Ich lease dich
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Giovanni Agnelli war ein echter Pionier und erkannte bereits als junger Mann das Potenzial des Automobils. 1899 gründete er die Fabbrica Italiana Automobili Torino, kurz FIAT. Italien stieg damit in die Massenproduktion von Fahrzeugen ein. Doch die konnten sich nur wenige leisten und so gründete Agnelli vor exakt hundert Jahren die SAVA Bank. Er legte damit den Grundstein für die Beschleunigung der Massenmobilität. SAVA gehört heute zur Crédit Agricole Gruppe und agiert mittlerweile markenunabhängig. 2024 finanzierte die CA Auto Bank Fahrzeuge im Gesamtwert von 11,3 Milliarden Euro. 42,5 Prozent der vergebenen Kredite und Mieten entfielen auf vollelektrische BEV und Plug-in-Hybride. 90 Prozent der Verträge werden bereits online vergeben. Das Beispiel der ältesten Autobank der Welt zeigt bereits, wie speziell das Geschäft mit der Fahrzeugfinanzierung ist. Autobanken sind im Regelfall Direktbanken mit klarem Fokus und ohne eigenes Filialnetz.
Leasing seit 1877
Dabei war SAVA streng genommen nicht die erste ihrer Art. Schon 1917 ließ sich das US-Unternehmen Commercial Investment Trust (CIT) Autofinanzierungen patentieren, beschäftigte sich aber hauptsächlich mit dem Großhandel und der Finanzierung von Rennwagen. Seit 1952 werden Fahrzeuge auch verleast. Die 1952 in San Francisco gegründete United States Leasing Corporation (USL) setzte als Erstes auf die spezielle Form von Mietfinanzierung von Autos. Leasing war aber nichts Neues. Schon 1877 beschloss die Bell Telephone Company, ihre Telefone nicht nur zu verkaufen, sondern auch als Leasing-Variante auf den Markt zu bringen.
Land der Leasingverträge
Österreicher lieben Leasing. Das macht uns zu einem der führenden Länder weltweit, wenn es um diese Finanzierungsform bei Mobilien geht. Mehr als die Hälfte der neu zugelassenen Privatfahrzeuge (51,4 %) wird auf diese Art und Weise finanziert, bei Gebrauchten liegt der Anteil bei rund 13 Prozent. Noch höher ist der Anteil bei gewerblich genutzten Fahrzeugen. Rund 80 Prozent aller Firmenautos werden geleast. Hohe Anschaffungskosten müssen nicht mit einem Schlag gestemmt werden, das Kapital wird nicht gebunden und steuerliche Anreize, wie die Absetzmöglichkeit von Raten bei vorsteuerabzugsberechtigten Fahrzeugen, sind attraktiv. Für den Verband Österreichischer Leasing-Gesellschaften sind Autoleasing bzw. -kredite damit die wichtigste Finanzierungsform für KMU. Umgekehrt haben herstellerabhängige Autobanken einen Hebel, ihre Produkte an die Kunden zu bringen. Mit Rabattierungen und Niedrigzinsaktionen nutzen sie das Kredit- und Leasinggeschäft als Marketinginstrument. Das ist vor allem im Fuhrparkmanagement interessant, um hohe Stückzahlen an die Kundschaft zu bringen und sie an die Marke zu binden. Wie bei herkömmlichen Banken auch sind die Einlagen mit einem Deckel von 100.000 Euro gesichert. Herstellerabhängige Autobanken sichern sich mit dem Fahrzeug ab, sprich der Nutzer hat einen Eigentumsvorbehalt.

Der sonderbare Fall der AutoBank AG
Pleiten von Autobanken sind daher selten. Die großen Player im Hintergrund sorgen für Stabilität. Dennoch kam es in Österreich zu einem spektakulären Fall. Die AutoBank AG schlitterte 2021 in den Konkurs, nachdem die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) die Fortführung des Geschäftsbetriebs untersagt hatte. Kurios und wohl einzigartig daran: Die insolvente Bank zahlte alle Forderungen zurück, sogar jene der Einlagensicherung. Hintergrund der Pleite war eine Neuausrichtung des Unternehmens 2019 hin zur Finanzierung von mittelständischen Leasinggesellschaften. Das brachte die Bank in Schieflage. Frisches Kapital blieb aus, weshalb die AutoBank AG von sich aus beschloss, die Konzession aufzugeben. Die FMA grätschte dazwischen und so trat die Einlagensicherung in Kraft. In diesem einzigartigen Fall blieben die Kunden und sogar der Staat schadlos.
China ante portas?
Apropos Staat: Wie sieht es eigentlich mit chinesischen Autobanken aus? Könnten sie schon bald Europa überschwemmen, so wie es der chinesische Staat aktuell mit frischem Kapital an ihre Banken tut? Noch ist das nicht der Fall. Zwar ist die Bank of China in Deutschland und Luxemburg aktiv, aber nicht in der Mobilienfinanzierung. Die großen Hersteller wie BYD, MG oder XPENG kooperieren mit klassischen europäischen Banken wie Santander oder Deutsche Leasing. Fahrzeuge von Leapmotor werden über die Stellantis Bank verleast. Leapmotor gehört zu 51 Prozent dem Fahrzeugriesen (Fiat, Citroën, Peugeot, Opel, Jeep, …). Ein Big Bang durch eine chinesische Big Bank ist vorerst nicht zu erwarten und Giovanni Agnellis Weitsicht vor hundert Jahren bleibt damit nach wie vor sehr eurozentriert.