Christoph Freund: Bayerns Weg zurück zum Meistertitel
Inhalt
- Vom Salzburger Modell zur Münchner Realität
- Kompany als Schlüsselpersonalie
- Ruhig im Sturm der Erwartungen
- Transfers mit Wirkung – Olise und Urbig im Fokus
- Identität als Erfolgsrezept
- Blick nach vorn: Der Hunger bleibt
- Bayerns Titelplaner im Porträt
Christoph Freund hat mit dem FC Bayern in seiner zweiten Saison als Sportdirektor die Bundesliga gewonnen – ein Ziel, das von Anfang an klar formuliert war. Vom dritten Spieltag an lag der Rekordmeister an der Tabellenspitze, hielt ein starkes Leverkusen konstant auf Distanz und feierte am Ende den 33. Meistertitel der Vereinsgeschichte. Für Freund war es eine intensive, aber erfolgreiche Spielzeit: „Wir können sehr zufrieden sein.“
Entscheidend war, dass die Mannschaft nach Rückschlägen immer gleich wieder super reagiert hat. Das ist die Mentalität des FC Bayern.
Vom Salzburger Modell zur Münchner Realität
Der Wechsel aus der vergleichsweise kleinen Fußballwelt Österreichs ins Rampenlicht der Allianz Arena war kein leichter, aber für Freund kein Kulturschock: „Ich habe mich immer an hohen Zielen gemessen“, betont er. Der Schritt nach München war vielmehr eine logische Weiterentwicklung.
Kompany als Schlüsselpersonalie
Eine der wichtigsten Entscheidungen war für Freund die Verpflichtung von Trainer Vincent Kompany. Der Belgier habe mit Klarheit und neuer Energie überzeugt – und das Team hinter sich gebracht. Auch Bayern-Ikone Thomas Müller sei begeistert. Dazu betont Freund die Balance zwischen Top-Transfers und Eigenbauspielern: Die Durchlässigkeit vom Campus zur Kampfmannschaft bleibt ein zentrales Anliegen.
Ruhig im Sturm der Erwartungen
Wie gelingt es, bei einem Verein mit maximalem Erfolgsdruck strategisch zu arbeiten? Freund setzt auf Teamwork. In enger Abstimmung mit Sportvorstand Max Eberl und dem gesamten Führungsteam wird an einer klaren Linie gearbeitet. „Wir treffen Entscheidungen gemeinsam und setzen sie um“, sagt er.
Transfers mit Wirkung – Olise und Urbig im Fokus
Die Neuzugänge zeigen Wirkung: Michael Olise hat eine starke Saison gespielt, auch Torwart Jonas Urbig schlug überraschend stark ein. João Palhinha bringt Wettkampfgeist ins Training, und Hiroki Ito, vom Verletzungspech verfolgt, soll noch aufblühen. „Man freut sich, wenn Ideen aufgehen“, so Freund nüchtern.
Identität als Erfolgsrezept
Ein wichtiges Element für die Zukunft: Identifikation. Spieler wie Musiala, Pavlovic oder Stanisic sollen zeigen, dass „Mia san Mia“ nicht nur ein Slogan ist. „Wir wollen Spieler made by Bayern“, sagt Freund – und meint damit sowohl sportliche Qualität als auch gelebte Vereinskultur.
Blick nach vorn: Der Hunger bleibt
Was bleibt nach einer Meistersaison? Für Freund ist die Antwort einfach: „Titel, Titel, Titel.“ Der FC Bayern will national wie international wieder glänzen – mit einem klaren Stil, einer greifbaren Identität und Spielern, die für mehr stehen als nur Punkte.
Bayerns Titelplaner im Porträt
Exklusiv für weekend.at nahm sich Sportdirektor Christoph Freund nach dem Meistertitel Zeit zum Gespräch.
Herr Freund, herzlichen Glückwunsch zur Meisterschaft! Wie würden Sie diese Saison als Sportdirektor beim FC Bayern zusammenfassen?
