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The Circle - Erschreckend wahre Dystopie

11.09.2017 um 17:26, Jans Movie-Blog
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Vor vier Jahren feierte der Autor Dave Eggers große Erfolge mit seinem dystopischen Roman "Der Circle". Wie so oft konnte Hollywood seine Finger nicht von einem erfolgreichen Stoff lassen und bringt mit "The Circle" den passenden Film in die Kinos. Dazu wurden auch viele bekannte Darsteller verpflichtet.

Das zu Grunde liegende Thema ist aktuell und mehr im Fokus denn je. Ein großer Konzern übernimmt alle Daten im Internet. Der Circle ist ein weltweit agierender Konzern, quasi Facebook, Google und Apple in Personalunion. Während die einen Transparenz als ideologisches Ziel der Gesellschaft sehen, versuchen andere, sich an den gewonnenen Informationen zu bereichern.

Freiheit durch soziale Kontrolle

Die Handlung beginnt mit der jungen Mae Holland. Während sie dem negativen Krankheitsverlauf ihres Vaters zusehen muss, versauert sie in einem nervigen Job bei einer Hotline in San Francisco. Ihre gute Freundin Annie verschafft ihr ein Vorstellungsgespräch bei Circle, dem größten sozialen Netzwerk und Innovationstreiber der Welt. In ihren ersten Tagen wohnt sie einer Präsentation eines Gründungsmitglieds bei. Dort wird "See Change" vorgestellt - eine kleine Kamera, die überall angebracht werden kann und immer alles ins Internet überträgt. Mae wird zur Botschafterin der Technologie und streamt ihr komplettes Leben live ins Netz. Während der Konzern davon träumt, alle Geheimnisse und Intrigen durch völlige Transparenz auszuräumen, lernt sie schnell die Schattenseiten kennen. "Teilen sei Heilen" und "Geheimnisse seien Lügen" - so Slogans, die der Film prägt. Während der Vorstellung von "Soul Search", einer Suchmaschine für Personen - vom Verbrecher bis hin zu Freunden - kommt es zu einem tragischen Zwischenfall.

Große Namen in kleinen Rollen

In die Rolle von Mae Holland schlüpft Emma Watson (bekannt aus "Harry Potter"), während Oscar-Preisträger Tom Hanks (Forest Gump, Philadelphia) den Gegenpart in Form des Firmengründers Eamon Bailey mimt. In Nebenrollen tauchen Serienstars wie Patton Oswalt (King of Queens) und Judy Reyes (Scrubs) auf, John Boyega (Star Wars – Das Erwachen der Macht) verkörpert den halb abgetauchten Firmengründer Kalden.

Der Film lockt mit bekannten Namen großartiger Schauspieler, die ihr Potential nicht ausleben können. Alle Charaktere sind ausnahmslos eindimensional und erleben eigentlich keine Entwicklung während des Films. Konfrontationen und spannende Dialoge gibt es nicht, dementsprechend spielt alles in perfekter - und langweiliger - Harmonie. Die ausgelöste Kontroverse findet maximal in Nebensätzen und den Köpfen der Zuschauer statt, wird aber von keinem Darsteller so auch gezeigt. Damit verblassen alle Charaktere hinter dem sektenhaften Bild des Circle.

Einheitsbrei, wohin man sieht

Auch die technische Umsetzung lässt sich mit dem Prädikat langweilige Harmonie und permanenter Gleichklang kurz zusammenfassen. Die größte Zeit des Films spielt auf dem Campus des Konzerns, dieser erinnert stark an Darstellungen von echten Firmenzentralen in Kalifornien. Alles ist sauber, freundlich und schön. Nett anzusehen, aber letztlich transportiert die Inszenierung so keinerlei Art von Gefühl oder (eigener) Bildsprache.

Erhobener Zeigefinger ohne Lerneffekt

Nachdem wir dieses Jahr mitterleben mussten, wie amerikanische Präsidenten quasi in den sozialen Netzwerken den Wahlkampf für sich entscheiden können, regt der Film natürlich sehr zum Nachdenken an. Er stellt eigene Gewohnheiten in sozialen Medien in Frage und hinterfragt generell den Wandel der Welt durch die Öffnung gegenüber digitalen Diensten. Dabei liefert er letztlich aber keine weiterführende Moral oder Antwort. Es werden nur Fragen aufgeworfen, die allesamt nicht neu sind, jedoch ohne jegliche Aussage dahinter. Damit wird der Zuschauer genauso ratlos hinterlassen wie er vor dem Film war.

Ende ohne Ende

Auch das Ende ist nicht befriedigend. Die bis dahin sehr naiv wirkende Mae schafft es mit einem kleinen Kniff, doch auf sich aufmerksam zu machen. Nach der Wendung verlässt sie den Raum und tritt in gleißendes Licht. Der Film ist vorbei. Damit fehlen aus meiner Sicht das tatsächliche Ende und die entsprechende Handlung nach der überraschenden Wendung. So ist zwar letztlich das Grundthema sehr spannend, im Jahr 2017 aber wirklich nicht mehr neu. Filmisch wirkt alles sehr unfertig und viel zu steril - ein Eindruck, der durch den Abschluss und die fehlende "Moral von der Geschichte" nur weiter untermauert wird.

Weekend-Blogger Jan Gruber ist Blogger und Podcaster aus Leidenschaft. Seit über einem Jahrzehnt beschäftigt er sich aus diesem Hobby heraus viel mit Technik und Medien aller Art. Dennoch ist er kein Couchpotatoe, seine Freizeit genießt er beim Sport in der Natur. Für seinen Blog sieht er sich die neuesten Kino-Streifen an.

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