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Porträt nebeneinander vor Ladenregal
Nichte und Onkel: Barbara und Andreas Heindl
Nichte und Onkel: Barbara und Andreas Heindl
Ernst Kainerstorfer

Familiengeheimnis: Heindls süße Erfolgsgeschichte

20.06.2023 um 08:02, Andrea Schröder
min read
Bei dieser Wiener Familie dreht sich alles um Schokolade: Der Familienbetrieb Heindl produziert seit 1953 nach eigenem Erfolgsrezept.

Ein Filmzitat besagt: Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen – man weiß nie, was man bekommt. Für die Produkte der Wiener Confiserie Heindl gilt das nicht. Überraschungen der unangenehmen Art sind, im Gegensatz zur Forrest Gump-Pralinenschachtel, hier gänzlich ausgeschlossen: Sie sind Made in Austria, Fair Trade und stammen aus einem klassischen Familienbetrieb.

Es gibt sie nur mit Schoko

Termin in der Schokofabrik im 23. Wiener Bezirk. Der Fotograf porträtiert Barbara Heindl, „einmal ohne Produkt bitte, es gibt Sie ja nicht nur mit Schokolade.“ Antwort der 41-Jährigen: „Doch!“ Auch Barbara Heindls Onkel, Andreas Heindl, 61, ist nach knapp 46 Jahren im Business noch immer ein Schokoholic. Beim Gang durch die Produktion greift er wiederholt zu Kostproben und bietet sie auch den Gästen an: „Die Waffeln sind so frisch ganz besonders gut!“

Blick in die Produktion
2006 hat Heindl mit Pischinger die älteste bestehende Süßwarenmarke Österreichs übernommen.

Heindl (korrekte Berufsbezeichnung: Bonbon- und Konfektmacher sowie Zuckerbäckermeister) kam 1962, acht Jahre nach seinem Bruder Walter, zur Welt. Das Gründungsjahr des Unternehmens: 1953. Man kann sich also gut vorstellen, dass Kindheit, Schulbesuch, Familienfreizeit und Schokoladenfabrik in der Erinnerung von Andreas Heindl so dicht beieinander liegen wie die Orangenspalten in der Confiserie-Schachtel.

Porträt beim Verkosten von Pralinen
„Ich versuche, mich zurückzuhalten. Wenn ich schon morgens mit dem Naschen anfange, geht das den ganzen Tag so weiter.“

Das gilt auch für Barbara Heindl: „Ich habe in der Schule immer erzählt, meine Familie arbeitet für den Osterhasen.“ Ihre Klassenkameraden waren stets willkommen.

Ferne Länder

Barbaras Vater Walter, 68, hat sich vor Kurzem aus der Geschäftsführung zurückgezogen, seither bilden Onkel und Nichte das Führungsgespann. Zuvor hatte Barbara Heindl als Flugbegleiterin bei Lauda Air die Welt erkundet und anschließend Marketing studiert. Heute ist sie für Marketing sowie Eigenfilialen zuständig, „ich bin eigentlich ständig unterwegs.“ Mit den Verkaufsberaterinnen in den Heindl-Shops verbindet sie der Servicegedanke. „Ich finde es großartig, wenn der Kunde durch unsere Beratung das Passende findet.“

Porträt beim Anordnen von Ware
Die 41-jährige in einer von 31 Filialen.

Barbara Heindl gehört einer starken Frauenriege an: Schwester Caroline Wiesner-Heindl leitet den SchokoClub, Susanna, Gattin von Andreas Heindl, die Kreativabteilung und Nicole, Tochter von Andreas Heindl, die Logistik. 11 von 16 Abteilungen werden von Frauen geführt.

Maroni lassen Herzen höher schlagen

Confiserie Heindl-Kunden sind in der großen Mehrheit weiblich und „das Passende“ in den meisten Fällen anlassbezogene Geschenke. Schulschluss (eine Kleinigkeit für die Frau Lehrerin), Ostern oder Weihnachten sorgen für regen Umsatz in den Filialen, im Lebensmittelhandel und im Onlineshop, der im Zuge der Pandemie ruckzuck ins Leben gerufen wurde. Der größte Verkaufsschlager sind aber die Schoko Maroni: Die Nascherei aus Edelkastanien-Püree in Herzform sorgt für 40 Prozent des Gesamtumsatzes von Heindl – und das, obwohl es sich um Saisonware von September bis Ostern handelt. 

Unsere Schoko Maroni sind seit jeher vegan, wie übrigens sehr viele Heindl Produkte.

Barbara Heindl

Das fruchtige Gelee etwa erhält seine Konsistenz nicht durch Gelatine, sondern Pektin oder Agar Agar. Auch Regionalität und Nachhaltigkeit sind Themen, an denen heute kein Unternehmen vorbeikommt. Seit bald zehn Jahren nimmt Heindl am Fair Trade Kakaoprogramm teil, Rohstoffe und Verpackungen kommen soweit verfügbar aus Österreich (Zucker, Karton) und die Photovoltaikanlage war zum Zeitpunkt der Errichtung 2012 die größte privat betriebene in ganz Wien.

Schulterschluss

Die Generationen würden im Clinch miteinander liegen, sagt man. In Zeiten von Klimawandel und „Work Life Balance“ macht man sich gegenseitig Vorwürfe: Die Älteren hätten uns alle auf den Abgrund zugesteuert, und die Jungen „wollen nicht mehr hackeln“. Für Familie Heindl ist beides kein Thema: Für klimafreundlichen Sonnenstrom hat „Boomer“ Andreas gesorgt, und bei Barbara, Angehörige der Generation Y, steht das Unternehmen an erster Stelle. „Es fühlt sich nicht an wie arbeiten“, sagt sie. Gibt es denn nie Meinungsverschiedenheiten? 

Jeder will das Beste für die Firma. Und Gewitter reinigen die Luft.

Andreas Heindl
Porträt am Tisch nebeneinander sitzend
Die Generationenfrage: bei Heindl beantwortet

Heindl, an die Tafel!

Einig ist man sich in der Vorfreude auf ein neues Produkt: „70 Jahre gab es Heindl ohne Tafel“, kann es der Geschäftsführer selbst kaum glauben. Im Herbst ist Schluss damit, dann wird es bis zu zehn verschiedene Sorten Tafelschokolade der Marke Heindl geben. Zuvor steht die komplette Umgestaltung des Flagship- Stores am Stephansplatz an, ein Deal mit einem großen Shoppingkanal ist in der Finalisierung und da ist noch die neue Maschine, die Andreas Heindl auf einer Messe gesehen hat und die ihn seither nicht loslässt.

Während Andreas Heindl in der Produktion nach dem Rechten sieht, wird die soeben eingetroffene Schulklasse durch das angegliederte SchokoMuseum geführt. Bei den rund 100.000 Mitgliedern des Heindl SchokoClubs landet ein Newsletter mit aktuellen Rabattaktionen und Basteltipps im Postfach. Barbara macht sich auf den Weg zu einer neuen Filiale. Ein ganz normaler Tag bei den Heindls.

Zahlen & Fakten

  • Zentrale: Wien Inzersdorf
  • Umsatz: ca. 23,5 Mio. Euro
  • Filialen: 31. Neben Wien (21 Shops) ist Heindl in vier weiteren Bundesländern vertreten.
  • Bestseller: Schokomaroni. Rund 450.000 Packungen werden in den sechs Saisonmonaten verkauft.
  • Durchschnittliche Verweildauer von MitarbeiterInnen: 8 bis 10 Jahre
  • Auch wenn die Kosten stark gestiegen sind: Die Produktion soll auf jeden Fall in Wien bleiben.

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