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Alfred Gusenbauer bei einem öffentlichen Auftritt, im Mittelpunkt der aktuellen Ermittlungen rund um die Signa-Kapitalerhöhung.
Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer bestreitet, bei der Signa-Kapitalerhöhung im Jahr 2023 eingebunden gewesen zu sein.
Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer bestreitet, bei der Signa-Kapitalerhöhung im Jahr 2023 eingebunden gewesen zu sein.
APA-Images / Andreas Tischler

René Benko zieht Gusenbauer mit in Signa-Affäre

20.11.2025 um 17:04, Stefanie Hermann
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René Benko bringt mit einem neuen Beweisantrag Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer in Bedrängnis. Mails sollen seine Rolle bei der Signa-Kapitalerhöhung 2023 belegen.

Seit rund 300 Tagen sitzt Signa-Gründer René Benko in Untersuchungshaft. Der 47-jährige Immobilienunternehmer, einst als Selfmade-Milliardär gefeiert, steht heute im Zentrum eines der größten Wirtschaftsstrafverfahren der Zweiten Republik. Durch sein weit verzweigtes Signa-Imperium soll er einen wirtschaftlichen Schaden von rund 35 Milliarden Euro verursacht haben. Jetzt zieht das einstige „Wunderkind der Immobilienbranche“ mit einem neuen Beweisantrag den ehemaligen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer in den Fokus der Ermittler.

Milliarden-Schaden und laufende Verfahren

Gegen Benko laufen derzeit mehrere Verfahren. In einem ersten Prozess wurde er im Oktober wegen betrügerischer Krida nicht rechtskräftig zu zwei Jahren Haft verurteilt. Ein weiteres Verfahren folgt im Dezember am Landesgericht Innsbruck. Dabei geht es um den Vorwurf, Benko habe gemeinsam mit seiner Frau Bargeld und Wertgegenstände im Wert von 370.000 Euro in einem Safe versteckt und damit Gläubiger geschädigt. Beide bestreiten die Anschuldigungen. Die Justiz sieht weiter Flucht- und Tatbegehungsgefahr, die Untersuchungshaft gegen René Benko bleibt aufrecht.

Neuer Beweisantrag mit politischer Brisanz

Im Verfahren zur Signa-Insolvenz hat Benko nun über seinen Verteidiger Norbert Wess einen neuen Beweisantrag eingebracht. Dieser richtet sich an die Sonderkommission Signa (Soko-Signa) und fordert, dass E-Mail-Korrespondenzen zwischen Benko und Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer ausgewertet werden. Die Mails stammen laut Antrag aus dem Mai 2023 und stehen im Zusammenhang mit einer geplanten Kapitalerhöhung bei der Signa Holding.

Brisante Mails rund um Millionen-Deal

Benko erklärte in seinem Antrag gegenüber der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Wien wörtlich: „Alfred Gusenbauer ist in die ermittlungsgegenständliche Kapitalerhöhung bei der Signa Holding im Jahr 2023 im Vorfeld der Unterfertigung der Rahmenvereinbarung sehr wohl einbezogen worden.“ Und weiter: „Wie aus dem sichergestellten Datenbestand ersichtlich ist, hat Gusenbauer wohl zeitgleich mit Hans Peter Haselsteiner umfangreiche Unterlagen im Vorfeld der Kapitalerhöhung übermittelt bekommen, und er hat an der Videokonferenz zur Erörterung der geplanten Kapitalerhöhung gemeinsam mit Hans Peter Haselsteiner am 19. Mai 2023 teilgenommen.“

Die geplatzte Kapitalerhöhung: Worum geht es?

Im Frühjahr 2023 sollte eine Kapitalerhöhung über 350 Millionen Euro die angeschlagene Signa Holding stabilisieren. Daraus wurde aber nichts, mehrere Großinvestoren zogen ihre Zusagen kurzfristig zurück. Nur zwei Schweizer Geldgeber stellten 35,35 Millionen Euro bereit, dieselbe Summe sollte aus der Familie-Benko-Privatstiftung kommen. Laut Ermittlungen soll Benko die Gelder der Schweizer Investoren in einem Kreislauf bewegt und anschließend als Mittel seiner Stiftung deklariert haben. Die Kapitalerhöhung platzte – und damit wuchs der Druck auf das gesamte Signa-Geflecht.

