Handelsverband-Update: So kauft Österreich heute
- Neue Konsumtrends: Erlebnisse, Gesundheit, Verzicht
- Tourismus und Dienstleistungssektor legen zu
- Onlinehandel auf Rekordhoch
- Paketboom in Österreich
- Händler unter Druck
- Personalmarkt entspannt sich
- Ausblick 2025
Mit über 700.000 Beschäftigten ist der Handel der größte Arbeitgeber Österreichs. Rund die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts wird durch privaten Konsum generiert. Doch die aktuelle Jahresbilanz „Österreichs Handel in Zahlen. Austria Goes Shopping“ zeigt: Der große Aufschwung für Österreichs Handel bleibt aus. Profitiert wird in Fernost.
Die nominellen Haushaltsausgaben im Einzelhandel (ohne Kfz) stiegen 2024 um +1,7 % auf 78,5 Mrd. €, inflationsbereinigt stagnieren sie unter dem Niveau von 2023. Handelsverband-Sprecher Rainer Will:
Die Haushaltsausgaben der Österreicherinnen und Österreicher haben einen starken Wandel durchlaufen – weg vom klassischen Warenkauf, hin zu Erlebnissen, zu gesundheitsbewusstem Konsum und zum Verleihgeschäft. Kaufentscheidungen werden von A bis Z digital beeinflusst.

Trends: Erlebnisse, Gesundheit, Verzicht
Während klassische Warengruppen wie Möbel (-5,4 %) oder Elektrogeräte (-0,6 %) rückläufig sind, wachsen andere Segmente deutlich:
- Lebensmittel: +4,6 %
- Drogeriewaren & Medikamente: +3,9 %
- Kosmetik & Parfum: +5,6 %
- Computerspiele: +19,5 %
- Sportgeräteverleih: +15,6 %
Der starke Zuwachs bei alkoholfreien Getränken wurde nicht nur vom heißen Sommer und dem Besucherrückgang in der Gastronomie befeuert, sondern auch vom Alkoholfrei-Boom in der GenZ. Bei Nahrungsergänzungsmitteln wirkt sich der Longevity-Trend, also die gezielte Verlängerung der qualitätsvollen Lebensspanne der Menschen, stark auf das Ausgabeverhalten der Privathaushalte aus. Andrea Hiotu, Mitglied der Geschäftsleitung von dm drogerie markt Österreich:
Innerhalb der letzten zehn Jahre sind die Ausgaben für Nahrungsergänzungsmittel um 60 Prozent angestiegen.

Tourismus und Dienstleistungssektor
Die Konsumausgaben verschieben sich zunehmend in Richtung Freizeit und Erlebnisse. 2024 stiegen:
- Urlaubs- und Freizeitausgaben: +5 %
- Persönliche Dienstleistungen: +11,4 %
Gleichzeitig sanken Investitionen in Wohnraumbeschaffung um -2,8 %.
China-Handel auf Rekordhoch
Der eCommerce wuchs 2024 um +2,9 % auf 9,6 Mrd. €. Die Onlinequote erreichte mit 12,3 % ein neues Allzeithoch. Jeder zweite unter 27 Jahren hat bereits bei chinesischen Plattformen bestellt – eine Herausforderung für den heimischen Handel.
Der Paket-Tsunami
Mit fast 225 Millionen B2C-Paketen (+11,2 %) wurde 2024 ein neuer Rekord erreicht. "Dieses Wachstum wird ebenfalls fast ausschließlich von Fernost-Plattformen angetrieben, die den EU-Markt mit klimaschädlichen Großraumfrachtflugzeugen überrollen", so Rainer Will.
Händler unter Druck
Laut HV-Händlerbefragung und WIFO-Konkunkturreport beurteilen 37 % die Lage als schwierig. HV-Vizepräsident Norbert W. Scheele nennt die Hauptprobleme:
Die meisten Sorgen bereiten den Händlern zurzeit die allgemeine Kaufzurückhaltung, mangelnde Kundenfrequenz, die im EU-Vergleich immer noch hohe Inflation, der anhaltend starke Bürokratieaufwand sowie Preissteigerungen bei den Lieferanten.

Kaum offene Stellen
Im März 2025 waren 326.505 Personen im Einzelhandel beschäftigt, 9.493 Stellen waren offen (Rückgang -8,4 %).
Ein Mitarbeitermangel ist nicht mehr vorhanden, nur noch 17 Prozent der heimischen Händler haben derzeit Stellen zu besetzen.
Ausblick: wenig Optimismus
Für 2025 erwarten immerhin 16% der Händler eine Verbesserung, 35% eine Verschlechterung. Darüber hinaus gehen die Händler heuer von einer weiteren Kostensteigerung um durchschnittlich 11% aus. Laut HV-Händlerbefragung werden heuer 38% der Betriebe voraussichtlich einen Gewinn erwirtschaften, 25% einen Verlust und 37% ein ausgeglichenes Ergebnis.
Gezielte Maßnahmen zur Stärkung der Kaufkraft, zur Unterstützung kleiner und mittelständischer Unternehmen sowie zur Schaffung eines Level Playing Fields im Onlinehandel dürfen nicht aufgeschoben werden, um eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung einzuleiten.