1.000 Tage Kinderland
Vor rund 1.000 Tagen verkündeten Sie, dass unser Bundesland Kinderland Nr. 1 werden soll – was kann man sich darunter vorstellen?
Meine Vision ist es, Oberösterreich zum Kinderland Nummer 1 zu machen – mit wohnortnahen Angeboten für alle, die Unterstützung brauchen, und mit echter Wahlfreiheit für jene, die sie wünschen. Der „Pakt für ein Kinderland OÖ“, der am 14. Dezember 2022 gemeinsam mit dem Städtebund, dem Gemeindebund und den Gewerkschaften geschlossen wurde, war ein erster bedeutender Meilenstein auf diesem Weg. Mir ist bewusst, dass dieses Ziel sehr ambitioniert ist und noch ein weiter Weg vor uns liegt. Doch wir sehen bereits jetzt, dass wir gemeinsam in den ersten 1.000 Tagen Enormes erreicht haben – mit klaren Fortschritten und Zuwächsen in allen Bereichen.
Was wurde bereits alles erreicht?
Der „Kinderland“-Pakt wirkt und die gesetzten Maßnahmen greifen. Es wurden mehr Angebot und mehr Qualität geschaffen bei bereits angesprochener gleichzeitiger Wahlfreiheit für die Eltern. In den vergangenen zwei Jahren gab es so viele neue Krabbelstubengruppen wie nie zuvor: Nach dem Rekord von 69 zusätzlichen Gruppen im Vorjahr wurde dieser heuer nochmals übertroffen – mit 83 neuen Krabbelstubengruppen. Seit 1. September 2024 ist zudem die Vormittagsbetreuung in Krabbelstuben gratis. Im Kindergartenbereich sehen wir – bedingt durch geburtenschwächere Jahrgänge – zwar einen leichten Rückgang von 67 Kindern im Vergleich zum Vorjahr. Gleichzeitig wurden aber 27 neue Kindergartengruppen geschaffen, was einen deutlichen Kapazitätsausbau bedeutet. Damit ist ein weiterer Qualitätsschub gelungen, der durch die seit 1. September 2025 geltende Reduktion der Gruppengröße – auf maximal 22 Kinder in Regelgruppen und alterserweiterten Kindergartengruppen mit Volksschulkindern – zusätzlich verstärkt wird. Auch personell zeigt sich der Erfolg des Kinderlands deutlich: Die verbesserten Rahmenbedingungen haben innerhalb von zwei Jahren zu einem Zuwachs von 1.715 Mitarbeiter:innen geführt – insgesamt sind nun 13.023 Personen in der Kinderbildung und -betreuung tätig. Das ist ein starkes Zeichen für den kontinuierlichen Ausbau des Systems und die gestiegene Attraktivität des Berufsfelds. Mit einem Einstiegsgehalt von über 3.300 Euro brutto pro Monat bei Vollzeit für pädagogische Fachkräfte und 2.600 Euro für Assistenzkräfte bieten wir in Oberösterreich attraktive Arbeitsbedingungen in diesem Bereich. Auch die Öffnungszeiten wurden erheblich erweitert: Kindergärten, Krabbelstuben und Horte müssen nun verpflichtend mindestens 47 Wochen im Jahr geöffnet sein. Im Betreuungsjahr 2024/25 haben Oberösterreichs Kindergärten im Schnitt 8,6 Stunden täglich geöffnet. Pro Woche sind das durchschnittlich 43,0 Stunden, verteilt auf 48,3 Wochen im Jahr.
In Zeiten von Sparzwang und begrenzten Mitteln: Wird beim Kinderland Nr. 1 auch gespart?
Nein – ganz im Gegenteil. Das Land Oberösterreich hat im Bildungsbudget 2025 rund 418 Millionen Euro für den Bereich Kinderbildung und -betreuung vorgesehen. Das entspricht einer Steigerung von 70 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Auch für das Jahr 2026 ist eine weitere Erhöhung des Budgets im Bereich der Elementarpädagogik geplant. Das unterstreicht deutlich: Wir meinen es ernst mit unserem Ziel, Oberösterreich zum Kinderland Nummer 1 zu machen.
Im September feiert die Gratis-Krabbelstube ersten Geburtstag und hat Erleichterungen für Familien gebracht. Wie fällt Ihre Bilanz aus?
Mit der Einführung der Gratis-Vormittagsbetreuung in den Krabbelstuben haben wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Eltern mit Kleinkindern deutlich verbessert. Gleichzeitig leisten wir damit einen Beitrag zur Bekämpfung des Fachkräftemangels und stärken die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts. Seit 1. September 2024 ist die Vormittagsbetreuung von null Jahren bis zum Schuleintritt gratis, die Nachmittagsbetreuung günstiger und das Tarifsystem einfacher und übersichtlicher. Mein besonderer Dank gilt den Städten und Gemeinden, die einen reibungslosen Start der Gratis-Krabbelstube ermöglicht haben.
Sprache wird immer mehr zur Herausforderung in der Schule – wie begegnen Sie diesem Thema bereits in den Kindergärten?
Es ist mir ein zentrales Anliegen, dass Oberösterreich allen Kindern die besten Chancen für ihre Zukunft bietet. Deshalb wurde das bestehende Sprachfördermodell im Kindergarten – bislang auf drei Säulen aufgebaut – nun mit Beginn dieses Kindergartenjahres um eine vierte Säule erweitert. Ab 1. September 2025 gibt es in Oberösterreich die mobile Sprachberatung: Acht speziell ausgebildete Sprachberaterinnen unterstützen vor Ort die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kindergärten. Sie beraten das pädagogische Personal gezielt und begleiten die Weiterentwicklung der Sprachförderqualität direkt in den Einrichtungen. Die mobile Sprachberatung ergänzt die bisherigen drei Säulen des Sprachfördermodells – nämlich die Sprach-Fit-Kindergärten, das gezielte Fortbildungsangebot für das Personal sowie die Sprach-Fit-Beauftragten – damit auf ideale Weise.
Die Bundesregierung hat das zweite verpflichtende Kindergartenjahr angekündigt – wie sieht es da in Oberösterreich aus? Gibt es Probleme bei der Umsetzung?
In Oberösterreich ist das zweite verpflichtende Kindergartenjahr mit einer Besuchsquote von 96,5 Prozent bei den 4-Jährigen praktisch bereits jetzt Realität. Österreichweit ist es aber gerade in Bezug auf die frühe sprachliche Förderung wichtig, dieses bundesweit nun so rasch wie möglich umzusetzen und damit auch die Länder zu entlasten, die hier finanziell, insbesondere in Bezug auf ein kostenloses Betreuungsangebot, in Vorleistung gegangen sind.