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Jedes Formel-1-Team hat 50 Tonnen an Fracht
Jedes Formel-1-Team hat 50 Tonnen an Fracht
Remko de Waal / ANP / picturedesk.com

Formel 1: Nachhaltige Pläne oder doch Klima-Sünder?

03.12.2021 um 10:56, Philipp Eitzinger
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Sparsame Motoren und bald synthetischer Kraftstoff, dafür ein komplett hirnrissiger Kalender 2022: Ist das Streben nach Nachhaltigkeit für die Formel 1 doch nur ein Feigenblatt? Schließlich stammen 70% der Emissionen aus der Reisetätigkeit!

Nach zwei Rennen im arabischen Raum ist der dritte WM-Lauf im kommenden Jahr in Australien geplant. Dann geht's nach Imola in Italien und von dort gleich weiter nach Miami in den USA. Nach diesem Rennen fliegt der ganze Tross zurück nach Europa (Spanien, Monte Carlo) und in den Kaukasus (Aserbaidschan).

Danach muss man wieder mit Sack und Pack für ein Rennen in Kanada über den großen Teich. Erst dann beginnt die Europa-Saison mit sieben Rennen am Stück am alten Kontinent... Alleine in den ersten zehn Rennen der Saison legt das Gepäck der Formel 1 rund 65.000 Flug-Kilometer zurück - also eineinhalb mal um die Erdkugel.

Nachhaltig ist das ja nicht gerade. Zumal schon bisher über zwei Drittel des Kohlendioxid-Ausstoßes der Formel 1 aus der Reisetätigkeit stammt.

Bemühungen sind da

Dabei wird während eines gesamten Jahres mit 22 Rennen plus Testfahrten von allen Fahrern zusammen nicht mehr Sprit verfeuert als bei einem einzigen Langstreckenflug von Wien nach Tokio verbrannt werden - was das angeht, ist die Formel 1 spätestens seit dem De-facto-Testverbot während der Saison tatsächlich wesentlich sparsamer geworden.

Und auch, was Produktionskosten von Komponenten angeht, sind durch allerhand Beschränkungen viele Ressourcen eingespart worden. War es vor 15 Jahren noch üblich, dass Hersteller wie Mercedes oder BMW praktisch zu jedem Rennen mit einer ganzer Ladung brandneuer Motoren aufgekreuzt sind, gilt heute längst: Fünf Antriebseinheiten pro Saison sind erlaubt - wer mehr braucht, wird bestraft.

Die rund 25.000 Reifen (!), die pro Jahr ihren Dienst an den Formel-1-Boliden versehen, werden nach England gebracht, wo sie in Heizkraftwerken extrem heiß verbrannt werden. Das soll den Ausstoß an giftigen Gasen minimieren. Immerhin. Zulieferer Pirelli forscht aber an "alternativen Wegen", mit gebrauchten Reifen umzugehen.

Ambitionierte Ziele

Der Zeitplan, den sich die Formel 1 selbst verpasst hat, ist auf jeden Fall optimistisch. Bin 2030 will man die Rennserie CO2-neutral gestalten. Dazu ist geplant, dass ab 2025 synthetischer Kraftstoff verwendet wird (in der Formel 2 sogar schon ab nächstem Jahr) und möglichst alle Komponenten sollen einem Recycling-Kreislauf zugeführt werden.

Zudem soll der Transport "ultra-effizient" gestaltet werden, wie es heißt, und die Fabriken und Bürogebäude der überwiegend in England ansässigen Teams mit 100 Prozent erneuerbaren Energien angetrieben werden. 

Über zwei Drittel der Emissionen vom Transport

Das Management der Formel 1 hat genau untersucht, woher die Emissionen stammen. Wie erwähnt, stammt fast die Hälfte davon - nämlich 45 Prozent - aus dem Bereich "Logistik", also Transport der über 1.000 Tonnen an Fracht von einer Rennstrecke zur nächsten. Weitere 28 Prozent kommen durch "Business Travel" zustande, sprich: Der Transport der Angestellten, Geschäftspartner, Sponsoren und natürlich dem technischen Personal.

Das heißt auch: Der Ausstoß durch den Betrieb der Fabriken (19 Prozent) und die Renn-Wochenenden selbst (8 Prozent) sind vergleichsweise gering und schon jetzt sehr effizient angelegt.

Umso verwunderlicher ist es, dass sich die Formel 1 im kommenden Jahr 2022 so einen Vielflieger-Kalender gönnt...

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