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Mehrere kleine Spinnen in einem Netz
Gefunden wurde ein Spinnennetzkomplex mit mehr als 111.000 Tieren.
Gefunden wurde ein Spinnennetzkomplex mit mehr als 111.000 Tieren.
iStock.com/ePhotocorp

Spinnen-Superkolonie: Forscher entdecken Mega-Netz

08.11.2025 um 09:54, Patrick Deutsch
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Forscher stoßen in einer entlegenen Schwefelhöhle an der Grenze zwischen Griechenland und Albanien auf das größte Spinnennetz der Welt.

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In einer abgelegenen Höhle an der Grenze zwischen Griechenland und Albanien ist Forschenden der bislang spektakulärste Fund dieser Art gelungen: Ein Spinnennetzkomplex von 106 Quadratmetern – bevölkert von mehr als 111.000 Tieren zweier Arten. Das internationale Forschungsteam spricht von einem einzigartigen Phänomen, das erstmals gemeinsames Nestverhalten bei Spinnen belegt.

Fund in Schwefelhöhle

Die Entdeckung gelang in einem schwer zugänglichen Höhlensystem, das wegen seiner schwefelhaltigen Quellen nur mit spezieller Ausrüstung betreten werden kann. Entlang der Felswände spannt sich ein dichtes Geflecht aus trichterförmigen Strukturen, die zusammen den größten bekannten Netzkomplex der Welt bilden. Dokumentiert wurde der Fund im Fachjournal Subterranean Biology.

Zwei Arten, ein Netz

Nach Angaben der Forschenden haben zwei Spinnenarten gemeinsam an diesem Bauwerk gearbeitet: rund 69.000 Hauswinkelspinnen (Tegenaria domestica) und etwa 42.000 Tiere der Art Prinerigone vagans, einer Baldachinspinne. Beide Arten gelten eigentlich als Einzelgänger, die eher in der Nähe menschlicher Siedlungen vorkommen. „Dass sie hier kooperieren, ist absolut außergewöhnlich“, sagt Erstautor István Urák von der Sapientia-Universität im rumänischen Sfântu Gheorghe.

Leben unter Extrembedingungen

Die Schwefelhöhle bietet besondere Lebensbedingungen. Schwefelhaltiges Wasser fließt mit konstant 26 Grad Celsius durch die Gänge, Licht dringt nie ein. In diesem Milieu haben sich Mücken angesiedelt, die sich von mikrobiellen Biofilmen ernähren – sie sind die Hauptnahrung der Spinnen. Urák vermutet, dass die extremen Umweltfaktoren den Anstoß zu dieser ungewöhnlichen Lebensgemeinschaft gegeben haben.

Anpassung an die Tiefe

Genetische Analysen belegen, dass sich die Spinnen in der Höhle bereits von ihren oberirdischen Verwandten unterscheiden – sowohl im Erbgut als auch in ihrer mikrobiellen Besiedelung. Die Forschenden sprechen von einem beginnenden Anpassungsprozess an das Leben im Untergrund. Ob sich daraus langfristig eine eigene, höhlenspezifische Art entwickeln könnte, soll nun weiter untersucht werden.

Gefährdete Kolonie

Das Forschungsteam will die empfindliche Spinnenkolonie schützen. Die Höhle liegt in einem grenzüberschreitenden Gebiet, was Schutzmaßnahmen erschwert. Dennoch hoffen die Forschenden, dass der außergewöhnliche Fund nicht nur wissenschaftliche, sondern auch ökologische Aufmerksamkeit erhält. „Dieses Netz ist ein Labor der Evolution“, sagt Urák. „Und es erinnert uns daran, wie flexibel das Leben sein kann – selbst dort, wo kaum etwas überlebt.“

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