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Amazon-Gebäude in Italien, Symbolfoto zu Ermittlungen wegen Schmuggelverdacht und Steuerbetrug
Ermittlungen gegen Amazon: Italien prüft Schmuggelverdacht bei China-Importen.
Ermittlungen gegen Amazon: Italien prüft Schmuggelverdacht bei China-Importen.
hapabapa / iStock

Schmuggelverdacht: Italien ermittelt gegen Amazon

25.11.2025 um 11:20, Stefanie Hermann
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Italien ermittelt gegen Amazon wegen mutmaßlichen Schmuggels chinesischer Waren. Razzien in Mailand und Beschlagnahmen durch die Steuerpolizei.

Die italienische Staatsanwaltschaft in Mailand hat Ermittlungen gegen Verantwortliche des Online-Riesen Amazon eingeleitet. Über Amazons Logistiknetz könnten chinesische Produkte auf irreguläre Weise nach Italien gelangt sein, ohne dass Zollgebühren oder Mehrwertsteuer entrichtet wurden, so der Verdacht.

Razzia in Mailand

Am Montag führten Beamte der Steuerpolizei Monza und der Zollbehörde Durchsuchungen in der Mailänder Amazon-Zentrale durch. Dort wurden IT-Geräte und Unterlagen beschlagnahmt. Gleichzeitig beschlagnahmten Ermittler rund 5.000 Produkte in einem Amazon-Logistikzentrum im lombardischen Cividate al Piano.

Unter den sichergestellten Waren befanden sich Smartphone-Hüllen, Spielzeug, Schreibwaren und kleinere Elektrogeräte. Die Produkte sollen Teil eines komplexen Systems sein, über das chinesische Händler ihre Ware zunächst in die EU und anschließend nach Italien gebracht haben sollen. Ermittler sprechen von einem „irregulären Importweg“, der zu erheblichen Steuerausfällen geführt haben könnte. Konkret geht es um sogenannte zwischengeschaltete sogenannte Phantomgesellschaften.

„Trojanisches Pferd“ für chinesische Waren?

Wie Recherchen von Reuters belegen, vermuten die Ermittler, Amazon habe als eine Art „Trojanisches Pferd“ fungiert. Chinesische Produzenten sollen darüber Zugang zum europäischen Markt erhalten haben, an Steuer- und Zollvorschriften vorbei. Der mögliche Schaden für den italienischen Staat wird auf mehrere hundert Millionen Euro geschätzt. Laut Ermittlerkreisen könnte das Netzwerk bis zu eine halbe Million Produkte umfassen.

Zusammenhang mit laufendem Steuerverfahren

Die Ermittlungen stehen in direktem Zusammenhang mit einem bereits laufenden Verfahren wegen mutmaßlichen Steuerbetrugs. Dabei geht es um nicht abgeführte Steuern in Höhe von rund 1,2 Milliarden Euro in den Jahren 2019 bis 2021. Drei Manager sowie die europäische Amazon-Zentrale in Luxemburg sind in diesem Zusammenhang bereits in das Ermittlungsregister eingetragen. Italiens Steuerbehörde hat Amazon einen Vergleich vorgeschlagen; die Entscheidung dazu soll noch im Dezember fallen.

Amazon betont Kooperation mit Behörden

Amazon selbst verzichtete auf einen Kommentar zum laufenden Verfahren. In einer Stellungnahme erklärte das Unternehmen jedoch, man halte sich an alle geltenden Gesetze und arbeite eng mit den zuständigen Behörden zusammen.

Ermittlungen auf EU-Ebene möglich

Der Fall könnte bald über Italiens Grenzen hinaus Bedeutung gewinnen. Die Staatsanwaltschaft Mailand hat den Fall bereits bei der europäischen Justizbehörde Eurojust in Den Haag vorgestellt. Ermittler aus mehreren EU-Ländern – darunter Deutschland, Frankreich und die Niederlande – prüfen eine mögliche Ausweitung der Untersuchungen. Auch die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) führt inzwischen ein eigenes Verfahren zu Amazons Steuerpraxis für die Jahre 2021 bis 2024.

Quellen und weiterführende Informationen

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