Nach Pleite Nr. 7: Steht Thiem bald vorm Karriere-Ende?
Stefan Koubek kassierte 2003 einst sieben Erstrunden-Pleiten in Folge, insgesamt waren es für ihn damals 15 im ganzen Jahr. Er wurde sogar vom ORF im Sportjahres-Rückblick als "Tennis-Clown" bezeichnet - obwohl er zwischendurch auch starke Turniere spielte und über die 12 Monate im ATP-Ranking nur zwei Plätze verloren hatte, auf Rang 56 zu liegen kam. Dominic Thiem wird demnächst jenseits von Platz 300 stehen.
Keine Entwicklung mehr
Thiem steht nach dem sang- und klanglosen Aus gegen Hugo Dellien bei den French Open nun ebenfalls bei sieben Erstrunden-Pleiten seit seinem Comeback, das Satzverhältnis liegt bei desaströsen 1:15. Die Gegner waren keine Nasenbohrer, aber überwiegend auch keine echten Top-Leute: Cachín, Millman, Bonzi, Dellien. So sagt Thiem nun sogar: "Wenn ich am Ende des Jahres dastehe und ich sehe keine Entwicklung, dann muss ich mir was überlegen!"
Bis zum tatsächlich recht vorzeigbaren Match gegen Fabio Fognini in Rom vor zwei Wochen wurde es von Match zu Match besser. Im Genf und nun in Paris aber war davon nichts mehr zu sehen. Mit leerem Blick und sichtbar rotierenden Gedanken schlich er in Paris, wo er zweimal im Finale war, vom Court. In diesen Momenten schien Thiem alles zu hinterfragen. Hat alles noch einen Sinn? Gelingt es jemals wieder, auch nur halbwegs in die Weltspitze zurück zu kehren? Wie geht es weiter?
Starke Gegner bei Mini-Turnieren drohen
Kurzfristig gibt es mal zwei Wochen Pause, auf die Rasen-Saison pfeift Thiem größtenteils, allenfalls Wimbledon dürfte er in Angriff nehmen. Dafür sollen bei zwei Sandplatz-Turnieren auf der Challenger-Turnieren in Italien gegen schwächere Kontrahenden etwas für die geschundene Seele getan werden. Aber selbst dieser Plan hat einen Haken: Nach der Entscheidung der ATP, Wimbledon die Ranking-Punkte zu entziehen, sind auch zahlreiche gute Sandspieler aus den Top-100 in Perugia und Parma am Start: Filip Krajinovic (ATP-55.) und Laslo Djere (ATP-56.), Marco Cecchinato (der Thiem letzte Woche in Genf besiegt hat), Jaume Munar und Facundo Bagnis.
Woran liegt es?
Nach dem großen Triumph bei den US Open 2020 erreichte Thiem nur noch ein einziges Finale auf der Tour, schon im Frühjahr 2021 wirkte die Luft ein wenig draußen, die Motivation nicht mehr auf dem obersten Level. Es kam zur Verletzung und zu Veränderungen im Umfeld: Der langjährige Fitness-Coach Alex Stober musste gehen, nachdem er Thiem falsch beraten hatte. Von Manager Herwig Straka trennte sich Thiem ebenso. Jugend-Freund Lukas Leitner, der für die Social-Media-Auftitte von Thiem verantwortlich war, wurde von einer spanischen Agentur ersetzt. Gerade die Kontinuität im Umfeld war lange ein Markenzeichen von Thiem – davon kann in jüngster Vergangenheit keine Rede mehr sein.
Vor einigen Wochen merkte Thiem noch an, es werde sicher bis 2023 dauern, bis er wieder voll im Rhythmus ist – zehn Monate Verletzungspause wischt man nicht so einfach weg, es braucht Matchpraxis. Aber auch Erfolgserlebnisse, und die gibt es nicht, dafür einen Tiefschlag nach dem anderen. Thiem wirkt frustrieter als je zuvor und deutet an, dass selbst ein mögliches Karriere-Ende wömglich kein Tabu-Gedanke mehr ist...