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Trainer Oliver Glasner feierte in kurzer Zeit mit Crystal Palace zwei Titel in Wembley.
Trainer Oliver Glasner feierte in kurzer Zeit mit Crystal Palace zwei Titel in Wembley.
Trainer Oliver Glasner feierte in kurzer Zeit mit Crystal Palace zwei Titel in Wembley.
CPFC

Oliver Glasner: "Mein Geheimnis für echten Erfolg"

02.09.2025 um 12:50, Yunus Emre Kurt
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Zwei Titel in England mit Crystal Palace, doch Glasner spricht im Interview über innere Stärke, Freude am Fußball und seine Haltung zum Erfolg.

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Oliver Glasner gilt als erfolgreichster Trainerexport Österreichs. Mit Crystal Palace gewann der 51-jährige Salzburger Übungsleiter den FA Cup. Exklusiv für weekend.at nahm sich der ehemalige Innenverteidiger nach den Erfolgen in England Zeit zum Gespräch.

Herr Glasner, Sie haben ja in den letzten drei Monaten gleich zwei wichtige Titel in England gewonnen. Wie fühlt sich das für Sie persönlich an?  
Oliver Glasner: Es fühlt sich sehr gut an. Etwas zu gewinnen ist immer ein schönes Gefühl – umso mehr, wenn man als Underdog gegen Mannschaften wie Liverpool und Manchester City gewinnt, die den englischen Fußball in den letzten zehn Jahren dominiert haben. Zweimal in Wembley vor 85.000 Fans – das sind besondere Erinnerungen, die bleiben.

Sie sind nun schon seit einiger Zeit in der Premier League tätig. Wie vergleichen Sie den Fußball in England mit Ihren vorherigen Stationen? 
Oliver Glasner: Grundsätzlich ist Fußball überall gleich – das Spiel an sich ändert sich nicht. Aber die Rahmenbedingungen sind anders: Von Österreich nach Deutschland war schon ein großer Schritt, und in England ist die Qualität der Spieler nochmals höher. Das liegt auch daran, dass mehr Geld im Umlauf ist und daher Top-Spieler in die Liga kommen. Beeindruckend ist, dass nicht nur die Spitzenklubs auf höchstem Niveau sind, sondern auch Vereine aus dem Tabellenmittelfeld enorme Qualität haben. Dadurch steigen die Anforderungen ständig. Trotzdem bleibt meine Grundidee vom Fußball überall dieselbe: wie ich meine Mannschaften spielen sehen will, wie wir zusammenarbeiten und welche Einstellung ich von den Spielern erwarte.

Was war bei Ihrem Amtsantritt bei Crystal Palace die größte sportliche und organisatorische Herausforderung? 
Oliver Glasner: Das Wichtigste ist immer, die Menschen kennenzulernen und zu verstehen. Dazu kommt in England auch die kulturelle Umstellung – manches wirkt fast amerikanischer als europäisch, etwa die Weihnachtsfeier am 25. Dezember statt am 24. Und natürlich war die Sprache eine Umstellung. Zwar habe ich in Frankfurt bereits vieles auf Englisch gemacht, aber hier läuft wirklich alles – mit Mitarbeitern, Management, Sportdirektor, Chairman – auf Englisch. Das war neu, aber auch bereichernd. Manchmal fällt es mir inzwischen sogar schwer, wieder ins Deutsche zu wechseln.

Entwicklung der Spieler

Wo sehen Sie bei Crystal Palace das größte Entwicklungspotenzial? 
Oliver Glasner: Ich finde immer etwas, das man verbessern kann. Wenn ich das Gefühl hätte, ich könnte nichts mehr bewirken, müsste ich aufhören. Es gibt ständig Dinge anzupassen, neue Spieler zu integrieren, neue Ideen einzubringen. Das macht den Job als Trainer so spannend – es ist ein nie endender Prozess. 

Wie bringen Sie Ihre Spielphilosophie in eine Mannschaft ein, die bereits eine Identität hat? 
Oliver Glasner: Das ist ein Prozess über Training, Wiederholungen, Videoanalysen und viele Gespräche. Man muss die Spieler überzeugen, ohne sie gegen sich aufzubringen. Es geht darum, sie mitzunehmen, Schritt für Schritt die eigene Identität hereinzutragen – und das braucht auch Erfolgserlebnisse, damit die Spieler Vertrauen in den Weg haben.

