„Schneckerl” wird 70: Prohaskas großes Fest
Herbert Prohaska steht auf der Donaubühne in Tulln, zwischen alten Weggefährten und Musikstars. Dann greift er selbst zum Mikrofon. „Azzurro“ von Adriano Celentano tönt durch die Lautsprecher. Zur Feier seines anstehenden 70 Geburtstags spielt der ehemalige Teamkicker noch einmal groß auf, Freunde und Wegbegleiter sind mit dabei.
Ein Leben ohne Glamour
Seit vier Jahrzehnten lebt Herbert Prohaska in Klosterneuburg. Medien durften nie hinein. Kein Kamerateam, keine Homestory. „Sein Privatleben auszubreiten, sein Haus öffentlich zu zeigen, ist für ihn absolut tabu“, schreibt Journalistenlegende Peter Linden in einem Blogeintrag. Bekannt wurde trotzdem: Der Weinkeller im Untergeschoss kann sich sehen lassen. Bereits vor der WM 1998 bestellte Prohaska eine Magnumflasche Chateau Margaux. Platz dafür ist genug in der „Villa Elisabeta“, wie das Domizil genannt wird.
Auf einem Ehrenplatz liegt dort eine besondere Uhr: Eine Cartier mit der Gravur „50 Jahre Franz Beckenbauer“. Geschenkt bekam er sie 1995 beim Abschiedsspiel des „Kaisers“ – Seite an Seite mit Krankl, Charlton, Eusebio und Rossi. Di Stéfano und Puskás standen als Trainer an der Linie. Udo Jürgens sang im Festzelt. Es war ein Ausflug in die Welt der Ikonen. Für Prohaska blieb es eine Randnotiz.
Der Weg zur Legende
Prohaskas Fußballweg beginnt beim Wiener Sport-Club. Mit 17 wechselt er zu Austria Wien. Dort reift er zum besten Mittelfeldspieler des Landes, gewinnt Meistertitel, geht zu Inter Mailand. Mit den „Nerazzuri” gewann Prohaska den italienischen Pokal. Der größere Erfolg sollte allerdings wieder in einer Hauptstadt folgen: Zusammen mit der AS Roma krönte sich „Schneckerl” 1983 zum Meister der Serie A. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war der Edeltechniker auch im südlichen Nachbarland unsterblich geworden.
Er war nie der Lauteste. Eher der mit dem scharfen Blick für Räume, mit der Passgenauigkeit eines Uhrwerks. Nach der Spielerkarriere folgt der Trainerjob. Von 1993 bis 1999 leitet er das Nationalteam. Die Qualifikation für die WM 1998 in Frankreich bleibt bis heute der letzte große Coup eines österreichischen Teamchefs.
Teamchef mit Weinwissen
Während der Zeit als Teamchef bleibt Prohaska sich treu. Keine Show, keine PR-Mätzchen. Stattdessen Wissen und Bodenständigkeit. Das schätzen auch die Spieler. Für ihn zählen „Fachwissen, Akzeptanz in der Mannschaft und der Respekt, mit dem ihm Spieler begegnen“, schreibt Linden weiter. Fehlen diese drei Dinge, „dann helfen auch die besten Laptops nicht“ – so Prohaska.
Heute blickt er auf die Entwicklung des Berufs mit Skepsis. Taktiktafeln wurden von Tablets verdrängt, Ersatzspieler erhalten Laufwege per Zettel. „Wenn ein Trainer einem neuen Spieler beim Eintauschen einen Zettel mitgibt, damit er den an seine Mitspieler weitergibt, verstehe ich die moderne Trainerwelt nicht mehr“, sagt Prohaska in der „Krone“. Und betont: „Das hat wirklich nichts mit altmodisch zu tun.“
Gala mit Grüßen Und Gesang
Der 70. Geburtstag wird nicht im kleinen Rahmen gefeiert. Auf der Donaubühne Tulln wurde Prohaska am Freitagabend mit einem Konzert geehrt. Veranstalter Erich Schindlecker spricht von einer „zwischen Tür und Angel entstandenen Idee“, wie die NÖN berichtet. Sie entwickelt sich zu einem Fest voller Musik und Erinnerungen. Mit dabei: Stipsits, Bilgeri, Pires, Denk, Resetarits, Seiler – ein Ensemble aus Pop, Kabarett und Klassik.
Moderatorin Birgit Denk trägt violett. Prohaska singt. Bürgermeister Peter Eisenschenk überreicht ihm eine Urkunde – 50 Jahre nach dem 4:3-Sieg des SC Tulln gegen Austria/WAC. Damals traf Prohaska. Nur einmal. „Gott sei Dank“, sagt Eisenschenk und lacht.
Später, beim Selfie-Marathon mit Fans, bleibt Prohaska geduldig. Wie immer. Gelassen, höflich, ohne Starallüren.