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Analena Baerbock bei ihrer Rede vor dem Europarat.
Baerbocks Rede vor dem Europarat lässt die Wogen hochgehen. Gesprochen wird von einer verdeckten Kriegserklärung.
Baerbocks Rede vor dem Europarat lässt die Wogen hochgehen. Gesprochen wird von einer verdeckten Kriegserklärung.
Kira Hofmann / dpa Picture Alliance / picturedesk.com

Baerbock: Hat Deutschland Russland den Krieg erklärt?

28.01.2023 um 10:01, Stefanie Hermann
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Kriegserklärung oder verrutschte Formulierung: Eine öffentliche Äußerung der deutschen Außenministerin Baerbock lässt nicht nur auf Twitter, sondern international die Wogen hochgehen.

Was wilde Spekulationen auf Twitter entzündet hat, verbreitet sich mittlerweile wie ein Lauffeuer in der internationalen Presse: Anna Baerbock, ihres Zeichens Außenministerin Deutschlands, hat sich während eines öffentlichen Auftritts ein rhetorisches Hoppala geleistet, das realpolitische Konsequenzen haben könnte.

Rede vor dem Europäischen Rat

Alles beginnt am Dienstag mit einer Rede Baerbocks vor dem Europarat. Der Europarat ist anders als es der Name vermuten lassen mag, keine Institution der Euroäischen Union. Das "demokratische Gewissen Europas" ist die Versammlung der Vertreter aus den 47 europäischen Parlamenten. Diskutiert und beratschlagt wird dort vor allem zu übergeordneten sicherheitspolitischen, gesellschaftlichen und Menschenrechtsthemen. In ihrer gut einstündigen Rede nimmt Baerbock vor allem auf diese Rolle der parlamentarischen Versammlung Bezug. Der Europarat sei nichts weniger als "die Seele Europas", Hüter von Menschenrechten und Demokratie. So weit, so gut.

So kam es zur Baerbock-Aussage

Als aber der offizielle Frage-Antwort-Teil startet, beginnt für Baerbock ein Problem, das mittlerweile internationale Dimensionen erreicht hat. Der britische Abgeordnete Sir Christopher Choper will wissen: "Was können wir tun, um zu helfen, dass dass aus Ihren großzügigen Worten jetzt auch ein Handeln Ihrer Regierung wird?" Es ist der Tag vor dem Entschluss Deutschlands, Panzer an die Ukraine zu liefern. In ihrer auf Englisch gelieferten Antwort, fällt dann der verheerende Satz: "We are fighting a war against Russia and not against each other." Im Kern nahm Baerbock darauf Bezug, dass man in Europa aufhören müsse, gegenseitige Schuldzuweisungen vorzunehmen, und stattdessen mit vereinten Kräften auftreten müsse.

Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander.

War es eine Kriegserklärung?

Mittlerweile gibt es aus dem deutschen Außenministerium ein klärendes Statement. "Russland führt einen brutalen Krieg gegen die Ukraine. Das ist auch ein Krieg gegen die europäische Friedensordnung und das Völkerrecht", so die Erklärung gegebüber dem Nachrichtenmagazin Spiegel. Die UNO-Charta sei hier eindeutig: Die Ukraine in ihrem Recht auf Selbstverteidigung zu unterstützen, mache Deutschland nicht zur Konfliktpartei. Nichtsdestotrotz wird nun nicht nur auf Twitter gemutmaßt, dass Baerbock aus Versehen die "geheimen Pläne" Deutschlands verraten habe. Eine zweite, und ebenso unwahrscheinliche Theorie sorgt für deutlich mehr Unruhe: dass Putin den Fauxpas als echte Kriegserklärung sehen könnte. Statements öffentlicher Personen in Russland stützen die Theorie, dass Russland Baerbocks verrutschten Sager für sich nützen könnte.

Russland reagiert

 "Wenn wir dies zu Merkels Enthüllungen hinzufügen, dass sie die Ukraine stärken und nicht mit den Minsker Vereinbarungen rechnten, dann sprechen wir über einen Krieg gegen Russland, der im Voraus geplant war", so die Pressespercherin des russischen Außenministeriums Marija Wladimirowna Sacharowa. "Sagen Sie später nicht, wir hätten sie nicht gewarnt." Im russischen Staatsfernsehen bezeichnet Kreml-Militärexperte Igor Korotchenko den deutschen Kanzler Olaf Scholz als zweiten Hitler und Baerbock als "Ribbentrop im Rock". Deutschland habe Barbarossa 2 gestartet. Zur Erinnerung: Unter der Operation Barbarossa versteht man den deutschen Angriffskrieg auf die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg.

Lauterbach legte vor

Es ist nicht das erste Mal, dass Deutschlands Spitzenpolitiker mit mehr als ungeschickten Kommentaren für Turbulenzen sorgen. Der vielumstrittene Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geriet im Oktober nach einem Tweet zum Russland-Krieg in Erklärungsnot. "Mal ehrlich: Was sollen denn jetzt Kniefälle vor Putin bringen?", fragte Lauterbach auf Twitter. "Wir sind im Krieg mit Putin und nicht seine Psychotherapeuten." Die mittlerweile zurückgetretene deutsche Verteidigungsministerin Christine Lauterbach rückte aus, um klarzustellen: "Es ist ganz klar - sowohl für die deutsche Bundesregierung als auch für die gesamte Nato: Wir werden keine Kriegspartei. Das hat uns von Anfang an geleitet."

Kein Krieg gegen Russland

Am Freitag hat die Bundesregierung offiziell Stellung zur Baerbock-Aussage genommen: Regierungssprecherin Christiane Hoffmann: "Wir unterstützen die Ukraine, aber wir sind nicht Kriegspartei." Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) rückt aus, um klarzustellen: Deutschland ist keine Kriegspartei. In der deutschen Zeitschrif TAZ stellt er am Samstag klar: Im Ukrainekrieg sei Deutschland keine Kriegspartei und werde es auch künftig nicht sein.

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