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Interview des Kurier mit Burgschauspieler Rudolf Melichar im Cafe Dommayer in der Dommayergasse 1 in Wien-Hitzing am 14.02.2018
Rudolf Melichar ist tot. Der Theater-Darsteller wurde 96 Jahre alt.
Rudolf Melichar ist tot. Der Theater-Darsteller wurde 96 Jahre alt.
Gerhard Deutsch / KURIER / picturedesk.com

Große Trauer: Beliebter Burgschauspieler ist tot

04.10.2025 um 09:50, Marcel Toifl
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Rudolf Melichar ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Der Burgschauspieler prägte über 50 Jahre das Ensemble und galt als Meister der Sprache.

Rudolf Melichar ist tot. Das Burgtheater gab am Freitag bekannt, dass der Kammerschauspieler im Alter von 96 Jahren gestorben ist. Melichar war mehr als ein halbes Jahrhundert Mitglied des Ensembles. Er galt als Meister der Sprache, als stiller Motor eines Theaters, das auf die Stimme vertraute.

Anfang in Berlin und Wien

Rudolf Melichar kam am 22. Juni 1929 in Berlin zur Welt. Sein Vater war der österreichische Komponist und Dirigent Alois Melichar. Mit dreizehn zog die Familie nach Wien. In der Nachkriegszeit wuchs er dort auf, am Reinhardt-Seminar lernte er das Handwerk der Bühne. Er spielte in Kiel, Essen, Hannover, Dortmund und Köln. Ende der sechziger Jahre fand er seine künstlerische Heimat: das Burgtheater.

Jahrzehnte an der Burg

Seit 1968 gehörte er zum Ensemble. Er stand in mehr als hundert Rollen auf der Bühne. Melichar spielte Nestroy, Horváth, Schnitzler, Kleist, Goethe, Brecht. Er sprach Molière, Shakespeare, Tschechow, Ibsen. Mit 39 debütierte er an der Burg, mit 89 hatte er seine letzte Premiere im Vestibül.

Sprache als Lebenskunst

Elfriede Jelinek schrieb über ihn: „Also das muß ich sagen: was Rudolf Melichar ganz besonders kann ist: sprechen.” Sie widmete ihm vor 20 Jahren den Text „Zum Beispiel Rudolf Melichar”. Die Zusammenarbeit der beiden prägte ein eigenes Kapitel Burgtheatergeschichte. Bereits 1994 brillierte er in Claus Peymanns Inszenierung von Jelineks „Raststätte”. Es folgten „Das Werk”, „Babel” und „Die Kontrakte des Kaufmanns” in der Regie von Nicolas Stemann sowie Stefan Bachmanns „Winterreise”.

Seine Verehrung für Thomas Mann war ebenso Teil seiner künstlerischen Biografie. Zum 80. Geburtstag las er im Kasino am Schwarzenbergplatz „Mein Mann dein Mann”. In einem Gespräch erinnerte sich Melichar: „Ich saß mit meinem Vater und einem seiner Komponistenfreunde in einem Cafe in Gastein auf einer sonnigen Terrasse, als ich zwei Tische weiter Thomas Mann sitzen sah, und starrte zu ihm hinüber. Meine literarische Ikone war mit einem Mal lebendig geworden.”

Späte Jahre und Würdigungen

In den letzten Jahren trat Melichar seltener auf. 2015 spielte er in „Engel des Vergessens” von Maja Haderlap in der Regie von Georg Schmiedleitner. 2018 stand er in „Saturn kehrt zurück” von Noah Haidle auf der Bühne. 2017 war er in einer Folge von „SOKO Kitzbühel” zu sehen.

Stefan Bachmann, künstlerischer Direktor des Burgtheaters, würdigt ihn mit folgenden Worten: „Rudi war damals schon über 80, in seiner Gesinnung aber so neugierig, aufgeschlossen und modern, dass er immer ein großes Vorbild für mich bleiben wird.”

Der Wiener VP-Kultursprecher Karl Mahrer bläst in einer Aussendung der Partei ins selbe Horn: „Mit Kammerschauspieler Rudolf Melichar verliert Österreich einen der ganz großen Sprachkünstler und Charakterdarsteller. Mehr als 50 Jahre stand er als Ensemblemitglied des Burgtheaters auf der Bühne. Er war bis ins hohe Alter aktiv und galt bis zuletzt als aufgeschlossen und neugierig.”

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