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Foto-Kollage: Papst Leo XIV. in päpstlicher Kleidung und Donald Trump im Anzug stehen nebeneinander vor dem Petersdom in Rom und winken, der Himmel ist bewölkt.
Papst Leo XIV. und Donald Trump: In der Vergangheit hat Kardinal Prevost auf Twitter Kritik an der US-Politik geübt.
Papst Leo XIV. und Donald Trump: In der Vergangheit hat Kardinal Prevost auf Twitter Kritik an der US-Politik geübt.
Montage: weekend.at (TIZIANA FABI / AFP / picturedesk.com | Alex Brandon / AP / picturedesk.com | Sandra Binder / iStock)

Neuer Papst provoziert: Ist Leo XIV. der Anti-Trump?

09.05.2025 um 12:15, Stefanie Hermann
min read
Der neue Papst Leo XIV. ist das Gegenteil von Donald Trump – nicht erst im Amt. Bereits früh zeigen Prevots Posts auf Twitter klare Kante gegen die US-Politik.

Als Kardinal von Chicago war der 69-Jährige bislang eher kirchenintern bekannt, seine Wahl gilt selbst Insidern als Überraschung: Mit Robert Francis Prevost hat das Konklave einen neuen Papst bestimmt – und damit Kirchengeschichte geschrieben. Leo XIV. ist der erste Pontifex aus den Vereinigten Staaten.

Bislang galt es als ausgeschlossen, einen US-Amerikaner zum Obersten Hirten der katholischen Kirche zu erheben. Zu groß könnte die Machtkonzentration in den Vereinigten Staaten werden, so die bisherige Befürchtung. Prevost, der neben der amerikanischen auch die peruanische Staatsbürgerschaft besitzt, konnte diese Bedenken aber wohl zerstreuen. Nicht nur das: In manchen Kreisen wird er als eine Art "Anti-Trump" gesehen. Unterstützer hoffen sogar, mit ihm ein Gegengewicht zum aktuell erratischen US-Präsidenten erhalten zu haben.

Generell ist damit zu rechnen, dass es künftig zu Spannungen zwischen dem Weißen Haus und dem Heiligen Stuhl kommen könnte.

Trump zeigt sich zurückhaltend

Was auf ihn zukommen könnte, dürfte auch Donald Trump zumindest in groben Zügen erahnen. In einer ersten Stellungnahme zeigt sich der sonst so überschwängliche US-Präsident auffallend zurückhaltend. "Es ist eine unglaublich große Ehre für die USA“, schreibt der Republikaner auf Truth Social.

Namenswahl und Kurs: Ein Zeichen gegen Trump?

Bereits mit seiner Namenswahl macht der neue Papst klar, welchen Kurs er künftig einzuschlagen gedenkt. Namensvorfahre Leo XIII. ist als erster "Arbeiterpapst" in die Geschichtsbücher eingegangen. Der Italiener propagierte gegen Ende des 19. Jahrhunderts soziale Gerechtigkeit, setzte sich stets für die Armen ein. Ein anderer Namensvetter ist Leo der Große, der einst Rom gegen die Hunnen verteidigt und nach innen geeint hat. Beide stehen für einen Stil, der verbindet, statt spaltet.

Auch bisherige Positionierungen Prevosts lassen auf einen klaren Gegenpol zu Trump schließen. So stehen seine Ansichten zur Todesstrafe, zur Black-Lives-Matter-Bewegung oder zur Migrationspolitik jenen des US-Präsidenten diametral gegenüber. MAGA-Anhänger sehen Leo XIV. deswegen sogar als "Marxist".

Bescheiden statt inszeniert

Auch im Auftreten könnten die beiden Amerikaner kaum unterschiedlicher sein. Trump lässt keine Gelegenheit aus, sich selbst als Erlöserfigur darzustellen. Selbst vor einer KI-gestützten Selbstinszenierung als Papst hat der 78-Jährige wenige Tage vor der Wahl des Pontifex nicht zurückgeschreckt.

Leo XIV. hingegen fällt durch Bescheidenheit und Demut auf. Zu seiner ersten Messe ist er in schlichten schwarzen Schuhen aufgetreten. Während Päpste der Vergangenheit in traditionelle rote Modelle geschlüpft sind, hat der frisch gebackene Pontifex wie Vorgänger Franziskus auf Bescheidenheit gesetzt.

Der neue Papst trat in traditioneller Chorkleidung auf, betete ein Ave Maria – ganz im Sinne katholischer Demut. Kein Vergleich zur marktschreierischen Ästhetik des ehemaligen Reality-TV-Stars im Weißen Haus.

Auch dass er bei seiner ersten Ansprache am Petersplatz kein einziges Wort Englisch gesprochen hat, lässt sich als Statement verstehen.

Trump-Kritik auf Twitter

Seit seiner Wahl zum Papst sind auch ältere Social-Media-Beiträge von Prevost wieder ins Licht der Öffentlichkeit gerückt – und die haben es in sich. „JD Vance liegt falsch: Jesus fordert uns nicht auf, unsere Liebe zu anderen zu gewichten“, widerspricht er in einem Beitrag vom Februar auf X offen dem US-Vizepräsidenten. „Diese beunruhigenden Maßnahmen [...] richten sich nicht nur gegen Menschen ohne Aufenthaltspapiere [...] sondern auch gegen friedliche Migranten", übt er an einer anderen Stelle Kritik am Weißen Haus. Im Juni 2017 rief er Trump öffentlich dazu auf, die Umwelt-Enzyklika Laudato si’ zu lesen. Und zur Muslim-Ban-Politik hieß es: „Eine dunkle Stunde in der Geschichte der USA. Die Welt sieht zu, wie wir unser Engagement für amerikanische Werte aufgeben.“

Vatikan und Washington: Eine komplizierte Beziehung

Wie sich das Verhältnis zwischen Trump und Leo XIV. entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Trump kündigt an, den neuen Papst bald treffen zu wollen: „Das wird ein sehr bedeutender Moment.“ Wenn sich Leo XIV. in seiner neuen Rolle ähnlich deutlich äußert wie bisher – was aktuell zu erwarten ist – dürfte es zwischen Vatikan und Washington bald kriseln. Während er für Trump damit zum potenziellen Störfaktor werden könnte, ist er für progressive Kräfte in den USA vor allem eines: Hoffnungsträger und Gegenpol zu Trump.

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