert zurück und sollte die Gemeinden Virgen und Prägraten von der verheerenden Pestseuche erlösen. 

Prozession mit dem Opfer-Widder im Virgental.
Opferwidder im Virgental

Alpengeister: Kasmandln (Salzburg)

Dem Volksglauben nach leben versteckt in den Lungauer Bergen (Salzburg) die sogenannten Kasmandln. Während sich die Alpengeister im Sommer von Kräutern und Wurzeln ernähren, wird das Nahrungsangebot im Winter knapp. Dann ist es für sie an der Zeit, Berghütten und Almen aufzusuchen. Weil sie in den Sommermonaten das Vieh beschützen, lassen Senner stets Essbares und Brennholz in ihren Behausungen zurück. So wird der Sage nach sichergestellt, dass die Kasmandln auch in der nächsten Saison auf die Tiere aufpassen und nicht verscheuchen. Aus diesem Aberglauben hat sich das „Kasmandlgehen“ entwickelt. Bis heute ziehen Kinder am Vorabend von Martini (10. November) verkleidet und mit Kuhglocken von Haus zu Haus, tragen Gedichte vor und verteilen Rahmkoch und Schnuraus. 

Kinder im Lungau beim "Kasmandlgehen".
Lungauer Kasmandln

Ritterliches Kufenstechen (Kärnten)

Reiten im Gailtal Männer mit Zipfelmützen auf Norikern über den Dorfplatz, steht das legendäre Kufenstechen auf dem Programm. Mit Eisenkeulen versuchen die Reiter im Galopp, ein aufgehängtes Holzfass zu zerschlagen. Dem Sieger winken Ehre und das „Kirchtagskranzl“, bevor er den Lindentanz mit den Damen eröffnet. Der Ursprung des Brauchtums ist nicht überliefert, dürfte aber bis ins Mittelalter zurückreichen. 

Ein Reiter auf einem Noriker beim Gailtaler Kufenstechen.
Kufenstechen im Gailtal

Krampus-Arena (Tirol)

Richtig zur Sache geht’s beim „Tischzoichn“ („Tischziehen“) in Osttirol. In einer spartanischen Arena versuchen (meist) junge Burschen, einen Holztisch zu verteidigen – und zwar gegen eine wilde Horde Krampusse. Gehen die zotteligen Schiachperchten auf sie los, können schon mal ordentlich die Fetzen fliegen. Denn erst, wenn es ihnen gelingt, den Tisch umzuwerfen, lassen sie von ihren Opfern ab. Ernsthafte Verletzungen müssen die Herausforderer in der Regel nicht fürchten, ganz ohne blaue Flecken oder Prellungen kommt man aber nicht davon.

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