Wenn Strategie Stil hat
Sie sagen: „Gutes Design braucht menschliche Erfahrung.“ Was heißt das in einer Zeit, in der KI längst Texte schreibt und Logos entwirft?
Man erkennt derzeit die Texte noch, die KI generiert sind, denn es wird nichts dem Zufall überlassen: zu „glatt“ zu korrekt, zu schmeichelnd. Genauso ist es mit Logos. Ob nur für Betrachtende vom Fach oder nicht – wenn man den Blick für Ästhetik hat, spürt man bei einem Logo aus menschlicher Hand sofort eine Harmonie in Typografie und Bild bei einer Wort-Bild-Marke. Auch Proportionen oder das Kerning der Schrift – der händisch veränderte Buchstabenabstand –, das alles schwingt mit. Es ist die eigene Handschrift, wie auch die eines Künstlers, die ein gutes Logo ausmacht – manche nennen es auch den eigenen Stil. KI kann das alles nicht und wird es meiner Meinung nach auch nie können.
Sie betonen auch klar: „KI hat Rechenpower. Wir Relevanz.“ Wo liegt für Sie der entscheidende Unterschied zwischen maschineller und menschlicher Kreativität?
Wir lesen den Menschen als Kund:in anders als Rechenpower. Relevant für uns sind Emotionen, Gefühle und natürlich Geschichten. Menschliche Kreativität ist ein Ausdruck vieler Aspekte, auch Gerüche oder Klänge können dabei inspirieren. Kreativität ist aber auch anstrengend – für KI niemals, weil sie emotionslos ist, nicht riechen oder fühlen kann. Kreativität braucht daher garantiert Emotionen.
Ihre Leidenschaft gilt der Logo-Gestaltung. Was macht für Sie ein wirklich gutes aus und wie viel Emotion steckt in wahrhaft jedem Buchstaben?
Ein gutes Logo hat Beständigkeit und wirkt selbst in zehn Jahren noch modern. Jedoch stecken Emotionen erst dann in Buchstaben, wenn man es schafft, ihnen Leben einzuhauchen. Das gelingt mit einer Kombination aus Illustration, handgezeichnet versteht sich, einer Ligatur – der Verbindung zweier Buchstaben – oder Farbe. Ich halte es daher gerne mit Jean Cocteau, denn: „Nichts ist so altmodisch wie der Wunsch, modern sein zu wollen.“ Für mich gilt dies nicht nur in der Mode, sondern auch in der Typografie.
Wie gelingt Ihr täglicher Balanceakt zwischen handwerklicher Disziplin und kreativer Freiheit?
Es braucht gar keinen. Zuerst ist die Inspiration da – das kann durch Farben, Melodien, Gerüche oder visuelle Eindrücke geschehen. Darauf folgt das kreative Chaos im Kopf, wo Bilder und Ideen umherschwirren, die relativ schnell kreativ geordnet werden müssen, um alle Fragmente auf Papier zu bringen. Im Anschluss folgt von selbst die Disziplin des Handwerks und obwohl man dieses beherrscht, wirkt es nicht unbedingt diszipliniert. Frei ist man erst, wenn das leere Blatt voll ist und einem gefällt, was man sieht.
Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte sind eines Ihrer Spezialgebiete als „Königsklasse der Grafik“. Was reizt Sie an dieser vermeintlich trockenen Disziplin?
Diese waren in meiner Anfangszeit vor 20 Jahren trockener, weil sie außer Facts & Figures und Tabellen nicht viel zeigten. Heute sind sie „die“ Unternehmens-Imagebroschüre, für die sogar Geschichten oder Fotostrecken mit einem sich ständig wechselnden starken kreativen Konzept dahinter gemacht werden. Tabellen und Grafiken haben mit dem lebendigen Imageteil nicht mehr viel zu tun. Die Unternehmens-DNA zu spüren, Geschichten zu erzählen und Vorstandsfotos aus neuen Blickwinkeln zu zeigen – all das ist herausfordernd und kreativ sowie termingerecht und fehlerfrei abzuwickeln, denn eines ist fix: Geschäftsberichte wirken und prägen ein Unternehmen nach außen wie nach innen.