Wie KI zum Ideenschützer wird
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Mit 503 Patenten im vergangenen Jahr ist Oberösterreich der Erfinderkönig unter den Bundesländern. Das ist nicht zuletzt den großen Industriebetrieben geschuldet, die laufend in die Forschung und Entwicklung investieren. Sie sind vertraut mit dem Prozess der Patentierung, der den Raub geistigen Eigentums verhindern soll. Doch für kleine und mittlere Unternehmen ist der Weg zum Patent ein schwieriger. Unübersichtliche Datenbanken und juristisches Fachvokabular sind die Monster, die auf die Erfinder warten. Doch ein weiteres Mal könnte künstliche Intelligenz auch bei der Patentanmeldung Abhilfe schaffen.
Vom Dienstleister zum Software-Unternehmen
Zahlreiche Unternehmen arbeiten aktuell an KI-Tools, welche die Patentanmeldung vereinfachen. Eines dieser digitalen Helferchen kommt aus Windischgarsten. Gemeinsam mit IBM entwickelte ABP Patent Network das Tool „patentbutler.AI“. Die Grundidee: Eine künstliche Intelligenz soll dabei helfen, technische Erfindungen schneller auf ihre Patentfähigkeit zu prüfen – ein digitales Assistenzsystem für ein traditionell analoges Feld. Dabei durchforstet die Software mehr als 170 Millionen Patentdokumente nach Ähnlichkeiten und erkennt semantische Übereinstimmungen. Damit liefert die Software fundierte Hinweise auf die Schutzwürdigkeit und Einzigartigkeit einer Idee. Zur Patentrecherche und zum Monitoring gibt es bereits von anderen Softwarehäusern Lösungen, ABP geht jedoch noch einen Schritt weiter. So soll patentbutler.AI in Zukunft auch vollständige Patententwürfe erstellen. Damit kommen Erfinder und Unternehmer schneller ans Ziel. Da das Thema „Patente“ jedoch komplex ist und höchste Sorgfalt beim Patententwurf benötigt wird, behalten die Experten auch in diesem System die Kontrolle. „Die KI unterstützt, ersetzt aber nicht das Fachurteil“, erklärt Daniel Holzner, Geschäftsführer ABP Patent Network, „so erhöhen sich zugleich Effizienz und Sicherheit.“ Laut ABP dauern Prozesse, die früher Wochen beanspruchten, nun nur noch Tage. In einem Umfeld, das schnelle Reaktion auf Märkte verlangt, macht das den Unterschied. „Besonders im industriellen Umfeld kann die automatisierte Unterstützung den entscheidenden zeitlichen Vorsprung bedeuten.“ Also können auch Big Players von dem neuen Tool profitieren. Daneben betont man die Kostensenkung durch die neue KI. Um das sensible geistige Eigentum sicher zu halten, wird die Lösung von ABP in einer „On-Premise-Infrastruktur“ in Österreich betrieben. Das heißt, es kommt keine Cloud zum Einsatz und damit auch kein Datenabfluss.
Amerika muss sparen
In den Patentämtern ist künstliche Intelligenz schon längst angekommen. So verwendet die Europäische Patentorganisation (EPO) KI beispielsweise zur automatischen Klassifizierung und Ablage eingehender Patentanträge. Auf der Homepage steht: „Die EPO verfolgt das Ziel, KI- und Machine-Learning-Technologien einzusetzen, um die Qualität und Effizienz im Patenterteilungsprozess zu steigern.“ Und auch das US-Patentamt arbeitet daran, den Patentierungs-Prozess mithilfe der KI zu beschleunigen. Daher wandte man sich im Juni mit einer Informationsanfrage an die amerikanische Tech-Branche. Dass man beim Patentamt aber nicht nur Zeit, sondern auch Geld sparen will, zeigt sich bei einem Auszug der Anfrage, den die britische Technologie-Website „The Register“ veröffentlichte: „Der ausgewählte Anbieter muss bereit sein, eine Gegenleistung zu akzeptieren, die hauptsächlich nicht monetärer Natur ist.“ Der US-Sparkurs macht sich also beim Patentamt spürbar. Hoffentlich bremst das nicht den Innovationsgeist im Silicon Valley. Gratis dürften die dortigen KI-Startups solche Aufträge wohl kaum übernehmen.