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Alfred Gusenbauer im Porträt spricht und gestikuliert
Gusenbauers Geschäftstätigkeit hat auch SPÖ-Chef Babler in Bedrängnis gebracht.
Gusenbauers Geschäftstätigkeit hat auch SPÖ-Chef Babler in Bedrängnis gebracht.
Andreas Tischler/picturedesk.com

Gusenbauer-Affäre: Babler gerät massiv unter Druck

10.01.2024 um 11:38, Stefanie Hermann
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In der SPÖ knirscht es gewaltig. Stein des Anstoßes: Die Signa-Geschäfte von Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer. Kritik wird vor allem an SPÖ-Chef Babler laut.

In der SPÖ rumort es – mal wieder. Stein des Anstoßes ist die Rolle des ehemaligen SPÖ-Vorsitzenden und Ex-Kanzlers Alfred Gusenbauer. Nach seiner aktiven politischen Laufbahn schlug der Sozialdemokrat einen völlig neuen Weg ein.

Roter Lobbyist

Gusenbauer macht seit seinem politischen Aus als Lobbyist und Geschäftsmann von sich reden. Bereits in der Vergangenheit löste er mit der Wahl seiner Arbeitgeber Stirnrunzeln aus. So heuerte er unter anderem als Berater bei Kasachstans Diktator Nursultan Nasarbajew an.

Aufsicht bei Signa

Für ordentlichen Wirbel sorgt jetzt aber ausgerechnet ein österreichisches Engagement. Der Ex-Politiker war zuletzt als Aufsichtsratschef in gleich zwei Firmen der Signa-Gruppe tätig. Wir erinnern uns: Nach der Pleite der Signa Holding erreichen uns mittlerweile fast täglich Hiobsbotschaften aus dem Benko-Imperium. Zuletzt ging die Galeria Karstadt Kaufhof krachen – zum wiederholten Male. Bereits zum dritten Mal innerhalb von drei Jahren muss das Kaufhaus Konkurs anmelden. 

Vorwurf der Doppelmoral

Den Aufsichtsgremien des Signa-Imperiums wird nicht nur "grobe Verletzung der Pflichten" vorgeworfen. Vermutet wird auch, dass Kontrollmechanismen bewusst umgangen wurden. Gusenbauer in seiner Rolle als doppelter Aufsichtsratsvorsitzender muss sich nicht nur dafür allerlei Fragen gefallen lassen. Das ist aber noch lange nicht alles. In zumindest moralischen Erklärungsnotstand bringen den 63-Jährigen jetzt aber vor alle die Forderungen, die er selbst wiederum als Gläubiger an die Signa stellt. Vor Gericht hat er Ansprüche in Höhe von 6,3 Millionen Euro geltend gemacht. Und hier wird es nun in den roten Moralgefilden äußerst dunkelgrau: "Darf" ein Sozialdemokrat denn bei einem strauchelnden Unternehmen, für das höchstwahrscheinlich der Staat – und damit der Steuerzahler – finanziell einspringen wird müssen, Honorare in Höhe eines zigfachen Jahresdurchschnittslohns fordern?

Babler gegen Ausschluss 

Eine Frage, die nicht nur Gusenbauer zu schaffen macht, der bislang in seinem Engagement keinen Widerspruch zum Sozialdemokratischen Kerngedanken erkennen kann. Die Sache wirft vor allem auch ein schlechtes Licht auf die Partei des Ex-Kanzlers. Das Land fragt sich: Wie geht sich da ein Sozialdemokratisches Parteibuch aus? Nun, Freude habe er damit naturgemäß keine, ließ SPÖ-Chef Andreas Babler kürzlich bei Armin Wolf in der ZIB2 wissen. "Ich kann das nur moralisch verurteilen. Derartige Beratungssummen sind nur schwer zu erklären. Das schmerzt mich sehr", so Babler. Ausschließen könne man Gusenbauer aber wegen der schiefen Optik dennoch nicht. Wenn Gusenbauer für sein Parteibuch zahlen wolle, so sei ihm das ungenommen. Auf einem andere Blatt stünde die Sache aber, wenn sich herausstellen sollte, dass Gusenbauer bei Signa Mitverantwortung getragen hätte. Dann müsse man die Sache neu bewerten.

Burgenland dagegen

So weit so gut. Als würde der Fall aber nicht für genug Unmut sorgen, knirscht es nun auch noch im Parteigebälk. Während sich Babler auf  "Leben und leben lassen"-Kurs befindet, sehen andere Genossen im Gusenbaurischen Karrieresprung einen roten Sündenfall und plädieren für Parteiausschluss. Die Gegenstimmen zu Bablers Laissez-Faire-Politik kommen – wie könnte es anders sein – vor allem aus dem Burgenland. Den Wählern könne man das nicht erklären, heißt es von dort. "Im Burgenland würden wir das nicht tolerieren und einen Ausschluss einleiten, weil so ein Verhalten mit sozialdemokratischen Werten nicht vereinbar ist", zitieren Krone und Kurier den Klubobmann des Landes, Roland Fürst. 

Moralisch fragwürdig

Als "moralisch falsch" bezeichnet auch Niederösterreichs SPÖ-Chef Sven Hergovich die Millionenhonorare Gusenbauers. Trotzdem spricht auch er sich gegen den Parteiausschluss aus, sondern unterstütze die Linie Bablers.

Mittelweg gefordert

Einen Mittelweg wünscht sich der Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer. Er fordert keinen Ausschluss, legt Gusenbauer via Interview im Standard aber nahe, seine Parteimitgliedschaft ruhend zu stellen, bis alle Vorgänge rund um die Signa aufgeklärt sind. "Ich empfehle ihm freundschaftlich, gegenüber unserer Partei genau so konsequent zu handeln, wie er dies auch innerhalb der Strabag tat", so der rote Tiroler Vizelandeshauptmann. Dort habe Gusenbauer einen "Reputationsschatten" erkannt und sein Aufsichtsratsmandat zurückgelegt. "Daher würde ich mir von ihm wünschen, dass er sich gegenüber unserer Gesinnungsgemeinschaft genauso sorgsam verhält, wie er das bei seinen Brötchengebern getan hat."

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