Christoph Freund: Wir haben immer gesagt, dass es unser wichtigstes Ziel ist, die Meisterschale zurück nach München zu holen – das ist uns gelungen. Dabei waren wir vom dritten Tag an Tabellenführer und haben ein Leverkusen beständig auf Distanz gehalten, das die Bundesliga letzte Saison mit der gleichen Mannschaft dominiert hat. Es war die erwartet intensive Saison, aber auch eine, mit der wir als Verein sehr zufrieden sein können.
Als jemand, der aus der österreichischen Fußballwelt kommt – wie groß war die Umstellung auf den medialen und sportlichen Druck in München?
Christoph Freund: Jeder kann sich vorstellen, dass der FC Bayern noch einmal eine ganz andere Welt ist: alles ist hier noch einmal größer, intensiver. Aber ich habe den FC Bayern viele Jahre verfolgt, und auch in Salzburg setzt man sich immer die höchsten Ziele – insofern gibt man jeden Tag für seinen Verein alles. Aus dieser Sicht ist es keine Umstellung, weil ich ja selbst immer hohe Ansprüche an mich habe. Ich finde auch, dass man die österreichische Fußballwelt alles andere als kleinreden sollte. Wir haben eine exzellente Ausbildung und viele Spieler beispielsweise in der deutschen Bundesliga.
Welche Entscheidungen in der Kaderplanung oder Kommunikation waren rückblickend besonders richtungsweisend für den Meistertitel?
Christoph Freund: Die wichtigste Entscheidung war der Trainer, und Vincent Kompany hat alles erfüllt, was wir uns von ihm erhofft haben: Er hat neue Impulse gesetzt und wir spielen mit ihm einen Stil, mit dem sich der gesamte Club und unsere Fans identifizieren. Vinny steht für Klarheit – auf und neben dem Spielfeld. Kaderplanung ist immer ein dynamischer Prozess: Wir wollen noch mehr Durchlässigkeit für unsere eigenen Talente ermöglichen und das Team gleichzeitig punktuell auf internationalem Spitzenniveau mit Spielern verstärken, die mit wenig Eingewöhnungszeit gleich eine Verstärkung sein können.
Der FC Bayern ist ein Klub mit riesigen Erwartungen – wie gelingt es Ihnen, in diesem Umfeld ruhig und strategisch zu arbeiten?
Christoph Freund: Ich bin seit vielen Jahren im Fußball tätig. Da kann man auf ein gewachsenes Netzwerk bauen und auf viele Kontakte – das ist in meiner Position wichtig, genauso wie Ideen zur generellen sportlichen Ausrichtung zu verfolgen. Grundsätzlich bin ich ein Teamplayer, wir besprechen die Dinge, treffen gemeinsam Entscheidungen und setzen sie dann um. Die Zusammenarbeit vor allem mit Max Eberl läuft super, wir haben eine gemeinsame Grundidee und verwirklichen sie Schritt für Schritt.
Wie eng war Ihre Zusammenarbeit mit dem Trainerteam in dieser Saison und wie hat sich das im Laufe der Spielzeit entwickelt?
Christoph Freund: Wir sitzen regelmäßig zusammen und sind eng aufeinander abgestimmt. Das ergänzt sich alles sehr, sehr gut. Vinny und sein ganzer Staff haben das Team schnell von ihrer Philosophie überzeugt, und Thomas Müller hat neulich ja in einem Interview gesagt, seit Pep Guardiola habe es nicht mehr so gepasst zwischen einem Coach und den Spielern. Da ist in dieser Saison etwas entstanden, das wir gemeinsam weiterentwickeln wollen.
Welche Rolle spielt Ihre österreichische Mentalität in einem deutschen Topklub – bringt sie eher neue Perspektiven oder stoßen Sie manchmal auf Skepsis?
