Sicherheit ist kein Motivator
CHEFINFO: Es gleicht wohl kein EPU dem anderen. Gibt es etwas, was sie vereint?
Michael Stingeder: Jedes EPU ist ein All-in-one-Unternehmen. Man übt seinen Beruf aus, ist gleichzeitig Reinigungskraft, Marketingleiter, Social-Media-Beauftragter und Steuerberater. Das alles muss man unter einen Hut bringen und das ohne Sparringspartner. Dieses Alleinsein führt manchmal zu mehr Gesprächsbedarf. Daher veranstalten wir nicht nur Branchentreffs in den eigenen Berufen, sondern auch soziale Events, wie vergangenes Jahr erstmals eine Weihnachtsfeier für EPU, die in 24 Stunden ausgebucht war.
Es geht nicht nur ums Austauschen über die Auftragslage, sondern wie man mit diesem Alleinsein umgeht. Es gibt daher bei allen Unterschieden ein gemeinsames Mindset und das schafft ein „Wir-Gefühl“.
Was sind die wichtigsten Motive, ein EPU zu gründen? Es ist ja durchaus herausfordernd.
Stingeder: Es hört sich schön an, ist aber nicht immer einfach. Wir haben die Motive in einer Umfrage abgetestet: 71 Prozent wollen Lebens- und Arbeitszeit flexibel gestalten, 69 Prozent sagen, sie wollen ihr eigener Chef sein und 62 Prozent wollen die Verantwortung, die sie als Angestellter in einem Betrieb haben, ins eigene Unternehmen einbringen. In der Regel kommen fast alle EPU aus einem Angestelltenverhältnis. Es gibt nur wenige, die aus einem Lehrberuf direkt in die Selbstständigkeit gehen. Doch abgesehen von erlernten Berufen haben viele Talente, Gaben und Potenziale, die sie einbringen wollen. Deshalb sehen wir jährlich Steigerungen, etwa von 2023 auf 2024 um 1,7 Prozent. EPU zu sein, ist eine Weiterentwicklung des menschlichen Bedürfnisses, sich selbst zu verwirklichen. Es geht weniger um Sicherheit, sondern um die Maslowsche Bedürfnispyramide und um die Frage, wie ich meinem Leben einen Sinn gebe.
Die Regierung hat ein eigenes EPU-Paket geschnürt. Man scheint nun EPU als Teil der Wirtschaft endlich wahrgenommen zu haben.
Stingeder: Das stimmt. Die Wahrnehmung hat sich in den vergangenen Jahren, nicht zuletzt aufgrund der hohen Zahlen, stark geändert. In Oberösterreich gibt es 54.000 EPU, das sind 60 Prozent aller Unternehmen. Es gibt auch eine Menge an Maßnahmen auf WKO-Ebene, die man noch kommunizieren muss. Maßnahmen, die es schon gibt. Jetzt ist vieles davon im Regierungsprogramm aufgeschlagen, etwa die Kleinunternehmerregelung, die nun von 35.000 Euro auf 55.000 Euro Umsatzgrenze steigt. Damit sparen sich viele EPU Bürokratie.
Wo drückt der Schuh bei EPU am heftigsten?
Stingeder: Das ist eben jene besagte Bürokratie. Das merke ich selber, wenn ich vor dem Computer und nicht vor meinen Klienten sitze. Des Weiteren geht es um die soziale Absicherung. Wenn ich krank bin, habe ich nicht nur einen Verdienstentgang, sondern gar keinen Verdienst. Es gibt viele Unterstützungsmaßnahmen und wir sind EU-weit ganz gut abgesichert, aber man kann noch einiges nachschärfen.