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Neuer Corona-Impfstoff: Sicher trotz Eilverfahren?

11.11.2020 um 10:35, Teresa Frank
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Der heißersehnte Impfstoff gegen das Corona-Virus scheint endlich in greifbarer Nähe zu sein. Wir erklären, wie die Entwicklung, die sich sonst über Jahre streckt, so schnell voranschreiten konnte.

Normalerweise dauert es Jahre, bis ein neuer Impfstoff auf den Markt kommt. Nach der Entwicklung im Labor und der präklinischen Testung an Tieren erstreckt sich die Prüfung des Mittels über drei Phasen. Bereits hier stehen die Hersteller im engen Austausch mit den Gesundheitsbehörden, um den Stoff so effizient und sicher wie möglich zu machen. Für BNT162b2, dem neuen Impfstoff des deutschen Biotechnologie-Unternehmens Biontech und des US-amerikanischen Pharmakonzerns Pfizer, gilt das genauso.

Was wird in den einzelnen Phasen getestet?

In Phase I wird der Impfstoff zunächst einer Kleingruppen, bestehend aus gesunden Freiwilligen, verabreicht. Dabei wird ermittelt, wie verträglich das Mittel ist, welche Nebenwirkungen auftreten können und ob es im gewünschten Zielbereich des Körpers ankommt. Sofern die erste Phase erfolgreich war und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiterhin gegeben sind, startet die zweite Stufe. Hier wird die Impfung einer größeren Personengruppe verabreicht, die einer Risikogruppe entstammen. Auch die richtige Dosierung wird in dieser Phase festgestellt. In der dritten Phase werden schließlich Effektivität und Wirkung des Stoffes geprüft. Dafür wird das Mittel mehreren tausenden Testpersonen, inklusive einer Placebo-Gruppe, verabreicht. Nach dem erfolgreichen Durchlaufen dieser Stadien muss der Impfstoff noch von offiziell von den Gesundheitsbehörden zugelassen werden.

Wie konnte der Impfstoff von Biontech und Pfizer innerhalb weniger Monate diese Phasen durchlaufen?

Um zu verstehen, warum dieser Prozess normalerweise 10 bis 15 Jahre dauert, muss man sich vor Augen halten, wie viel Geld und wirtschaftliches Risiko in einer derartigen Forschung steckt. Dass BNT162b2 von Biontech und Pfizer nun deutlich schneller in die dritte Phase gelangt ist, bedeutet keineswegs, dass er weniger ausreichend getestet wurde. Es zeigt dagegen deutlich, dass in diesem Zusammenhang das finanzielle Risiko keine Rolle spielt. Aufgrund der absoluten Priorität der Forschung konnten viele bürokratische Abläufe, die die Prozesse sonst in die Länge ziehen, deutlich verkürzt werden. Hinzu kommt, dass man in der Forschung nicht bei null beginnen musste, sondern auf bereits vorhandene Studien zum Oberflächenprotein des Corona-Virus zurückgreifen konnte.

Was sind RNA-Impfstoffe?

Der neue Impfstoff von Biontech und Pfizer gehört zu den sogenannten RNA-Impfstoffen. Einfach erklärt bedeutet das, dass ein Bestandteil des genetischen Bauplans des Virus dem menschlichen Körper verabreicht wird. In diesem Falle handelt es sich um das Spike-Protein, mit dem das Virus in die menschlichen Zellen gelangt. Das Immunsystem erkennt den Eindringling, reagiert darauf und stellt körpereigene Antikörper gegen das Protein her. Diese Art der Impfstoffe ist noch relativ neu in der Biotechnologie. Bislang gibt es auf dem Markt noch keinen Impfstoff dieser Art.

Ab wann ist der Impfstoff erhältlich?

Die Zwischenauswertung der Studie von Biontech und Pfizer zeigen gute Ergebnisse und stimmen die internationalen Experten optimistisch. Dennoch darf nicht vergessen werden, dass es sich lediglich um Zwischenergebnisse handelt und der Beobachtungszeitraum noch zu kurz ist, um langfristige Prognosen zu erstellen. Es könnte zwar durchaus in den nächsten Wochen dazu kommen, dass die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA (Food and Drug Administration) eine Notzulassung des Impfstoffes erteilt. In Europa entscheidet jedoch die Europäische Kommission auf Empfehlung der EMA (European Medicines Agency) über die Zulassung und das könnte, auch aufgrund der fehlenden Rahmenverträge mit den Unternehmen, deutlich länger dauern. Die Frage, wie schnell der Impfstoff dann tatsächlich auf den Markt kommt, hängt auch von der Schnelligkeit der Produktion ab. Das bedeutet, dass es wahrscheinlich auch nach der Zulassung noch nicht genügend Dosen gibt, um die breite Bevölkerung zu impfen. ¬

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