Christoph Freund: (schmunzelt) Zwischen Bayern und Österreich gibt es viele Gemeinsamkeiten, insofern ist das Zusammenspiel leicht. Wie ich schon sagte, ist der Respekt vor dem österreichischen Fußball absolut da – bei vielen Bundesligisten sind Österreicher Leistungsträger. Und hier beim FC Bayern haben Österreicher naturgemäß einen hohen Stellenwert, nehmen wir einen David Alaba, oder früher einen Gustl Starek oder jetzt auch Konrad Laimer – da ist hohe Wertschätzung vorhanden.
Transfers sind immer ein großes Thema beim FC Bayern. Gibt es einen Neuzugang dieser Saison, auf den Sie besonders stolz sind?
Christoph Freund: Stolz ist der falsche Ausdruck, aber man freut sich natürlich, wenn Ideen aufgehen. In dieser Saison schwärmen alle von Michael Olise, der wirklich eine starke Einstandssaison gespielt hat. Aber wir schauen da immer aufs große Ganze, und auch ein Joao Palhinha hält den Druck in jeder Trainingseinheit hoch, und Hiroki Ito hatte leider großes Pech – er wird noch wichtig werden. Mit Jonas Urbig haben wir im Winter einen Torhüter geholt, der seine Sache auf Anhieb super gemacht hat.
Der FC Bayern hat sich mit Ihnen neu aufgestellt - Wie harmoniert das Führungsteam intern?
Christoph Freund: Alles ist eng abgestimmt. Mit Max spreche ich natürlich am meisten, dazu sitzen wir regelmäßig mit dem Vorstand um den Vorsitzenden Jan-Christian Dreesen und Michael Diederich zusammen, genauso mit unserem Präsidenten Herbert Hainer. Zudem ist uns der Austausch mit Jochen Sauer, unserem Direktor Nachwuchsentwicklung am FC Bayern Campus, wichtig. Ein Verein funktioniert am besten, wenn jedes Rad ins andere greift – da unterscheidet sich der große FC Bayern von keinem anderen.
Wie wichtig ist für Sie der persönliche Austausch mit Spielern – gerade auch in schwierigen Phasen einer Saison?
Christoph Freund: Das ist natürlich eminent wichtig, um die Strömungen in der Mannschaft zu spüren. Schwierige Phasen hatten wir diese Saison ja zum Glück nicht im ausgeprägten Sinn. Beim Aus im DFB-Pokal waren wir zu zehnt gegen Leverkusen die bessere Mannschaft, im Viertelfinale der Champions League gegen Inter Mailand hatten wir sechs, sieben Verletzte und waren dennoch mit dem späteren Finalisten auf Augenhöhe. Entscheidend war, dass die Mannschaft nach Rückschlägen immer gleich wieder super reagiert hat. Das ist die Mentalität des FC Bayern.
Und zuletzt: Welche mittelfristigen Ziele haben Sie sich mit dem FC Bayern gesetzt – sowohl sportlich als auch strukturell?
Christoph Freund: (lacht) Die Antwort ist beim FC Bayern immer einfach: Das Ziel sind Titel, Titel, Titel. Dieser permanente Hunger nach mehr prägt diesen Verein, mir gefällt das. Wir wollen außerdem die Fans begeistern mit attraktivem Fußball und einer Mannschaft, mit der sich unsere Fans identifizieren. Identifikation ist in meinen Augen gerade in der heutigen Zeit ein entscheidender Schlüssel: Wofür steht mein Verein? Daher legen wir auch so großen Wert auf unseren Campus: Wir wollen Spieler made by Bayern. Thomas Müller sagt nun Servus, wir haben Jamal Musiala, der am Campus begonnen hat oder in Aleks Pavlovic und Josip Stanisic zwei gebürtige Münchner – solche Spieler müssen hier auch in Zukunft die Richtung vorgeben. Der FC Bayern hat eine riesige Tradition, der müssen wir auch in Zukunft gerecht werden. Wir wollen erfolgreich sein und weiter der nahbare Verein, mit dem die Menschen etwas verbinden und etwas anfangen können. Ein Verein, von dem sie auch in Zukunft sagen: Das ist mein FC Bayern!