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Eine Standarddiagnostik bei Epilepsie: Ableitung eines Routine EEGs zur Messung der Hirnströme.
Eine Standarddiagnostik bei Epilepsie: Ableitung eines Routine EEGs zur Messung der Hirnströme.
KUK

Epileptische Anfälle mit KI vorhersagen – geht das?

20.10.2022 um 11:05, Conny Engl
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In Linz wird gerade an einem weltweit einzigartigen Verfahren gearbeitet, das epileptische Anfälle mit Künstlicher Intelligenz vohersagen soll.

Ein Forschungsprojekt der vom Land Oberösterreich geförderten Initiative „Digital Health – The Digital Patient Journey“ (abgewickelt von der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG) beschäftigt sich mit diesem Thema. Die Johannes Kepler Universität (JKU) Linz mit den Instituten Wirtschaftsinformatik – Software Engineering udn Machine Learning sowie die Klinik für Neurologie am Kepler Universitätsklinikum (KUK) Linz und das auf Künstliche Intelligenz spezialisierte Unternehmen FiveSquare arbeiten in einem zweieinhalbjährigen Forschungsprojekt gemeinsam an einem weltweit einzigartigen Verfahren zur Epilepsieprognose.

Ziel ist die Entwicklung eines mobilen Systems zur Vorhersage und Erkennung von epileptischen Anfällen, mit dem Menschen, die an Epilepsie leiden, ein Stück Lebensqualität zurückgewinnen können.

Epilepsie kann jeden treffen

Alleine in Oberösterreich leiden rund 8.000 Menschen an Epilepsie, österreichweit sind es etwa 60.000 Betroffene. Weltweit leiden rund 50 Millionen Menschen an dieser chronisch neurologischen Erkrankung. Epilepsie kann in jedem Lebensalter auftreten, bei Kindern und Jugendlichen sowie bei über 65-Jährigen ist das Risiko, daran zu erkranken, am größten. Die Auslöser sind vielfältig, zum Beispiel: Sauerstoffmangel in Folge von Geburtskomplikationen, Missbildungen des Gehirns, genetische oder stoffwechselbedingte Gründe, Schlaganfälle, Hirntumore oder Hirnverletzungen.

Wenn Medikamente nicht helfen

Einem Großteil der Betroffenen kann durch medikamentöse Behandlung gut geholfen werden. In der Klinik für Neurologie am Kepler Universitätsklinikum Linz behandeln die Experten Betroffene, die nicht auf die erste medikamentöse Behandlung ansprechen. Ein Teil der Patienten bleibt aber trotz aller Anstrengungen therapieresistent. Die Betroffenen bleiben oft isoliert zurück, sind im Alltags- oder Arbeitsleben häufig eingeschränkt und dürfen zum Besipiel nicht mit dem Auto fahren, weil die Gefahr eines plötzlichen Anfalls ein zu großes Risiko darstellt.

Ableitung eines hochauflösenden EEGs. Mit dieser Spezialdiagnostik kann der Ursprungsort der veränderten Hirnströme sehr genau bestimmt werden.

Anzeichen erkennen

Wie kann man diesen Menschen helfen? Gibt es Anzeichen, die einen bevorstehenden Anfall ankündigen, sodass geeignete Gegenmaßnahmen getroffen werden können – etwa eine sichere Umgebung aufsuchen? Die Anzeichen sind schwer zu erkennen: Epilepsie-Begleithunde schlagen beispielsweise unmittelbar vor einem Anfall an. Es ist jedoch unklar, was sie wahrnehmen. Mutmaßungen gehen von akustischen Reizen aus (etwa von einer Verlangsamung der Atemgeschwindigkeit), es könnte aber auch ein spezieller Geruch sein, den die Hunde wahrnehmen, oder eine Verhaltensänderung. Eine Veränderung der Sauerstoffsättigung oder ein Anstieg des cerebralen Blutflusses werden in der Literatur als weitere Indikatoren für einen bevorstehenden Anfall gehandelt. Die Veränderung von bestimmten Vital- oder Verhaltensparametern kann also zur Prognose von epileptischen Anfällen (außerhalb der Krankenhausumgebung) herangezogen werden.

Vorwarnsystem mithilfe von KI

Wenn es gelingt, alle essenziellen Parameter im Zusammenhang mit epileptischen Anfällen über ein Sensornetzwerk mobil – sprich: mit Wearables – zu erfassen, dann könnte darauf aufbauend mit Hilfe Künstlicher Intelligenz (KI) ein Vorwarnsystem für Epilepsie entwickelt werden. Mit hochmodernen Deep-Learning Verfahren können die gemessenen Parameter ausgewertet und aus ihnen gelernt werden. Letztendlich will man damit bestimmte Muster identifizieren, die auf sogenannte präiktale Zustände schließen lassen und damit einen bevorstehenden Anfall anzeigen können.

Die Forscher freuen sich auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Das Forscher-Team (v. li.): DI Monika Weiß BSc, Klinik für Neurologie 1, Neuromed Campus, Kepler Universitätsklinikum, Philipp Seidl MSc, Institut für Machine Learning, Johannes Kepler Universtität Linz, Daniel Gaisberger BSc, Institut für Wirtschaftsinformatik – Software Engineering, Johannes Kepler Universität Linz, Patrick Haidinger BSc, CTO FiveSquare GmbH, Prim. Priv.-Doz. Dr. Tim J. von Oertzen, FRCP, FEAN, Vorstand der Klinik für Neurologie 1, Neuromed Campus, Kepler Universitätsklinikum Linz, Dr. Wolfgang Narzt, Institut für Wirtschaftsinformatik – Software Engineering, Johannes Kepler Universität Linz (Projektleitung), Assoc.Prof. Dr. Günter Klambauer, Institut für Machine Learning, Johannes Kepler Universität Linz, Manuel Mair BSc, Institut für Wirtschaftsinformatik – Software Engineering, Johannes Kepler Universität Linz, Hans-Peter Pichler BSc, CEO FiveSquare GmbH, Priv.-Doz. Dr. Gudrun Gröppel, OÄ Klinik für Neurologie 1, Neuromed Campus, Kepler Universitätsklinikum Linz.

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