Female Leadership: Frauen führen anders
- Warum Diversität Sinn macht
- Mit gutem Beispiel vorangehen
- Braucht es Quoten?
- Coachen und fördern
- Andere Motivation, andere Wirkung
- Gemeinsam erfolgreich
- Fakten
- Kurzinterview: Alexandra Reinagl CEO, Wiener Linien
- Kurzinterview: Julia Zotter Geschäftsführerin, Zotter Schokolade Steiermark
- Kurzinterview: Christine Stock Hotelier, Stock Resort Tirol
Wer einen Blick in die Vorstandsetagen großer internationaler Unternehmen wirft, wird zwar unterschiedlichste Gesichter, Kulturen und Altersgruppen sehen - doch vorwiegend männliche. Diversität am Konferenztisch? Die sucht man vergeblich. Auch hierzulande. Österreichs Führungsriegen sind nach wie vor männlich geprägt: Nur 13,8 Prozent der Geschäftsführungen in den Top-200-Unternehmen sind mit Frauen besetzt, wie aktuelle Zahlen des Frauenministeriums (Jänner 2025) zeigen. Zwar haben Quotenregelungen im Aufsichtsrat zuletzt für mehr Bewegung gesorgt, in der operativen Verantwortung bleibt das Bild jedoch einseitig.
Warum Diversität Sinn macht
Zahlreiche Studien belegen, dass Vielfalt im Management kein „Nice-to-have“ ist, sondern den wirtschaftlichen Erfolg maßgeblich steigert. Unternehmen mit gemischten Führungsteams sind innovativer, krisenfester und langfristig profitabler. Eine McKinsey-Analyse zeigt, dass Betriebe mit hoher Diversität weltweit eine um 39 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit haben, überdurchschnittlich profitabel zu sein. In Europa liegt dieser Diversitätsbonus sogar bei 62 Prozent. Es mag floskelhaft klingen, doch gemeinsam sind wir Geschlechter nachweislich stärker: Gemischte Teams treffen laut verschiedenster Statistik ausgewogenere Entscheidungen, agieren weniger risikobehaftet und sind innovationsfreudiger. Homogene Gruppen – ob nur Männer oder nur Frauen – verstärken die jeweiligen Tendenzen: Männer gehen zu hohe Risiken ein, Frauen vermeiden diese zu stark. Gemeinsam gleichen sich diese Extreme aus. Auch das Kiel Institut für Weltwirtschaft fand heraus, dass Unternehmen von der Auflösung starrer Geschlechternormen profitieren. Mehr Vielfalt im Team bringt bessere Entscheidungsprozesse, mehr Kreativität und nachhaltigeren Unternehmenserfolg.
Mit gutem Beispiel vorangehen
Auch die Praxiserfahrungen erfolgreicher Führungskräfte sprechen für einen Ausgleich der Geschlechter in der Führungsebene. So bezeichnet Alexandra Reinagl, CEO bei den Wiener Linien, „Mixed Teams“ als ideale Kombination. Und auch Hotelier Christine Stock ist überzeugt, dass Diversität das wahre unternehmerische Erfolgsgeheimnis ist. Sie selbst hat äußerst gute Erfahrung mit weiblichen Führungskräften gemacht. Im familiengeführten Tiroler 5-Sterne-Ressort arbeiten tatsächlich mehr Frauen in der Führung als Männer. „Das ist das Ergebnis von Vertrauen in weibliche Führungs kräfte und gebotenen Entwicklungschancen“, so Christine Stock.
Ich begegne Vorurteilen mit Leistung und Offenheit. Sich in die Opferrolle zurückzuziehen ist meiner Ansicht nach nicht zielführend.
Braucht es Quoten?
