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Thomas Raffl hat in seiner Karriere in der ICE Hockey League bereits beeindruckende 966 Spiele absolviert.
Thomas Raffl hat in seiner Karriere in der ICE Hockey League bereits beeindruckende 966 Spiele absolviert.
Thomas Raffl hat in seiner Karriere in der ICE Hockey League bereits beeindruckende 966 Spiele absolviert.
EC Red Bull Salzburg

Thomas Raffl verrät: So tickt ein echter Teamleader

07.08.2025 um 10:43, Yunus Emre Kurt
8 min read
Eishockey-Veteran Thomas Raffl spricht im Interview über Teamgeist, Veränderungen im Eishockey-Sport und seine Vorfreude auf die neue Saison.

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Thomas Raffl geht in seine mittlerweile 15. Saison beim EC Red Bull Salzburg und von Ermüdung keine Spur. „Es ist das Gefühl, mit einer eingeschweißten Truppe einem Ziel nachzueifern”, sagt der 39-Jährige im Gespräch mit weekend.at. Der tägliche Weg aufs Eis bleibt für ihn eine Herausforderung, aber auch eine Leidenschaft: „Die Zeit in der Kabine, die Energie der Jungs – das ist durch nichts zu ersetzen.”

Jung geblieben durch Anpassung

Das Eishockeyspiel hat sich in den vergangenen Jahren rasant verändert, meint Raffl: „Das Skill-Level der jungen Spieler heute ist beeindruckend. Wer da mithalten will, muss sich anpassen.” Seine Devise: mittrainieren, mitziehen – oder Platz machen.

Ich kann schon laut werden. Aber ich versuche, meine Stimme gezielt einzusetzen, sodass sie auch den nötigen Respekt hat.

Thomas Raffl ist in der Kabine nicht nur Kapitän, sondern auch Leitfigur und Ruhepol

Training, Alltag und Familie

Sein Tag beginnt früh: „Um 6:30 Uhr geht's los, dann bringe ich meine Tochter in die Krabbelgruppe. Ab 8 Uhr bin ich in der Halle.” Danach stehen Familientermine an, ergänzt von abendlichen Mobility-Einheiten. Frei hat Raffl selten und wenn, dann aktiv: „Ein Spaziergang oder leichtes Radfahren gehört immer dazu.”

Führungsrolle ohne Allüren

Trotz seiner Erfahrung und Status im Team stellt sich Raffl nicht über andere: „Ich sehe mich nicht als Legende. Ich bin Teil eines Kollektivs, wir verfolgen ein gemeinsames Ziel.” Seine Rolle als Kapitän nimmt er ernst, aber ohne Starallüren: „Ich will, dass sich alle wie im zweiten Wohnzimmer fühlen.”

Lautstärke mit Maß

Auch laute Töne gehören dazu, aber dosiert: „Ich versuche, meine Stimme so einzusetzen, dass sie Gewicht hat. Vor allem will ich mit Leistung vorangehen.”

Von Villach bis Kanada

Raffls Karriere begann in Villach, führte ihn über Kanada, Schweden und ein NHL-Trainingscamp in Winnipeg letztlich nach Salzburg. Dort fühlt er sich heute angekommen: „Das war die beste Entscheidung. Red Bull bietet Top-Voraussetzungen und Villach bleibt trotzdem meine Heimat.”

Brüderliche Rivalität

Mit Bruder Michael verbindet ihn ein Mix aus sportlichem Respekt und freundschaftlicher Konkurrenz. „Wir vergleichen uns ständig, aber alles auf eine gesunde Art.” 

Für Raffl ist mentale Stärke essenziell: „Routine ist alles. Wer sich auf den Weg konzentriert, statt nur aufs Ziel, hat langfristig Erfolg.”

Die Brüder Thomas und Michael Raffl spielen künftig Seite an Seite.
Die Brüder Thomas und Michael Raffl spielen künftig Seite an Seite.

