Sozialhilfe neu: Wirbel um Integrationspflicht für Österreicher
Inhaltsverzeichnis
- Streit um die Integrationsphase
- Entwurf aus dem Sozialministerium liegt vor
- Einheitliche Regeln für alle Länder
- Deutschkurse ab Tag eins
- Kampf gegen Kinderarmut
- ÖVP gegen SPÖ bei Kinderleistungen
- Nächste Runde im Oktober
Die große Reform der Sozialhilfe steht zwar auf der Liste der Regierung, doch im Ministerrat hat sie es auch diesmal nicht auf die Agenda geschafft. SPÖ-Klubchef Philip Kucher spricht von einem „Mammutprojekt, das mehrere Ministerien und Länder betreffe“. Während hinter vorgehaltener Hand von "großem Ringen" gesprochen wird, ist Kanzleramtsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) sicher: „Man ist in den letzten Zügen.“
Streit um die Integrationsphase
Für hohe Wellen sorgt aktuell die Frage, ob die neu vorgesehene Integrationsphase auch für österreichische Staatsbürger gelten soll. „Berichte, dass es solch eine Phase auch für Österreicher geben soll, haben nichts mit der Realität zu tun", stellt NEOS-Klubobmann Yannick Shetty klar.
Das Sozialministerium verweist auf den Gleichbehandlungsgrundsatz und fordert, dass alle Anwärter betroffen sind. Für Asylberechtigte soll es deswegen in den ersten drei Jahren ein Integrationsgeld, das an Sprach-, Werte- und Orientierungskurse gekoppelt ist.
Entwurf aus dem Sozialministerium liegt vor
Im Ressort von Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) ist ein fertiger Entwurf für einen Ministerratsvortrag bereits vorhanden. Die Reform ist in drei Teile gegliedert: die bundesweite Vereinheitlichung der Sozialhilfe, die Einführung der Integrationsphase mit Integrationsbeihilfe und Maßnahmen gegen Kinderarmut. Start der neuen Regelung soll der 1. Jänner 2027 sein.
Einheitliche Regeln für alle Länder
Der Entwurf sieht vor, dass die Sozialhilfe österreichweit vereinheitlicht wird. Arbeitsfähige Bezieher laufen künftig über das AMS, Sanktionen bei fehlender Mitwirkung werden vereinheitlicht. Nicht arbeitsfähige Personen bleiben in der Verantwortung der Länder, die auch die Kosten tragen müssen.
Deutschkurse ab Tag eins
Die Integrationsphase bringt weniger Leistungen als die volle Sozialhilfe. „Ab Tag eins“ sind Deutschkurse und Wertevermittlung verpflichtend. Wer nicht mitmacht, muss mit Kürzungen rechnen. Im Fokus steht dabei auch die Integration von Frauen. Während die ÖVP betont, dass diese Pflicht nur für Zuwanderer gilt, beharrt das Sozialministerium auf Gleichbehandlung und damit auch auf Anwendung für Österreicher. Der Streitpunkt ist aktuell noch ungeklärt.
Kampf gegen Kinderarmut
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Bekämpfung von Kinderarmut. Mit einer „Zwei-Säulen-Zukunftssicherung“ will die Regierung die Zahl armer Kinder bis 2030 halbieren. Geplant sind zusätzliche Sachleistungen, bessere Infrastruktur und Änderungen bei der Familienbeihilfe. Kinder sollen künftig aus der Sozialhilfe herausgelöst und über eine bundeseinheitliche einkommensabhängige Leistung abgesichert werden.
ÖVP gegen SPÖ bei Kinderleistungen
In zentralen Fragen ist die Regierung aber noch uneins. ÖVP und NEOS wollen Kinderzuschläge staffeln – je mehr Kinder, desto weniger Geld. Die SPÖ fordert eine Kindergrundsicherung mit stärkerem Fokus auf Sachleistungen. Brisant ist das Thema auch juristisch: 2019 hat der Verfassungsgerichtshof eine Kürzung für Mehrkindfamilien als verfassungswidrig aufgehoben. Heute legen die Länder die Zuschläge selbst fest: Wien zahlt mit 326,44 Euro am meisten, Vorarlberg mit 232,13 Euro am wenigsten.
Nächste Runde im Oktober
Im Oktober startet die Regierung Verhandlungen mit den Ländern. Bis dahin bleibt offen, ob die Integrationsphase tatsächlich nur für Zuwanderer gilt oder doch für alle. Klar ist nur: Die Sozialhilfe neu ist eines der größten Reformprojekte von Türkis-Rot-Pink – und der Weg bis 2027 verspricht hitzige Auseinandersetzungen.