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Stefanie Schauer
Stefanie Schauer
Antje Wolm, hermann wakolbinger

Best Praxis

01.10.2025 um 08:40, Klaus Schobesberger
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Smarte Ordination. Die Administration von Arzt- oder Therapiepraxen ist zeitaufwendig. Zeit, die bei der Patientenbetreuung fehlt.

CHEFINFO: Sie haben Offisy 2014 gegründet. Was war die Initialzündung?
Stefanie Schauer: Die Idee zu Offisy ist aus der Praxis heraus entstanden. Vor zehn Jahren war Onlineshopping längst Alltag. Wer aber einen Termin beim Masseur oder Friseur ausmachen wollte, musste anrufen und einen Medienbruch in Kauf nehmen. Das ist nicht nur für den Kunden oder Patienten mühsam, sondern auch für den Dienstleister selbst. Wahlärzte und Therapeuten sind meistens Ein-Personen-Unternehmen und machen alles allein – mein Ziel war es, einen digitalen Assistenten zu entwickeln, der den administrativen Aufwand reduziert.

Wie haben die Dienstleister darauf reagiert?
Schauer: Zu meiner Überraschung wollten viele es dann nicht einsetzen. Das Thema war damals offenbar noch zu neu und ungewohnt. Mittlerweile arbeiten mehrere Tausend medizinische Dienstleister – Therapeuten, Masseure, Ärzte und sogar Tierärzte in Österreich und Deutschland – mit unserer Lösung. Unser Ziel ist es, Offisy als erste Adresse für smarte Praxisverwaltung zu etablieren. Profitiert haben wir auch von zwei gesetzlichen Änderungen: von der Registrierkassenpflicht und aktuell von der Gesundheitsreform. Privatärzte, die Diagnosen und Honorarnoten handschriftlich erstellt haben, müssen diese über eine spezielle Schnittstelle für Patien­ten nun digital einreichen. 

Wie hat sich die Digitalisierung im Gesundheitswesen entwickelt? 
Schauer: Seit unserer Gründung hat sich die Digitalisierung massiv weiterentwickelt – von ersten Online-Terminkalendern bis hin zu digitalen Patien­tenakten, E-Impfpässen oder zur Integration von Telemedizin. Gerade in der Medizin brauchen wir den Einsatz von Technik und digitalen Lösungen. Wenn man sieht, wie überlastet die Gesundheitssysteme teilweise sind, wird das immer wichtiger. Der Markt ist heute viel reifer, aber auch komplexer geworden. Wir bekommen enorm viel Feedback von Kunden, was sie benötigen, um noch effizienter arbeiten zu können. Darauf haben wir reagiert und mittlerweile eine Vielzahl an digitalen Tools integriert.

"Spätestens die Pandemie hat gezeigt, dass Telemedizin und digitale Tools keine Spielerei, sondern Notwendigkeit sind".

Wie sehen Sie die Zukunft von ­Digital Health in Österreich, insbesondere im Hinblick auf die Inte­gration von KI und Automatisierung in der Praxisverwaltung?
Schauer: Die Zukunft ist hybrid: ­Persönliche Medizin wird durch ­digitale Intelligenz ergänzt. KI kann Prozesse wie Terminplanung, Abrechnung oder Dokumentation massiv erleichtern und Ärzte entlasten. Gleichzeitig muss die Technik so gestaltet sein, dass sie den Menschen unterstützt – nicht ersetzt. Österreich hat mit ELGA und der eHealth-Strategie die Basis gelegt – jetzt geht es darum, intelligente Anwendungen für die Praxis daraus zu entwickeln.

Wie sieht die Praxis der Zukunft aus?
Schauer: Die Praxis der Zukunft ist papierlos, automatisiert und vernetzt. Patienten buchen ihre Termine online, Befunde werden digital übermittelt, KI unterstützt bei der Organisation – und Ärzte haben mehr Zeit für die individuelle Betreuung. Für viele klingt das noch nach Zukunftsmusik, aber vieles davon ist heute schon Realität.

Inwieweit muss man in Ihrem Bereich up to date bleiben? Stichworte: eHealth-Strategie Österreich, ELGA, DiGAs.
Schauer: Extrem. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen ändern sich laufend, und nur wer up to date bleibt, kann seinen Kunden Sicherheit bieten. Für uns bedeutet das: permanente Weiterentwicklung, enge Zusammenarbeit mit Fachgremien und ein offenes Ohr für unsere Nutzer. Gerade Themen wie die ELGA-Anbindung oder die Integration digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGAs) werden die nächsten Jahre prägen.

Wie sieht es mit der Kompetenz und Akzeptanz von digitalen Lösungen und Telemedizin beim Gesundheitspersonal aus?
Schauer: Wir sehen einen klaren Generationenwechsel. Jüngere Ärzte und oftmals vor allem Mütter starten selbstverständlich digital. Ältere Kollegen sind manchmal noch zurückhaltend – aber die Vorteile sprechen für sich. Spätestens die Pandemie hat gezeigt, dass Telemedizin und digitale Tools keine Spielerei, sondern Notwendigkeit sind. Unsere Aufgabe ist es, Lösungen so einfach zu gestalten, dass die Hemmschwelle sinkt.

Mit Digitalisierungs-Lösungen für Arztpraxen früh aufs richtige Pferd gesetzt: Offisy-CEO Stefanie Schauer im Gespräch mit CHEFINFO-Chefredakteur Klaus Schobesberger in der ­Firmenzentrale in Leonding.

Ihre beiden Gründungspartner sind nicht mehr dabei. Was hat Sie motiviert, weiterzumachen?
Schauer: Meine Co-Gründerinnen sind nach kurzer Zeit wieder ausgestiegen. Das war für mich natürlich im ersten Moment ein massiver Schock. Für mich war Aufhören aber überhaupt keine Option, da ich zu diesem Zeitpunkt auch schon ein sehr gutes Team, das heute noch mit mir arbeitet, hatte – außerdem hatten wir bereits die ersten Kunden.

Sie engagieren sich auch sozial, zum Beispiel für Frauenhäuser. Wie verbinden Sie Ihr unternehmerisches Handeln mit gesellschaft­licher Verantwortung?
Schauer: Unternehmertum bedeutet für mich immer auch Verantwortung. Ich hatte das Glück, dass ich bei der sogenannten Geburtenlotterie gewonnen habe. Ich bin in einer tollen Familie mit drei Geschwistern aufgewachsen und habe mit 24 meinen Mann kennengelernt. Mein Mann und meine Familie haben mich immer bestärkt, dass ich genau das machen kann, was ich möchte – anders hätte ich es mir wohl nicht zugetraut, ein Unternehmen aufzubauen. Dieses Glück möchte ich nicht nur für mich nutzen, sondern auch weitergeben. Deshalb engagiere ich mich besonders für Frauenhäuser, weil Frauen in Krisensituationen schnelle und un­bürokratische Hilfe brauchen. Hier kann ich mit meinem Engagement konkret etwas bewirken. 

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