Noch keine Gedanken an das Karriereende

Trotz seines Alters denkt der Routinier nicht ans Aufhören: „Ich bin zum ersten Mal 39, ich kann’s nächstes Jahr besser beurteilen.” Solange sein Körper mitspielt, will er weitermachen. 

Für die kommende Saison ist das Ziel klar: Titelverteidigung. "Wir starten als Gejagte. Aber das motiviert. Jeder Neuzugang muss ins Team integriert werden. Das Red Bull Salute in Zell am See hilft uns dabei."

Salzburgs Eishockey-Ikone im Interview

Exklusiv für weekend.at nahm sich Thomas Raffl vor dem Saisonstart Zeit für ein Gespräch.

Herr Raffl, Sie gehen nun in Ihre 15. Saison mit dem EC Red Bull Salzburg. Was motiviert Sie immer noch, jeden Tag aufs Eis zu gehen? 
Thomas Raffl: Ich glaube, es ist einfach das Gefühl, sich mit einer Truppe so vorzubereiten, dass man gemeinsam einem Ziel nacheifert. Das ändert sich nie – egal, wie oft man die Chance hatte, etwas zu gewinnen oder nicht. Es ist immer diese Challenge, die im Vordergrund steht. Mir taugt es einfach, mit Menschen zu arbeiten, dem gleichen Ziel nachzugehen und zu einer eingeschweißten Truppe zu werden. Das ist, glaube ich, das, was mich am meisten antreibt. Die Zeit mit den Jungs, die Zeit in der Kabine – das ist etwas, was man sich nicht vorstellen kann, wenn man nicht mit dem Teamsport aufgewachsen ist. 

Was hat sich aus Ihrer Sicht im österreichischen Eishockey am meisten verändert, seit Sie begonnen haben? 
Thomas Raffl: Das Spiel generell. Jeder Aspekt hat sich verbessert. Wenn man sich die Jungen heutzutage anschaut – welche Möglichkeiten und Trainingsbedingungen sie haben – und auf welchem Skill-Level sie sich bewegen, dann kann man das nicht mit der Zeit vergleichen, in der ich begonnen habe. Das ist auch etwas, was mich antreibt. Ich habe früh gelernt, dass ich mich den Jungen anpassen muss. Wenn ich auf dem Level länger spielen will, muss ich genauso trainieren wie sie. Die Trainingsmethoden verändern sich ständig. Solange man bereit ist, sich anzupassen und mit den Jungen mitzuziehen, kann man es, wie bei mir, auch sehr lange machen. 

Sie haben das Training schon angesprochen – wie verändert sich das im Laufe der Karriere? Wie sieht die Regeneration aus, und müssen Sie heute mehr tun, um auf Topniveau zu bleiben? 
Thomas Raffl: Wenn man das große Ganze betrachtet, war ich zu 100 % immer einer der Spieler, die mehr getan haben, als sie mussten. Ich bin immer all-in gegangen. Deshalb ist es für mich nicht schwer, mit dem Umfang klarzukommen. Im fortgeschrittenen Alter muss man anderen Dingen Priorität geben. Ich muss nicht mehr schauen, dass ich stärker werde, sondern dass ich meine Stärke beibehalte und an anderen Aspekten des Spiels arbeite. Natürlich darf man nicht vergessen, dass man mit jedem Jahr auf einem gewissen Niveau spielt – da kommt dann die Erfahrung dazu. Das macht das Spiel leichter. Physisch muss man versuchen, so lange wie möglich auf dem Top-Level zu bleiben, damit sich Erfahrung und körperlicher Zustand nicht zu weit auseinanderentwickeln. 

