Bauen: Experten fordern kluge Flächennutzung
Wie lassen sich Bodenschutz und der wachsende Wohnbedarf verbinden? Diese Frage stand im Zentrum einer Fachdiskussion am 26. Juni im Wiener Palais Eschenbach. Anlass war das Positionspapier "Österreich ist nicht fertig gebaut", das Perspektiven für eine nachhaltige Bauwirtschaft und eine ressourcenschonende Flächennutzung aufzeigt.
Die Herausforderungen sind erheblich: Der Bodenverbrauch hat ein kritisches Ausmaß erreicht, gleichzeitig braucht es vor allem in Ballungsräumen dringend neuen Wohnraum. Allein in Wien werden jährlich rund 15.000 zusätzliche Wohnungen benötigt, so der Expertenkreis in einer Aussendung.
Ohne Bodenverbrauch
"Österreich wächst und braucht leistbaren Wohnraum, doch Boden ist knapp", betonte Andreas Pfeiler vom Fachverband Steine-Keramik. Deshalb müsse man Flächen künftig klug und sparsam nutzen. Die Baustoffindustrie sehe sich in der Verantwortung, gemeinsam mit Politik und Experten Lösungen zu erarbeiten.
Arthur Kanonier von der TU Wien verwies darauf, dass bereits rund 6.000 Quadratkilometer Fläche in Österreich in Anspruch genommen sind. "Nicht zersiedeln, sondern bestehende Strukturen verdichten, ist das Gebot der Stunde", so Kanonier.
Wiens Dächer mit Potenzial
Architekt Armin Mohsen Daneshgar sieht großes Potenzial in der Nutzung von Dachflächen: "Wiens Dächer könnten Platz für bis zu 200.000 Wohnungen schaffen." Aufstockungen ermöglichen zusätzliche Grünflächen in Form von Dachgärten und Energieeinsparungen von bis zu 80 Prozent, wenn gleichzeitig saniert wird. Auch die Stadtgestaltung müsse bei solchen Projekten berücksichtigt werden, unterstrich Irene Lundström von der Stadt Wien.
Bestand sanieren, Ortskerne stärken
"Neubau ja, aber nachhaltig", betonte Roland Hebbel vom Zentralverband industrieller Bauprodukthersteller. Statt immer neuer Bauflächen müsse verstärkt auf Sanierung, Nachnutzung bestehender Gebäude und die Wiederbelebung von Ortskernen gesetzt werden. "Jedes Jahr verbrauchen wir eine Fläche so groß wie Eisenstadt", führte Daniel Fügenschuh von der Bundeskammer der Ziviltechnikerinnen und Ziviltechniker ins Treffen. Dies verschärfe Umweltprobleme wie Hochwasser- und Hitzegefahr.
Forderung nach rechtlichen Grundlagen
Die österreichische Bodenstrategie will die Flächeninanspruchnahme bis 2030 deutlich senken. Vorrang für Flächenrecycling und Sanierung vor Neuwidmungen sieht auch das Regierungsprogramm vor. Doch die Umsetzung erfordere klare gesetzliche Rahmenbedingungen und eine stärkere Rolle der Länder und Gemeinden, betonte Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl: "Bodensparen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe."
Auch Andreas Pfeiler unterstrich abschließend: "Verdichtetes Bauen spart Ressourcen und Energie. Dafür braucht es aber eindeutige rechtliche Rahmenbedingungen, um Bauland gezielt zu mobilisieren und Bodenverbrauch zu reduzieren."