Bei dieser Frage spalten sich die Meinungen. Fakt ist: Frauen wollen mit Leistung und ihren Fähigkeiten überzeugen und Jobs nicht nur auf Grund ihres Geschlechts zugesprochen bekommen. Fakt ist aber auch: Wo Frauen im Aufsichtsrat vertreten sind, steigen auch die Chancen, dass Frauen in die Geschäftsführung berufen werden. Alexandra Reinagl verweist auf Männernetzwerke, die es Frauen immer noch erschweren, in Top-Führungspositionen oder Kontrollfunktionen einzusteigen. Stattdessen kämen häufig die gleichen Akteure zum Zug.
Coachen und fördern
Das Frauen führen können, steht längst nicht mehr zur Diskussion und wird auch von zahlreichen Studien untermauert. Die Frage lautet also vielmehr: Führen sie anders – und inwiefern profitieren Unter nehmen davon? Studien legen nahe, dass Frauen stärker „transformational“ führen: Sie binden Mitarbeitende ein, coachen, fördern Talente und setzen auf Kommunikation und Feedback. Männer tendieren im Durchschnitt eher zum „transaktionalen“ Stil mit klaren Zielvorgaben und Belohnungssystemen. Das zeigt sich auch im Umgang mit Risiken: Von Frauen geführte Unternehmen sind stabiler, weniger fremdfinanziert und seltener insolvent. Sie investieren vermehrt in Menschen und deren Kompetenzen, während Männer häufiger auf Sachkapital setzen. Zudem gelten Frauen als Problemlöserinnen in Krisensituationen. Nicht zufällig wurden während der Covid-19-Pandemie Regierungschefinnen wie Jacinda Ardern (Neuseeland) und Sanna Marin (Finnland) international für ihr erfolgreiches Krisenmanagement hervorgehoben.
Andere Motivation, andere Wirkung
Diese „weibliche“ Stärke in der Führung hängt stark mit der unterschiedlichen Erfolgsmotivation der Geschlechter zusammen. Während Männer häufiger kurzfristiges Wachstum als Ziel nennen, stehen bei Frauen nachhaltiger Erfolg und die Verbesserung der Welt durch das eigene Tun im Vordergrund. Eine Studie der KMU Forschung Austria zeigt, dass Unternehmerinnen Kundenzufriedenheit wichtiger ist als Gewinnmaximierung. Das heißt in der Praxis: Unternehmen, die von Frauen geführt werden, punkten oft mit einer stabileren Kultur, geringerer Fluktuation und einer stärkeren Mitarbeiterorientierung. Davon profitieren übrigens auch männliche Mitarbeiter: Unter weiblicher Führung gibt es weniger Personalabbau und mehr beschäftigtenfreundliche Zusatzleistungen.
Gemeinsam erfolgreich
„Frauen und Männer haben unter schiedliche Herangehensweisen, und diese brauchen wir auch in unserer so herausfordernden Zeit“, betont Karoline Edtstadler, Landeshauptfrau von Salzburg. Julia Zotter sieht in der Zusammenarbeit auch einen Wettbewerbsvorteil: „Unternehmen, die Vielfalt fördern, sind resilienter und attraktiver für Talente.“ Fazit: Es geht nicht darum, ob Frauen „besser“ führen, sondern darum, dass unterschiedliche Stärken im Zusammenspiel die beste Lösung hervorbringen.
Fakten
- Frauen in Führungspositionen wirken sich positiv auf Umsatzentwicklung und Gewinn aus.
- Die Produktivität der Mitarbeiter steigt unter der Führung einer Frau.
- Frauen führen umsichtiger und vorsichtiger.
- Frauen tätigen mehr nachhaltige Investitionen.
- Frauen verdienen in Unternehmen, die von Frauen geleitet werden, mehr.
- Frauen führen weniger risikofreudig.
Kurzinterview: Alexandra Reinagl CEO, Wiener Linien
Führen Frauen ihrer Meinung nach tatsächlich anders?
A. Reinagl: Das ist schwer zu pauschalisieren. Ich würde sagen, dass Frauen oft mehr Empathie zeigen, was durchaus Vorteile hat. Manchmal ist jedoch ein strikt rationaler Ansatz die bessere Lösung. Daher sind aus meiner Sicht „Mixed Teams“ – also Teams aus Frauen und Männern – die ideale Kombination.