Glasners Itensität

Die Premier League gilt als sehr physisch. Mussten Sie Ihren taktischen Ansatz anpassen? 
Oliver Glasner: Taktisch weniger. Die Laufwerte unterscheiden sich gar nicht so stark von Deutschland. Aber die Intensität der Zweikämpfe ist höher, die Schiedsrichter lassen mehr laufen. Was wir anpassen, ist das Training – es soll den Anforderungen der Premier League entsprechen. 

Spielen Sie lieber Ballbesitzfußball oder setzen Sie auf schnelles Umschalten? 
Oliver Glasner: Am liebsten hätte ich 90 Prozent Ballbesitz. (lacht) Aber wir müssen unsere Spielweise den Stärken unserer Spieler anpassen. Bei uns ist es klar, dass wir eher auf schnelles Umschalten setzen – aus einer kompakten Defensive heraus schnell nach vorne spielen. Das ist für uns erfolgversprechend. Aber wir wollen auch den Ball haben, wie zuletzt gegen Liverpool, wo wir phasenweise fast gleichauf im Ballbesitz waren.

Wie wichtig ist die Analyse-Arbeit im modernen Fußball? 
Oliver Glasner: Sehr wichtig. Jedes Training wird aufgezeichnet, jede Woche gibt es mehrere Videoanalysen, dazu individuelle Besprechungen. Gerade wenn viele Spiele in kurzer Zeit anstehen, ist Analyse entscheidend, weil man auf dem Platz nicht mehr so intensiv trainieren kann.

Gefährdete Spieler

Mit Blick auf den vollen Spielkalender: Wie gefährdet sind die Spieler? 
Oliver Glasner: Das Problem ist nicht nur die Anzahl, sondern die Dauer der Wettkampfperiode. Elf Monate ohne echte Pause gibt es in keinem anderen Sport. Die Spieler können sich kaum erholen oder neu aufbauen. Wer permanent im Hochdrehzahlbereich fährt, wird irgendwann kaputtgehen – das gilt für Autos genauso wie für Menschen. 

Wie fördern Sie junge Talente, ohne den sportlichen Erfolg zu gefährden? 
Oliver Glasner: Wir fördern alle gleich – unabhängig von Alter oder Erfahrung. Wir bieten alles an: Trainings, Analysen, Fitnesstrainer, Ernährungsberatung. Aber am Ende liegt es am Spieler selbst. Wir können nur unterstützen, den Rest muss er selbst tun. 

Was geben Sie Ihren Spielern aus Ihrer eigenen Karriere mit? 
Oliver Glasner: Ich versuche immer wieder, Dinge zu vermitteln, die nicht nur im Sport, sondern auch im Leben helfen können. Ich weiß, wie es ist, 19 Jahre lang selbst Spieler zu sein und auf der anderen Seite zu sitzen. Diese Erfahrungen helfen mir, die Spieler zu verstehen und im richtigen Moment zu intervenieren.

Glasners Antrieb

Spüren Sie als Österreicher in der Premier League einen besonderen Druck oder Ehrgeiz? 
Oliver Glasner: Mein Antrieb ist immer derselbe: meine Mannschaft und meine Spieler zu unterstützen, zu verbessern und erfolgreich zu sein – unabhängig von Ort oder Liga. Solange ich diesen inneren Ehrgeiz habe, mache ich weiter. 

Was würden Sie dem 20-jährigen Oliver Glasner heute raten? 
Oliver Glasner: Vor allem: die Freude am Fußball zu bewahren. Im Profigeschäft geht die oft unter, weil der Druck zu performen so groß ist. Ich erinnere mich daran, wie wir als Kinder einfach aus Spaß gespielt haben – diesen Traum sollten wir uns immer wieder bewusst machen. Freude ist entscheidend, um das Beste aus sich herauszuholen. 

Crystal Palace darf kommende Saison nicht in der Europa League antreten, sondern „nur“ in der Conference League. Wie bitter ist das? 
Oliver Glasner: Bitter darf es nicht sein, denn wir konnten es nicht beeinflussen. Natürlich ist es schade, aber wir freuen uns sehr auf die Conference League. Für Crystal Palace ist es das erste Mal in Europa – für die meisten Spieler überhaupt die erste Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb. Das ist eine große Belohnung.

Kommende Ziele

Zum Abschluss: Was sind Ihre Ziele für die kommende Saison und die nächsten drei Jahre? 
Oliver Glasner: Wir geben keine Dreijahresprognosen ab – der Fußball ist viel zu schnelllebig. Mir ist wichtig, dass wir uns als Mannschaft und als Persönlichkeiten stetig weiterentwickeln. Schritt für Schritt besser werden, auch Rückschläge verarbeiten. Wenn der Trend nach oben zeigt, haben wir vieles richtig gemacht – und am Ende können wir zufrieden sein.

 

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