Der Run aufs Bun
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Eine riesige Menschenmenge am Wiener Schwarzenbergplatz zeigt: Hier ist etwas Großes im Gang. Es ist der 27. Juli 1977 und Hunderte Menschen stehen um ein „Fleischlaberl“ an. An diesem Tag und diesem Ort eröffnete McDonald‘s nicht nur seine erste Filiale in Österreich, sondern eine der ersten in ganz Europa. Kuriosum am Rande: Es wurde damals behördlich auf das fettreichere Patty hingewiesen. Heute hat der „Mäcci“ 200 Niederlassungen in Österreich und mittlerweile eine Menge Mitbewerb. Nicht nur von Burger King, mit 65 Filialen (34 davon betreibt die Welser Eatery Group) die klare Nummer zwei am Markt, sondern von Systemgastronomen wie XO Grill, Addicted to Rock, Hawidere, Omnom Burger, Ludwig, Le Burger oder Burgerista. Ist Burger also nun die neue Pizza, sprich das neue Lieblings-Fast-Food der Österreicher? Noch steht es den nackten Zahlen nach ziemlich 50:50. Den rund 650 Pizzerien steht in etwa dieselbe Menge an Burger-Läden gegenüber. Fakt ist, dass der lange, meilenweite Vorsprung des italienischen Schnellessens schmilzt wie Mozzarella im Holzofen.
USA versus Italia
Thomas Altendorfer, Betreiber der Burger-Kette Burgerista, sieht das nicht ganz so. „Ich glaube nicht, dass der Burger die Pizza verdrängt. Ich sehe aber, dass er die österreichische Küche ebenso verdrängt wie der aktuelle Hype um asiatische Lokale.“ Altendorfer übernahm vor drei Jahren die damals insolvente Kette. Der Multi-Gastronom schaute sich die Zahlen an und fand den Grund für die Pleite: „Das Ganze hat einem Fonds gehört, der die Kette wie einen Konzern geführt hat.“ Die Geschäftsführung zahlte sich riesige Gehälter aus. Das ging sich nicht aus, obwohl „die Betriebe nicht schlecht gelaufen sind“. Altendorfer dachte sich: „Das kann man riskieren. Wir sind dann schnell wieder in die positiven Zahlen gekommen. Vergangenes Jahr war es fast zu gut. Da haben wir unseren Umsatz um 15 Prozent gesteigert.“ Altendorfer investierte in einen Relaunch der Restaurants und ging dabei einen ungewöhnlichen Weg: „Wir haben alles nett hergerichtet mit neuer Beleuchtung und neuer Polsterung. Früher war es bei Burgerista so, dass der Gast nicht zu lange verweilen sollte. Das hat sich geändert. Wir haben versucht, einen Wohlfühlcharakter zu erzeugen.“ Auch der Umzug der Filiale in der PlusCity in eine kleinere Fläche am Markusplatz hat damit zu tun. „Die PlusCity ist sehr burgerlastig geworden. Wir wollen uns aber von der Masse abheben, weil wir ein Qualitätsprodukt anbieten. Wir sind kein Mäcci.“
Wer hat‘s erfunden?
Im Gegensatz zu den großen Ketten wird bei Burgerista regional eingekauft. Die Buns kommen von Guschlbauer, das Rindfleisch von Großfurtner, das Gemüse liefert Samhaber. „Wir haben die frischere Ware und faschieren jeden Tag vor Ort. Wichtig ist auch ein gewisser Fettanteil und dass das Patty nur gesalzen wird. Das ist ein Burger in seiner reinsten Form.“ Diesen gab es zu seiner „Erfindung“ noch nicht. Tatsächlich beginnt die Geschichte in – no na ned – Hamburg. Das „Hamburger Rundstück warm“ wurde zwischen Brotscheiben gelegt und von deutschen Einwanderern in die USA gebracht. Es bestand aus Faschierten und war vor allem bei Hafenarbeitern als günstige Mahlzeit beliebt. Und: Es war transportabel. Die Arbeiter konnten sich beim Essen bewegen. Wo dann der erste „moderne“ Burger seinen Ursprung hatte, darüber streitet man heute noch: Das Match lautet New Haven, Connecticut, versus Seymour Fair in Wisconsin. Zeitpunkt: um 1900 herum. Unumstritten ist die Gründung der ersten Burger-Kette der Welt: 1921 hob Walter Anderson „White Castle“ aus der Taufe. Die gibt es heute noch. Mit ihren 345 Läden in den USA ist man aber von den Größen der Branche so weit entfernt wie der teuerste Burger der Welt („Golden Boy“) um 5.000 Euro von einem 89-Cent-Mäcci-Hamburger in Indonesien. Platzhirsch McDonald‘s hat über 43.500 Restaurants weltweit. Side-Fact: Von den 50 größten Fast-Food-Ketten der Welt kommen 42 aus den USA, China ist mit fünf auf Platz zwei.
Ökonomie des Burgers
Und noch ein Kuriosum geht auf die Welt der Burger zurück. Der „Big-Mac-Index“, den die Ökonomin Pamela Woodall 1986 entwickelte, gibt einen groben Überblick über die Kaufkraft eines Landes. So kostete dieser im Januar 2025 in Indonesien 2,54 US-Dollar, in der Schweiz 7,99 US-Dollar. Österreich ist heuer nicht gelistet. Der Preis liegt aber aktuell bei 6,99 US-Dollar und damit fast doppelt so hoch als noch 2010. Das kann sich Altendorfer erklären: „Allein die Kosten für Rindfleisch stiegen um 30 Prozent. Das können wir nicht 1:1 an die Kunden weitergeben.“ Heuer läuft es weniger rund für die Burgerista, wie der Inhaber verrät, zum einen weil die Konkurrenz weiter wächst: „McDonald‘s möchte in allen Bezirkshauptstädten vertreten sein“, zum anderen, weil der gastronomische „Mittelstand“ derzeit leidet. „Klassisches Fast Food wird immer mehr, auch KFC kommt verstärkt am Markt.“ Dazu kommt, dass Drive-in immer mehr zum Umsatzfaktor wird. Dennoch gibt es auch positive Neuigkeiten. „Im Juli und August spielte das Wetter nicht wirklich mit. Wir sind in Kinocentern vertreten und das hat einiges gebracht. Allein dank ‚Das Kanu des Manitu‘ haben wir in diesen Monaten 10 Prozent mehr Umsatz gemacht.“ Eine passende Parallele zur Welt der Burger, wenn Deutschland auf den Wilden Westen trifft.