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Kabarettist Thomas Stipsits
Im Dezember verkündete Thomas Stipsits seine Rückkehr auf die Bühne. 
Im Dezember verkündete Thomas Stipsits seine Rückkehr auf die Bühne. 
GEOPHO

Stipsits: "Habe mit dem Erfolg Frieden geschlossen"

08.03.2022 um 09:38, Cornelia Scheucher
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Er ist wieder da: Nach einer viermonatigen Pause hat Thomas Stipsits wieder seinen Weg auf die Bühne gefunden. Im Interview spricht der Kabarettist über sein Burnout, die Solidarität mit der Ukraine und wieso Erdung so wichtig ist.

weekend: Dein Beruf ist es, Menschen zu unterhalten. Im letzten Jahr hast du dir aufgrund eines Burnouts eine viermonatige Auszeit genommen: Wie schwer war es, sich einzugestehen, eine Pause zu brauchen?

Stipsits: Im Grunde meines Herzens war es einfach, mir das einzugestehen. Vor dem letzten Sommer war ich schon einmal an so einem Punkt in meinem Leben. Aber natürlich denkt man sich: Ah, das schaffst du schon, reiß dich zusammen. Aber das ist Öl für Angstzustände, da manövrierst du dich in eine Phobophobie, also in die Angst vor der Angst. Ich hab ehrlich gesagt im Sommer schon gewusst, dass das nicht mehr gehen wird. Aber man denkt halt an die Menschen, die dranhängen, die Leute, die bereits Tickets haben. Es ist nie leicht, sich rauszunehmen und man macht sich viele Gedanken, um die Konsequenzen, hat Angst, dass die Leute angefressen sind. Man darf aber sagen, dass man nicht mehr kann.

weekend: Du hast erwähnt, dass du schon einmal an so einem Punkt warst – war das bereits während deiner Karriere?

Stipsits: Das war so mit 25, als der erste Erfolg kam. Das hat dann viel mit dem eigenen Selbstwertgefühl zu tun. Da kommen so Sachen wie: Ich hab das überhaupt nicht verdient oder ich kann den Erfolg nicht annehmen. 

Den gesunden Zugang zum Beruf habe ich in den letzten Jahren etwas verloren. 

weekend: An sich ist es verblüffend, dass ein Mensch, der die Bühne zu seinem Beruf gemacht hat, überhaupt einen Minderwertigkeitskomplex haben könnte. 

Stipsits: Ich bin auf der Bühne nicht stark anders als im Privatleben, aber natürlich bin ich auch eine Bühnenfigur. Und oftmals ist es nicht leicht, das zu trennen. Und dann wird man eben misstrauisch, wenn etwas erfolgreich wird. Bei meinen Büchern habe ich das am Anfang so mitgenommen. Ich hab den Erfolg immer kleingeredet. Wieso ich das gemacht habe, weiß ich nicht. 

weekend: Ist das nach wie vor so?

Stipsits: Nein! Ich bin am Lernen, dass es nicht mehr so ist. Ich leide nicht am erhärteten Eigengenie-Verdacht und mir ist bewusst, dass diese Bücher die Literaturwelt nicht in Atem halten werden. Aber ich hab mit dem Erfolg meinen Frieden geschlossen. 

weekend: Apropos Erfolg: Du bist musikalisch, ein erfolgreicher Schauspieler, Autor und Kabarettist. Gibt es eine Disziplin, die du vorziehst?

Stipsits: Ich komm von der Bühne und hab im Wirtshaus auf der Bühne angefangen. Die Bühne hat natürlich einen Sonderstatus in meinem Schaffen. Das mit der Schauspielerei war ein großer Wunsch, aber zu meinen Anfangszeiten war das sehr weit weg. Dann ist das mit den Filmen passiert und ich war genau dort, wo ich vor 15 Jahren sein wollte. Aber es wirkt dann gar nicht so, als hätte sich so viel verändert. 

weekend: Inwiefern?

Stipsits: Erdung ist etwas unfassbar wichtiges in diesem Beruf. In den zwei Stunden, in denen man beispielsweise auf der Bühne steht, lädt man die Leute zu einem Ausflug in die eigene Welt ein. Aber dann ist der Abend vorbei und es ist schwierig, das anzuerkennen. Man ist ja emotional in diesem Hochgefühl. Wenn man dann aber nach fünf Minuten in den leeren Saal reingeht, ist der Zauber weg. Und das ist gut, ansonsten kommt man nicht von diesem Trip runter. In solchen Phasen greift man gerne zum Alkohol, das ist aber genau das Falsche. Man sollte lernen, dass es in dem Moment schön ist, aber dann gibt es auch den nächsten Lebensbereich. Diesen gesunden Zugang zum Beruf habe ich in den letzten Jahren etwas verloren. 

Thomas Stipsits mit den weekend-Redakteuren
Thomas Stipsits mit den weekend-Redakteuren Robert Eichenauer und Cornelia Scheucher

weekend: Die letzten zwei Jahre waren ja von einer Pandemie geprägt. Glaubst du, hat Corona zum Burnout beigetragen?

Stipsits: Ja, das glaub ich schon. Ich war sechs Wochen auf Reha und da waren die unterschiedlichsten Berufsgruppen und Corona war ein großes Thema. Vor allem wegen dieser Ungewissheit. Emotional hat sich das wie eine Schneekugel angefühlt, die man einmal umdreht und dann schneit es. Es ist einfach so viel auf uns zugekommen. Und diese unterschwellige Angst ist kein guter Begleiter. 

weekend: Derzeit schlittern wir mit dem Ukraine-Krieg in den nächsten Angstzustand. Wie wappnest du dich dagegen?

Stipsits: Ich gebe zu, dass ich manchmal diese Ich-versteck-mich-unter-der-Decke-Haltung einnehme. Während der Pandemie habe ich auch einen Corona-Detox gemacht. Was ich aber schön finde, ist die Solidarität in Europa. Das macht Mut und Hoffnung. 

weekend: Kommen wir zu positiveren Nachrichten: Dein neuer Roman ist gerade erschienen. Was erwartet uns?

Stipsits: Ein Stinatz-Krimi mit dem gewohnten Ensemble bestehend aus Inspektor Sifkovits und der Kopftuch-Mafia. Man lernt sehr viel über die Tradition des Eierkratzens also den Ostereier-Kratzbrauch (lacht). Und natürlich gibt es einen Mordfall. Aber es ist auch ein humoristischer Einblick in die Stinatzer Osterzeit. Das ist ja quasi das GTI-Treffen der katholischen Menschen. 

weekend: Und welche weiteren Pläne hast du für 2022?

Stipsits: Im Herbst erscheint Love Machine 2. Und im Mai werden wir eine Aussteiger-Komödie fertig drehen, bei der ich das Drehbuch geschrieben habe. Der Österreich-Part ist bereits abgedreht, aber der eigentlich Film spielt zu 95 Prozent auf einer griechischen Insel. Da sind wir dann fünf Wochen dort. Besonders freuen wir uns, dass es gelungen ist, Erwin Steinhauer und Mona Seefried wieder zusammen zu führen. Das ist das erste Mal seit O Palmenbaum (lacht).

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