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Marlene Engelhorn im Porträt vor der Pressewand des Guten Rats
Millonen-Erbin Engelhorn stellt 25 Millionen Euro ihres Vermögens für eine "Rückverteilung" zur Verfügung.
Millonen-Erbin Engelhorn stellt 25 Millionen Euro ihres Vermögens für eine "Rückverteilung" zur Verfügung.
Hanna Faschin/Guter Rat

Rückverteilung: Austro-Millionärin verschenkt Vermögen

09.01.2024 um 16:23, Stefanie Hermann
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Seit Jahren plädiert Millionenerbin Engelhorn für eine Vermögenssteuer. Jetzt macht sie ernst – und verschenkt 25 Millionen über einen Zufallsrat.

Millionen-Erbin Marlene Engelhorn macht ernst: Seit Jahren plädiert die Mehrfachmillionärin für eine Vermögenssteuer. Nachdem diese nach wie vor in weiter Ferne scheint, nimmt die 32-Jährige die Dinge jetzt selbst in die Hand. Ein eigenes Gremium soll 25 Millionen aus ihrem Vermögen "rückverteilen".

Rat entscheidet über Verteilung

Die Idee scheint simpel: 50 Menschen, 25 Millionen, 1 Entscheidung. Im "Guten Rat für Rückverteilung" sammelt ein 50-köpfiges Gremium Ideen für den Umgang mit der Vermögensverteilung. Engelhorn stellt dafür 25 Millionen Euro zur Verfügung. Das Projekt wird wissenschaftlich vom Foresight Institut unter Leitung von Christoph Hofinger begleitet. 

Ungleichheit als Grund

In Österreich sind Vermögen ungleich verteilt, und damit auch Macht. Das reichste Prozent der Bevölkerung besitzt bis zu 50 Prozent des Nettovermögens. "Ich habe ein Vermögen und damit Macht geerbt, ohne etwas dafür getan zu haben. Und der Staat will nicht einmal Steuern dafür", sagt Engelhorn. "Gleichzeitig kommen viele Menschen mit einem Vollzeit-Job nur schwer über die Runden – und zahlen für jeden Euro, den sie mit Arbeit verdienen, Steuern." Darin sieht die Millionärin ein Versagen der Politik – und damit den Auftrag für Bürger, sich der Sache anzunehmen. "Wenn die Politik ihren Job nicht erledigt und umverteilt, dann muss ich mein Vermögen eben selbst rückverteilen", so Engelhorn zu dem Projekt. 

Wer einen Brief bekommt

Ab März werden 50 Menschen aus ganz Österreich über die Verteilung des Vermögens diskutieren. Dazu sollen sie Ideen entwickeln, wie Vermögen verteilt wird – und letztlich 25 Millionen Euro "rückverteilen". Ab 10. Jänner flattern dafür Einladungen per Post ins Haus. Verschickt wurden sie heute an 10.000 völlig zufällig ausgewählte Bürger. In Betracht kommt, wer mindestens 16 Jahre alt ist und seinen Wohnsitz in Österreich hat. Wer einen der begehrten Briefe erhalten hat, kann sich danach online oder telefonisch für den Rat registrieren. 

Demografisch repräsentativ

Die tatsächliche Zusammensetzung des Rats übernimmt dann das Team vom Foresight Institut. "Bei den 10.000 Empfängern der Einladung des Guten Rats handelt es sich um eine zufällige Stichprobe aus dem Zentralen Melderegister", erklärt Geschäftsführer Hofinger. Ziel ist es, in der Zusammensetzung die gesamte Breite der österreichischen Bevölkerung abzubilden. So werden Menschen aus allen Altersgruppen, Bundesländern, sozialen Schichten und mit diversen Hintergründen vertreten sein.

Mehr als 25 Millionen

Die Ambitionen und Ansprüche an das Gremium sind hoch. Der geplante Bürger:innenrat sei "ein Beitrag zur Stärkung einer lebendigen Demokratie". "Im Guten Rat bringen 50 Menschen ihre Ideen ein, um gemeinsam Lösungen im Sinne der Gesamtgesellschaft zu entwickeln", so Hofinger. Vom Ergebnis dieses Prozesses sollen am Ende nicht nur jene profitieren, denen die Rückverteilung zugutekommt. Der Gute Rat soll eine Inspiration für Demokratie und neue Wege in der Politik sein.

Teilnahme ohne Hürde und mit Gage

Von Hofinger und seinem Team werden 50 Mitglieder und 15 Ersatzmitglieder ausgewählt. Das oberste Ziel des Organisationsteams: jeder und jedem die Teilnahme zu ermöglichen. Die Tagungen sind barrierefrei, bei Bedarf gibt es Kinderbetreuung und Dolmetscher. Kosten für An- und Abreise, Verpflegung und Übernachtungen werden übernommen. Die Treffen finden zwischen März und Juni in Salzburg statt. Für ihre Zeit bekommen die Teilnehmer eine satte Aufwandsentschädigung. Für jedes Wochenende gibt es 1.200 Euro; auch die Ersatzmitglieder bekommen eine Entschädigung dafür, dass sie sich die Wochenenden freihalten.

Engelhorn hat kein Veto

Bei den Tagungen selbst wird es Input aus Wissenschaft und Philanthropie bzw. von zivilgesellschaftlichen Organisationen geben. Eine professionelle Moderation wird dafür sorgen, dass alle Gedanken, Ideen und Einwände auch gehört werden und in die Diskussion einfließen. Was der Rat am Ende an Ideen entwickelt und was er mit den 25 Millionen Euro macht, darauf hat Engelhorn keinen Einfluss mehr. "Ich habe auch kein Veto-Recht", erklärt sie. "Ich stelle diesen 50 Menschen mein Vermögen zur Verfügung und gebe ihnen mein Vertrauen." Das Vermögen liegt auf einem Treuhandkonto. Das Geld kann daher nicht zweckentfremdet werden, sondern wird so eingesetzt, wie es im Auftrag steht: "für Rückverteilung."

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