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Mann sucht auf einer Dating-App nach einer Partnerin
iStock.com/Tero Vesalainen

Liebe = Droge: Von der Sucht, zu lieben

30.08.2022 um 14:03, Cornelia Scheucher
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Für den Menschen ist die Liebe etwas Essenzielles. Auf manche wirkt sie jedoch wie eine Droge – bis hin zur totalen Sucht.

"You're addicted to love", also "Du bist süchtig nach Liebe", singt der britische Popmusiker Robert Palmer in seinem gleichnamigen Song. Ein Zustand, der im ersten Moment herrlich kitschig klingt, in der Realität aber genau zum Gegenteil führt. Und in Situationen bringen kann, die alles andere als harmlos oder romantisch sind. 

Körper und Seele

Denn auch wenn es nicht so klingt, ist eine Liebes- bzw. Beziehungssucht eine ernste Sache, die für beide Partner schwerwiegende Folgen haben kann. Mediziner setzen diese Abhängigkeit zwar nicht mit Drogen oder Alkohol gleich, dennoch sind körperliche wie auch seelische Probleme keine Seltenheit. Ähnlich wie bei einem Entzug können Liebessüchtige unter Schlaf- und Essstörungen sowie Depressionen leiden. Selbst wenn eine Partnerschaft vorhanden ist, können solche Symptome auftreten. Oftmals reicht bereits die kurze Abwesenheit bzw. eine räumliche Trennung vom Partner.

Liebespille
Liebe kann einen drogenähnlichen Effekt auf uns haben. 

Obsessives Verhalten

Wo wir gerade beim Thema wären: Wie erkennt man eigentlich diese Form der Sucht? Dafür gibt es ein paar Anzeichen – von Besessenheit über Abhängigkeit bis hin zu übertriebener Eifersucht. Im schlimmsten Fall kann es sogar zu Stalking oder Gewaltandrohungen kommen. Wobei man hier deutlich unterscheiden muss: Laut einem Forscherteam vom Zentrum für Neuroethik an der Universität Oxford gibt es zwei Arten von Liebessüchtigen: Bei der ersten Gruppe handelt es sich um Menschen, die nicht allein sein können und alles tun, um dem "Objekt ihrer Begierde" Tag und Nacht nahe zu sein. Dieses Verhalten ist obsessiv und kann in Extremfällen in gewalttätigen Handlungen enden. Laut den Experten sei diese Form der Sucht jedoch weniger häufig verbreitet. Die zweite Gruppe beschreibt Personen, die sich zwar weniger obsessiv verhalten, durch ihre Sucht aber das sogenannte "Beziehungshopping" betreiben. Kurz erklärt: Beziehungshopper hüpfen von Partner zu Partner. Dadurch ist auch die Wahrscheinlichkeit höher, immer wieder in Situationen zu geraten, die schlecht für sie sind. Stichwort: toxische Beziehungen.

Die Ursache einer Liebessucht liegt primär immer bei einem selbst!

Lebensberaterin Astrid Luise Jöll 

Im Rausch der Liebe 

Doch wieso halten Menschen an solchen Mustern fest? Einerseits, weil sie ihr Verhalten nicht erkennen und andererseits, weil uns das Gehirn in der Verliebtheitsphase einen Strich durch die Rechnung macht. „Verlieben wir uns, werden im Hirn dieselben Areale aktiviert wie bei der Einnahme von Opiaten, also Drogen. Schon beim Gedanken an die andere Person wird ein Hormoncocktail ausgeschüttet“, erklärt Lebensberaterin Astrid Luise Jöll, die sich unter anderem auf Liebeskummer und Trennungsschmerz spezialisiert hat. Wird die Beziehung im Laufe der Zeit stabiler und sicherer, schüttet der Körper vor allem Oxytocin, das sogenannte Kuschelhormon, aus. Es stärkt das Vertrauen und fördert soziale Bindungen. Bleibt die Partnerschaft jedoch instabil und erreicht dieses Level an Sicherheit nicht, bleibt der ständige Dopaminrausch bestehen. Mitunter ein Grund, weshalb es so schwer ist, sich von toxischen Beziehungen zu lösen. Die Liebe wird zur Droge.

Reise zu sich selbst 

Was furchteinflößend klingt, ist in den meisten Fällen aber halb so schlimm. Denn die Liebessucht ist sehr gut „heilbar“. Alles, was es bedarf, ist eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich. Professionelle Unterstützung kann dabei helfen. Das kann zwar auch Angst machen, jedoch ist eine einmalige Konfrontation besser als eine lebenslange Suche nach dem Glück – bekanntlich findet man dieses sowieso nicht in anderen Menschen. „Wer lernt, gut zu sich selbst zu sein, zieht auch Menschen an, die gut zu einem sind“, resümiert Astrid Luise Jöll. Deshalb ist es nicht nur ok, sondern notwendig, sich für nichts und niemanden zu verbiegen

Die Anzeichen einer Liebessucht 

Eifersucht: Bis zu einem gewissen Grad ist Eifersucht etwas völlig Natürliches! Nicht normal ist es jedoch, den Partner zu kontrollieren, einzusperren und sämtliches Vertrauen zu verlieren.

Besessenheit: Liebessüchtige Menschen stellen ihren Partner über alles und jeden. Sie sind regelrecht besessen von ihm, wollen jede Sekunde gemeinsam verbringen und fühlen sich schnell leer.

Du statt ich: Ein großes Anzeichen von Liebessucht? Wenn die Werte und Meinungen des Partners stärker gewichtet werden als die eigenen. Dann sollten die Alarmglocken schrillen.

Hopping: Von einer Beziehung in die nächste: Liebessüchtige Menschen können nicht alleine sein und haben nach dem Ende einer Partnerschaft schon die nächste am Start.

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