Stoßen Sie im Arbeitsalltag auf Vorurteil?
A. Reinagl: Direkt habe ich solche nie erlebt. Problematisch sind jedoch die nicht immer offensichtlichen Männernetzwerke, die es Frauen nach wie vor erschweren in Top-Führungspositionen oder Kontrollfunktionen einzusteigen. Stattdessen kommen häufig die gleichen Akteure zum Zug.
Welche Maßnahmen sind nötig, um Frauen in Wirtschaft und Politik zu stärken?
A. Reinagl: Wir brauchen mehr Transparenz bei der Vergabe von Positionen. Entscheidungen für Führungspositionen sollten immer nach Fähigkeiten und nicht nach persönlichen Befindlichkeiten getroffen werden – leider ist das in Österreich noch nicht überall Praxis.
Welchen Rat würden Sie jungen Frauen geben?
A. Reinagl: Das Wichtigste ist Mut! Wenn eine Chance kommt, muss sie genutzt werden.
Kurzinterview: Julia Zotter Geschäftsführerin, Zotter Schokolade Steiermark
Wer hat Sie auf Ihrem beruflichen Weg besonders geprägt?
J. Zotter: Meine Eltern – in einem Familienbetrieb ist man von Anfang an involviert. Man braucht viel Verantwortungsbewusstsein, aber bekommt auch viel Rückhalt. Von meinem Vater habe ich gelernt an Ideen festzuhalten, auch wenn es Hindernisse gibt. Von meiner Mutter kommt die Konzentration auf’s Wesentliche.
Führen Frauen tatsächlich anders?
J. Zotterl: Aus meiner Perspektive teamorientierter. Das muss nicht unbedingt nur konsensorientiert heißen, aber mit mehr Bedacht auf Teamdynamiken und mehr Empathie. Ich denke, das ist auch kulturell so gewachsen – Frauen arbeiten häufig in Jobs, in denen sie Teil einer Gruppe sind, nicht Einzelkämpfer. Das fördert Kompetenzen in der Teamleitung. Leider wird von Männern gerne erwartet, sich zu profilieren, aus der Gruppe herausstechen.
Welchen Rat würden Sie jungen Frauen geben?
J. Zotter: Menschen wollen sich auf gehoben fühlen, in ihrem Job gesehen und wertgeschätzt werden – bleibt also aufmerksam. Bleibt neugierig. Eine solide Basis an Wissen ist wichtig. Eigen initiative und Lernbereitschaft öffnen Türen. Dampfplauderei wird Männern leider viel leichter verziehen als Frauen.
Kurzinterview: Christine Stock Hotelier, Stock Resort Tirol
Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?
C. Stock: Auf Augenhöhe, empathisch, fair – mit klaren Entscheidungen, die für alle nachvollziehbar sind.
Führen Frauen in Ihren Augen tatsächlich anders?
C. Stock: Viele Frauen führen stärker beziehungsorientiert, hören aktiv zu, denken langfristig und sind offen für Veränderungen. Das schafft Vertrauen und Geschwindigkeit – und schließt klare, konsequente Entscheidungen nicht aus. Ich erlebe, dass Frauen sich oft mehr beweisen müssen. Gleichzeitig zeigen unsere Teams: Vielfalt macht besser. Im ‚STOCK resort‘ sind heute mehr Frauen als Männer in Führungsfunktionen.
Stoßen Sie im Alltag auf Vorurteile gegenüber Frauen?
C. Stock: Leider ja. Häufig kommen sie aus den Reihen der älteren Generation. Ich begegne ihnen mit Professionalität, Ergebnissen und einem offenen Gespräch auf Augenhöhe.
Welche Maßnahmen sind nötig, um Frauen stärker zu fördern?
C. Stock: Es braucht transparente Karrierepfade, Mentoring und Sponsoring, gleiche Bezahlung, flexible Arbeitsmodelle und Vorbilder, die sichtbar sind.