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Lena Schilling und Thomas Waitz am Wahltag
Lena Schilling und Thomas Waitz freuen sich über zwei Mandate für die Grünen.
Lena Schilling und Thomas Waitz freuen sich über zwei Mandate für die Grünen.
ERWIN SCHERIAU / APA / picturedesk.com

Watsche für Schilling: Spitzenkandidatin abmontiert

10.06.2024 um 12:51, Stefanie Hermann
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Grüner Denkzettel: Die abgegebenen Vorzugsstimmen sprechen eine deutliche Sprache. Die Grüne Spitzenkandidatin könnte noch nach hinten gereiht werden.

Nun dürfte sich bestätigen, was aus Grünen-Kreisen in den vergangenen Wochen vermehrt zu hören war: Grün wählen ja, Lena Schilling nein. Wie es aussieht, dürfte die Grüne Spitzenkandidatin vom Listenzweiten Thomas Waitz überholt worden sein. Ersten Auszählungen nach konnte er deutlich mehr Vorzugsstimmen auf sich vereinen als die umstrittene grüne Frontfrau. 

Mehr Vorzugsstimmen

Nach aktuellem Auszählungsstand liegt Waitz vor allem in Wien mit 24.618 Vorzugsstimmen deutlich vor Schilling (13.648). Auch in Salzburg und Oberösterreich dürften Grün-Wähler Waitz bewusst vorgewählt haben. Um auf Platz eins vor Schilling gereiht zu werden, müsste der steirische Biobauer fünf Prozent der Grünen-Stimmen (rund 18.000 nach aktuellem Stand) auf sich vereinen. 

Denkzettel für die Grünen

Nicht nur für Schilling, auch für die Parteispitze, die in den letzten Wochen wiederholt zu ihrer Verteidigung ausgerückt ist, ist das ein deutliches Signal. Um ihren Einzug in das Europäische Parlament fürchten muss die 23-Jährige deshalb aber nicht. Die Grünen haben von ihren Wählern immerhin zwei Mandate für Brüssel bekommen.

Delegationsfrage offen

Ob Waitz mit dem Vorrücken auch die Delegationsleitung übernehmen würde, bleibt unterdessen offen. In der Vergangenheit hatte er bereits Bereitschaft dazu signalisiert. Dass der streitbaren Klima-Aktivistin eine Rückstufung in die zweite Reihe gut gefallen dürfte, darf bezweifelt werden. Sie konterte damals prompt mit dem Vorschlag einer Doppelspitze. Von Seiten der Parteispitze heißt es heute, dass die beiden künftigen EU-Mandatare sich die Delegationsleitung "im Zuge der Aufgabenteilung" ausmachen würden. Gespräche dazu sollen in den kommenden Tagen starten.

Kein Sonderfall

Einen ähnlichen Fall gab es im Jahr 2009 bei der ÖVP. Damals zog der umstrittene ehemalige Innenminister Ernst Strasser für die Volkspartei auf Listenplatz 1 in den Wahlkampf. EU-Urgestein Othmar Karas, der heuer bei der Wahl nicht mehr antrat, konnte das nicht hindern, einen überaus erfolgreichen Vorzugsstimmenwahlkampf vom Zaun zu brechen. Mehr als 112.000 Vorzugsstimmen reihten ihn letztlich vor den Parteikollegen. Einen Anspruch auf die Delegationsführung erhob Karas damals nicht. "In einer Mannschaft von sechs Personen darf kein Keil stecken", ließ er damals wissen. 2011 wurde er dann doch noch innerhalb der laufenden Legislaturperiode zum Delegationsführer befördert. Strasser war gezwungen, wegen der Lobbying-Affäre zurückzutreten.

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