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David Alaba, zum dritten Mal Champions-League-Sieger
David Alaba, zum dritten Mal Champions-League-Sieger
Revierfoto / Action Press / picturedesk.com

5 Gründe, warum Alaba in Österreich nicht geliebt wird

30.05.2022 um 11:21, Philipp Eitzinger
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Es kann eigentlich keinen Zweifel mehr geben: David Alaba ist der größte Fußball-Star, den Österreich je hervorgebracht hat. Dennoch wird er hierzulande bestenfalls geachtet, aber nicht geliebt. Fünf Gründe, warum das so ist.

Elf nationale Meisterschaften (Prohaska und Krankl kommen zusammen auf zehn, davon neun in Österreich). Drei Champions-League-Siege (Krankl kommt auf einen Cup der Cupsieger). Achtmal Österreichs Fußballer des Jahres, zweimal Sportler des Jahres. Und dorch: So richtigen Kultstatus genießt David Alaba im fußballerisch ja nicht gerade mit unzähligen Weltstars verwöhnten Österreich nicht. Warum?

1.: Seine Klubs

"Wer bei Bayern München und Real Madrid spielt, gewinnt ja automatisch Titel", heißt es oft. Das stimmt, einerseits. Andererseits muss man erst einmal dorthin kommen und über ein Jahrzehnt hinweg bei allen Trainern und in jeder Kaderzusammensetzung absoluter Stammspieler sein: In den letzten neun Jahren war Alaba siebenmal unter den Top-5-Spielern seiner Klubs, was die Einsatzzeit betrifft – und wenn er es nicht war, waren Verletzungen daran Schuld, nicht seine Leistung (2014/15 mit zwei Innenbandrissen im Knie, 2017/18 mit einer Sprunggelenksverletzung und in einem Muskelfaserriss). Hinzu kommt, dass sowohl Bayern als auch Real stark polarisieren und es nicht nur viele Fans gibt, sondern mindestens ebenso viele Fußball-Anhänger gibt, die diese Vereine verachten.

2.: Seine Rolle im Nationalteam

Was Klub-Trainer an ihm schätzten – nämlich seine Vielseitigkeit – war im Nationalteam oft ein Problem. Die Diskussionen, wo Alaba im ÖFB-Trikot am besten aufgehoben ist, verfolgte seine ganze Laufbahn und oft hatte man den Eindruck, Alaba macht beim Nationalteam ohnehin, was er will. Das galt vor allem in der Zeit unter Marcel Koller. Wie überhaupt gilt: Krankl (Torschützenkönig in Spanien) und Prohaska (Meister in Italien) hatten ihre internationalen Erfolge auf Klub-Ebene, ihren Kultstatus verdanken sie aber ihren Erfolgen beim Nationalteam.

3. Seine fehlenden Kult-Siege im ÖFB

Krankl und Prohaska können eben auf Córdoba verweisen, Proponenten von Matthias Sindelar auf die Erfolge mit dem Wunderteam, jene von Ernst Happel und Ernst Ocwirk auf das WM-Halbfinale von 1954. David Alaba? Zweimal mit Österreich für eine EM qualifiziert, einmal viel zu früh gescheitert, einmal gehörten die Schlagzeilen Marko Arnautovic. Vor allem in der glanzvollen Qualifikation für die EM 2016 war sehr viel Erfolg auf die Schultern von Alaba aufgebaut – aber ein Last-Minute-Siegtor gegen Irland oder die Fähigkeiten als Einfädler beim legendären 4:1 in Schweden sind eben nicht so sexy wie ein Sieg über Deutschland bei der WM.

David Alaba und Herbert Prohaska

4. Sein Lifestyle

Im dauer-pofelnden Grantler Ernst Happel konnten sich große Teile der österreichischen Bevölkerung selbst erkennen. Prohaska und Krankl sind in den 1960-ern in den Arbeitergrätzeln Mariahilf und Simmering aufgewachsen, das prägte sie bis heute. Auch Martin Hinteregger, dem bodenständigen Buben aus dem Bergdorf mit Begeisterung für's Jagen, holt Fans dort ab, wo sie sind. Alaba hingegen ist anders. Er tritt als Dressman mit gewöhnungsbedürftigen Outfits auf Hochglanz-Magazinen auf, mit extrawaganten Accessoires und der größtmöglichen Distanz zum Fußvolk. Die Volksnähe, mit der seine Vorgänger und seine Teamkollegen punkten, gibt es bei Alaba überhaupt nicht. Sein Lifestyle lässt ihn abgehoben und entrückt von der Lebensrealität der Bevölkerung rüberkommen.

5.: Seine Hautfarbe

Die Frage muss aber erlaubt sein: Hätte Alaba die Scheißminix-Attitüde eines Hinteregger, das Arbeiter-Idiom eines Prohaska oder diese Ostbahn-Kurti-Mischung aus Wiener Bub und Mann von Welt, wie sie Hans Krankl verkörpert – würde das etwas ändern? Wer sich Kommentare auf Social Media und Posting-Spalten durchliest, kann die durchklingende Geringschätzung von Alabas Hautfarbe nicht übersehen. Als Sohn eines aus Nigeria stammenden Musikers und einer philippinischen Pflegerin repräsentiert der 92-fache Teamspieler zwar eine große Gruppe von in Österreich geborenen und aufgewachsenen Migranten-Kindern, geht aber – anders als Zlatko Junuzovic oder Aleksandar Dragovic – selbst Nebenbei-Konsumenten optisch nicht als "klassischer Österreichter" durch. Wiener Schmäh ("Der Ribéry muaß mit am ondan Schwoazn unterwegs g'wesen sein!") und Schlagfertigkeit (wie bei Günter Platters "How do you do"-Fauxpas) zum Trotz.

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