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Carmen Bischof

Es ist einfach so: Alle Wege führen nach Murau

31.07.2017 um 12:42, Weekend Online
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Nach dem Oldtimer-Vergnügen der Ennstal Classic bleiben wir noch ein bisschen in der Obersteiermark. Der Glamour ist abgezogen, der Geruch von Benzin liegt noch in der Luft.

Es heißt MUR-au und nicht Mur-AU!

Murau hat einen riesigen Vorteil, oder besser gesagt zwei. Der erste ist flüssig, fängt mit "Murauer" an und hört mit "Bier" auf. Nicht nur Einheimische wissen: Es ist ohne jeglichen Zweifel das weltweit beste Bier.

Damit kommen wir schon zum zweiten Vorteil, nämlich dem guten Ruf der Stadt. Wenn ich mich jemandem vorstelle und erwähne, wo ich herkomme, dann zaubert das dem Gegenüber meistens ein breites Lächeln ins Gesicht und führt zum Kommentar: "Ah, dort wo das Murauer Bier her ist!" Gut, es gibt auch Null-Reaktionen, aber das sind dann Menschen, die kein Bier trinken oder generell Spielverderber sind oder halt schlicht kein Deutsch sprechen.

Abgesehen vom Bier weiß der Rest Österreichs von Murau leider herzlich wenig. Meist wird sogar der Name vergewaltigt und auf der zweiten Silbe betont. Es heißt aber nicht Mur-AU wie Brigitten-AU, Stadl-AU oder Leopold-AU, sondern MUR-au. Das Wichtigste ist schließlich der Fluss, nicht die Au.

Ein besseres Wetter findet man nicht

Dabei gäbe es noch viele andere wissenswerte Dinge: Das Wetter hier ist das allerbeste des ganzen Landes. Es gibt keinen wochenlang hängenden Nebel wie in Graz, keinen unbarmherzigen Wind wie in Wien und schon gar keine sengende Sonne wie in Eisenstadt. Es ist entweder kühl (Frühling), frisch (Sommer), kalt (Herbst), eiskalt (Winter) oder sogar zu kalt, um sich auf die Skipiste zu begeben (Jänner).

Vor Jahren hat ein österreichisches Wochenmagazin einen schlampert recherchierten Schmäh-Artikel über den Bezirk Murau mit dem obszönen Titel "Am Ende der Welt" versehen. Das ist schlichtweg ein Blödsinn, denn jedes Kind kann anhand einer Österreich-Karte nachprüfen, dass Murau genau im geographischen Zentrum Österreichs und nicht am Rand liegt. Die Leserzahlen sind nach dieser Kränkung in der Obersteiermark deutlich zurückgegangen, was in Wien aber vermutlich nur als Rundungsfehler wahrgenommen wurde.

Man muss nichts tun

Die wunderschöne Gegend am oberen Lauf der Mur ist touristisch und wirtschaftlich grob vernachlässigt. Schätzungen zufolge wird der Bezirk Murau bis 2025 jeden vierten Einwohner verlieren – an Ballungsräume, in denen es Arbeitsplätze, Wohnungen, potenzielle Ehepartner, reichlich öffentliche Verkehrsmittel und sonstige Notwendigkeiten fürs Leben gibt. In der Obersteiermark hingegen ist ein Auto kein Luxus oder Vergnügen, sondern schlicht und einfach erforderlich, um von A nach B zu kommen, ohne auf den ausgedünnten Fahrplan des Postbus angewiesen zu sein.

Wer hier aufwächst, beklagt sich als Teenager, dass man hier nichts tun kann. Auch ich war keine Ausnahme. Irgendwann um die 30 schlägt das dann um in das wohlige Gefühl, dass man hier nichts tun muss. Stressloser geht es nicht.

Man fährt Straßen entlang, von denen man seit Jahrzehnten jede Kurve kennt. Man macht einen Ausflug zum Prebersee, der so kalt, ruhig und klar ist, dass seine spiegelnde Oberfläche zum Scheibenschießen verwendet werden kann. Im Frühling unternimmt man Tagesausflüge nach Tarvis oder Udine, wo man italienische Sonne, Prosecco mit Antipasti und den teuersten Sprit Mitteleuropas tankt.

Zuhause liest man die letzten Ereignisse in der Murtaler Zeitung oder im Pfarrblatt. Wenn man Glück hat, ist Sofies Hütte in Ranten offen, und man kehrt auf eine Brettljause ein. Mehr muss auch nicht passieren. "Action" ist kein Wort, das gut zu dieser Gegend passt.

Aber wer will, kann ein bisschen Auto fahren

In der Obersteiermark überlegt man wilden Gerüchten zufolge, ein mittelgroßes Dorf in St. Didi umzubenennen. Keine schlechte Idee, dem Red Bull-Gründer Mateschitz gebührt für die Wiederbelebung des ehemaligen A1-Rings und der Gegend drumherum längst ein Denkmal.

Knapp vor Murau liegt nämlich das österreichische Motorsport-Betlehem. Nach längeren Umbauarbeiten wurde der Österreichring zum A1-Ring und endlich zum Red Bull-Ring. Meine erste Erinnerung an den Ring sieht mich als Zuschauerin in der Castrol-Kurve, der ersten Zacke am Ende der langen Geraden nach dem Start. Das Rennen beginnt. Staub, Benzingeruch und Adrenalin in der Luft, nach der Geraden bremst der Pulk ab, nur zwei Autos setzen die Gerade ins Grüne fort. "Juhu!", rufen die jugendlichen Zuseher in der Reihe vor uns und springen begeistert auf. Passiert ist niemand etwas.

Hier können Sie alles tun, was das motorbegeisterte Herz begehrt: Ihren eigenen Wagen auf dem Rundkurs testen, KTM X-Bows probieren oder ein Rennen ansehen. Wenn das noch nicht reicht, gibt es gut sortierte Shops, in denen Auto- und Energy-Drink-Devotionalien erstanden werden können.

Wenn unser kleiner Kofferraum nicht schon mit einer gelben Bierkiste und zwei Sechser-Tragerln mit Radler voll wäre, dann würden wir glatt zuschlagen.

Carmen Bischof ist gebürtige Murauerin ("die Stadt mit dem besten Bier", betont sie!), beruflich und privat gerne auf Reisen, beruflich in Sachen Vertriebssteuerung für die Senzor Industries AB aus Schweden unterwegs und privat auf der Suche nach schönen Orten, gutem Bier und lässigen Aktivitäten.

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