Wie sieht ein typischer Tag bei Ihnen während der Preseason und während der laufenden Saison aus? 
Thomas Raffl: Ich bin ziemlich professionell aufgestellt. Mein Tag beginnt meist um 6:30 Uhr. Dann machen wir uns mit meiner Frau und meiner Tochter fertig – alles vorbereiten, damit ich sie in die Krabbelgruppe bringen kann. Ab 8 Uhr beginnt mein Tag in der Halle, mit Training bis ca. 14 Uhr. Danach Mittagessen, Heimfahrt und Zeit mit der Familie. Am Abend – je nach Körpergefühl – folgt meist noch eine Einheit. Das ist nichts Anstrengendes, eher Mobilitäts-, Stretching- oder Relaxing-Einheiten wie Sauna. Im Großen und Ganzen habe ich sicher drei Mal pro Woche Doppeltage, die restlichen Tage sind nie komplett frei. Wenn ich mal einen freien Tag habe, schaue ich, dass ich dem Körper optimale Regeneration ermögliche – sei es 30 Minuten locker Radfahren oder ein Spaziergang. Die übrige Zeit nutze ich voll mit der Familie.  

Sie gelten mittlerweile als eine Legende der Liga. Gibt es ein Spiel oder einen besonderen Moment, an den Sie sich besonders gerne zurückerinnern? 
Thomas Raffl: Es ist witzig, das so zu hören, weil ich mich selbst nicht als Legende sehe. Ich bin einfach einer von 22 Spielern, die einem Ziel nacheifern. Wenn man sich selbst als etwas Größeres sieht, hat man im Mannschaftssport nichts mehr verloren. Klar, wenn ich mit der Karriere fertig bin, wird es schön sein, auf etwas Erfolgreiches zurückzublicken. Aber im Hier und Jetzt zu bleiben, ist für mich entscheidend. Man kann nicht in die Vergangenheit zurückschweifen. Siege, Niederlagen – man muss das Positive mitnehmen und sich auf das nächste Spiel konzentrieren. Das ist mein Grundprinzip. Von Erfolg in der Vergangenheit kann man sich nichts kaufen. 

Als Kapitän tragen Sie viel Verantwortung. Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben – insbesondere im Umgang mit jüngeren Spielern? 
Thomas Raffl: Schwierig, über sich selbst zu sprechen. Ich versuche, jedem auf Augenhöhe zu begegnen – egal wie alt oder groß jemand ist oder welche Rolle er im Team hat. Jeder Einzelne wird gebraucht. Ich will einen Ort schaffen, an dem sich alle wohlfühlen – ein zweites Wohnzimmer. Wir sehen uns sechs von sieben Tagen die Woche – da ist es wichtig, dass man fast wie beste Freunde zusammenwächst. Das ist uns in den letzten Jahren gelungen. Wir haben viele Führungspersönlichkeiten im Team. Ich schaue nur, dass, wenn mal etwas aus dem Ruder läuft, wir das sofort intern regeln. Das hat uns den bisherigen Erfolg gebracht – und wird es auch weiterhin. 

Werden Sie in der Kabine auch einmal laut? 
Thomas Raffl: Ja, ich kann schon laut werden. Aber ich versuche, meine Stimme gezielt einzusetzen, sodass sie auch den nötigen Respekt hat. Worte alleine bringen nichts – man muss sie in Taten umsetzen. Ich will selbst tagtäglich 100 % geben und damit andere mitziehen. Wir sind eine sehr ehrgeizige Truppe. Im Nachhinein ist es schön zu sehen, wie alle mitziehen. Wenn man die Entwicklung der Mannschaft über die letzten Jahre betrachtet, macht einen das stolz. 

Sie haben Auslandserfahrung gesammelt. Wo haben Sie überall gespielt, und wie würden Sie die Ligen vergleichen? 
Thomas Raffl: Angefangen hat alles in Villach – mit 16 durfte ich mein erstes Bundesliga-Jahr spielen. Mein erster Profitrainer, Greg Holst, hat mir sehr geholfen. Dann ging’s nach Kanada in die Major Junior League – die beste Juniorenliga dort. Es war komplett anders: mit 17 von zuhause weg, Gastfamilie, Heimweh… aber diese Erfahrungen möchte ich nicht missen. Danach war ich wieder zwei Jahre in Villach, bevor ich mit 22 nach Luleå in Schweden ging – ganz im Norden, 100 km vom Polarkreis entfernt. Die schwedische Liga ist sehr taktisch, wahrscheinlich eine der Top-3-Ligen in Europa. Dort habe ich gelernt zu arbeiten. Mit 23 bin ich nach Salzburg gewechselt. Villach bleibt meine Heimat, aber Red Bull bot damals die besten Voraussetzungen – und rückblickend war das die absolut richtige Entscheidung. 2015 durfte ich dann mit 29 sogar noch ins Trainingscamp der Winnipeg Jets. Leider war das Jahr verletzungsgeplagt, der NHL-Sprung blieb aus. Aber ich bin nicht wehmütig – ich bin froh, wie alles gekommen ist. Jetzt mit 39 noch auf Topniveau zu spielen, ist ein Geschenk. 

