Charly Temmel: "Die Amerikaner ticken anders"
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Sie pendeln zwischen Los Angeles und der Steiermark. Was vermissen Sie jeweils an den Orten?
Temmel: Das Wichtigste im Leben ist die Heimat. Man muss wissen, wo man herkommt und dazu auch stehen. Ich bin ein Steirer, bin hier in der Steiermark groß geworden und sehr stolz auf das, was die Steiermark den Menschen bietet. Amerika ist ganz anders, das kann man nicht vergleichen. Um das Land zu verstehen, muss man dort leben.
Verstehen Sie Amerika mittlerweile?
Temmel: Ich lebe dort seit dreißig Jahren, natürlich verstehe ich Amerika. Die Menschen ticken anders, die Regierung auch. In Österreich gibt es wenig, worüber man sich grundsätzlich Sorgen machen muss. Wenn man krank ist, geht man zum Arzt. Wenn man arbeitslos ist, zum Arbeitsamt. Wenn man alt genug ist, geht man in Pension. Das alles ist in Amerika nicht so. Es gibt gewaltige Unterschiede und deswegen weiß ich auch meine Heimat zu schätzen.
Über die amerikanische Politik
Vor allem seit dem zweiten Amtsantritt von Donald Trump scheinen die wenigsten Menschen die Amerikaner zu verstehen.
Temmel: Ich habe etwas gelernt, und zwar, dass ich mich nie in die Politik einmische. Die Politiker sollen Politik machen. Ich bin ein Geschäftsmann.
Aber gehen Politik und Wirtschaft nicht Hand in Hand?
Temmel: Für mich hat die Politik nichts mit der Wirtschaft zu tun. Jeder hat das Recht, zu wählen, wen er möchte. Aber ich werde mich nie öffentlich zur Politik äußern, denn dann wird man in eine Schublade gesteckt, und das möchte ich nicht. Für mich sind alle Menschen gleich.
Bleiben wir trotzdem kurz bei der Wirtschaft. Sie haben einen Eissalon in der Herrengasse, zurzeit wird der Leerstand der Grazer Innenstadt stark thematisiert. Wie denken Sie über die Situation?
Temmel: Die Herrengasse ist nicht gestern gestorben, sondern vor dreißig Jahren. Man hat es einfach verschlafen, Parkflächen an den richtigen Orten zu schaffen, und jetzt gibt es keine interessanten Geschäfte mehr bis auf den Kastner und Öhler.
Ich werde mich nie öffentlich zur Politik äußern, denn dann wird man in eine Schublade gesteckt.
Über die Lieblingssorten der Amerikaner und Österreicher
Kommen wir zu Ihrem Geschäft. Inwiefern hat sich die Eisbranche in den letzten zehn bis 20 Jahren verändert?
Temmel: Früher war Eismachen noch ein Handwerk. Man musste Konditor oder Koch sein, um Eis herstellen zu können. Heute kann das dank Pulver jeder. Ich produziere mein Eis aber nach wie vor so, wie man es vor 80 oder 90 Jahren gemacht hat. Deswegen werde ich bei einem Eistest in der Zeitung auch nie auf Platz eins landen (lacht).
Inwiefern?
Temmel: Für mein Erdbeereis verwende ich zum Beispiel nur Erdbeeren und keine Erdbeerpaste. Das schmeckt man auch, aber erst beim dritten oder vierten Schlecker. Echter Geschmack braucht seine Zeit. Nicht so wie das ganze Industriezeugs.
Sie verkaufen Ihr Eis in Amerika und Österreich. Welche Sorten mögen die Amerikaner und welche Sorten bevorzugen die Österreicher?
Temmel: Das ist auch spannend. In Amerika funktionieren Sorten wie Salted Caramel oder Rocky Road mit Marshmallows sehr gut. Das würde hierzulande nicht gehen. Die Österreicher lieben klassische Geschmacksrichtungen wie Schokolade, Vanille oder Erdbeere. Auch Joghurt und Cookies Cream sind besonders beliebt. Stracciatella funktioniert wiederum hier und in Amerika.