Warum Benko Gusenbauer nennt

Beobachter sehen in dem Beweisantrag einen möglichen Versuch, Verantwortung auf frühere Vertraute zu verlagern. Der frühere Kanzler Alfred Gusenbauer war zeitweise Beirat der Signa Holding und galt als wichtiger Türöffner in Politik und Wirtschaft. Bereits im August betonte Benko, dass Ex-Aufsichtsratschef Alfred Gusenbauer und Signa-Investor Hans Peter Haselsteiner „sehr wohl einbezogen" gewesen seien. Benko wolle damit seine eigene Rolle relativieren und den Kreis der Verantwortlichen erweitern, sind Prozesskenner überzeugt.

Gusenbauer dementiert

Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer weist die Vorwürfe entschieden zurück: „Mir ist diesbezüglich nichts erinnerlich, dass ich einbezogen worden bin. Ich habe auch keine Organfunktion gehabt.“ Er betont, 2023 keine operative Rolle in der Signa Holding gespielt zu haben.

Wie es für Benko weitergeht

René Benkos Verteidigung kämpft seit Monaten um Haftentlassung, bislang ohne Erfolg. Zehn Enthaftungsanträge wurden abgewiesen, die Justiz sieht weiter Flucht- und Tatbegehungsgefahr. Beobachter vermuten, dass Benko erst dann freikommen könnte, wenn er sein Vermögen in mehreren Stiftungen vollständig offenlegt. Verteidiger Norbert Wess weist diese Überlegung entschieden zurück und spricht von einem „rechtsstaatlich unerträglichen“ Vorgehen: „Wenn eine derartige Forderung aufgestellt werden würde, dann wäre das rechtsstaatlich unerträglich und würde gegen die Grundfesten des Strafprozesses sowie gegen die Unschuldsvermutung verstoßen“, so Wess. „Das ist dann nicht mehr U-Haft, sondern Beugehaft.“

Die Justiz hält dennoch an der Untersuchungshaft fest. Zehn Enthaftungsanträge wurden bislang abgelehnt. Spätestens Anfang 2026 muss entschieden werden, ob die U-Haft verlängert wird. Im Dezember startet Benkos nächster Prozess in Innsbruck. Ob der neue Antrag den Verlauf der Ermittlungen verändert, bleibt offen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Gusenbauers Reaktion

Ex-Kanzler Gusenbauer weist die Darstellung entschieden zurück. „Mir ist diesbezüglich nichts erinnerlich, dass ich da einbezogen worden bin. Ich habe auch keine Organfunktion gehabt“, distanziert er sich gegenüber dem Kurier klar von Benkos Aussagen. Im Jahr 2023 habe er keine operative Rolle in der Signa Holding gespielt.

Wie es für Benko weitergeht

René Benkos Verteidigung kämpft seit Monaten um Haftentlassung, bislang ohne Erfolg. Zehn Enthaftungsanträge wurden abgewiesen, die Justiz sieht weiter Flucht- und Tatbegehungsgefahr. Beobachter vermuten, dass Benko erst dann freikommen könnte, wenn er sein Vermögen in mehreren Stiftungen vollständig offenlegt. Verteidiger Norbert Wess weist diese Überlegung entschieden zurück und spricht von einem „rechtsstaatlich unerträglichen“ Vorgehen: „Wenn eine derartige Forderung aufgestellt werden würde, dann wäre das rechtsstaatlich unerträglich und würde gegen die Grundfesten des Strafprozesses sowie gegen die Unschuldsvermutung verstoßen“, so Wess. „Das ist dann nicht mehr U-Haft, sondern Beugehaft.“

Die Justiz hält dennoch an der Untersuchungshaft fest. Spätestens Anfang 2026 muss entschieden werden, ob die U-Haft verlängert wird. Im Dezember startet Benkos nächster Prozess in Innsbruck. Ob der neue Antrag den Verlauf der Ermittlungen verändert, bleibt offen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Quellen und weiterführende Informationen

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