Ihr Bruder war viele Jahre Ihr Gegner – jetzt spielen Sie im selben Team. Gab es früher Rivalität zwischen Ihnen beiden? 
Thomas Raffl: Ich glaube, das ist unter Brüdern normal. Es gibt immer diese gesunde Rivalität – aber keinen Neid. Egal ob Tennisplatz oder andere Dinge – wir vergleichen uns ständig, alles freundschaftlich. Jetzt gemeinsam in Salzburg zu spielen, ist ein Segen. Für unser Team war es ein riesiger Gewinn, ihn zu bekommen. Er hat sich acht, neun Jahre in Nordamerika durchgesetzt – das verdient großen Respekt. 

Wie wichtig ist mentale Stärke im Profisport – und wie bleiben Sie mental stark? Haben Sie spezielle Routinen oder Prinzipien? 
Thomas Raffl: Ich glaube, Routine ist alles. Im Profisport gibt’s Millionen von Situationen, aber im Kern wiederholen sich viele. Wenn man sich auf den Weg konzentriert – nicht nur aufs Ziel – macht das vieles einfacher. Die Erfolge kommen dann automatisch, und das treibt einen an. 

Wenn Sie Ihrem 20-jährigen Ich einen Ratschlag geben könnten – welcher wäre das? 
Thomas Raffl: Geduld. Geduld, Geduld und Training. Junge Spieler glauben oft, sie wissen alles – ich war genauso. Heute würde ich mehr auf Spieler hören, die gewisse Dinge erlebt haben. Aber man muss auch selbst Dinge probieren – nicht andere imitieren, sondern das Beste aus sich selbst herausholen. Jeder ist für sich selbst verantwortlich. 

Haben Sie schon einmal über das Karriereende nachgedacht? Und wie könnte Ihre Zukunft danach aussehen – als Trainer, Manager oder Mentor? 
Thomas Raffl: Ganz ehrlich: Ich habe da noch nicht viel darüber nachgedacht. Ich lebe im Hier und Jetzt. Viele fragen, wie es mit 39 ist – das kann ich nächstes Jahr beantworten. Ich bin selbst zum ersten Mal 39. Der Körper spielt zurzeit super mit. Solange ich arbeite, wie ich es gewohnt bin, wird’s sicher noch weitergehen. Wenn eine Tür zugeht, öffnet sich eine andere. Ich bin optimistisch, dass ich auch in Zukunft etwas finde, wo ich mein Herzblut reinstecken kann. Wenn die Zeit reif ist, kommt das von selbst. 

Abschließend: Was erwartet man sich in der kommenden Saison – und welche Rolle spielt das Red Bull Salute für das Teambuilding? 
Thomas Raffl: Das ist eine der spannendsten Phasen der Saison. Es kommen neue Spieler, neue Puzzleteile. Das zu einem Team zu formen, ist entscheidend. Wir haben jetzt zwei Wochen bis zum Red Bull Salute – Zeit, um zusammenzuwachsen. Unser Ziel ist klar: der Meistertitel. Wir starten als Gejagte. Aber im Profisport gibt’s kein Copy-Paste. Wir müssen Dinge verbessern, Kleinigkeiten ändern – aber ich bin zuversichtlich, dass wir das schaffen. 

 

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