Fadi Merza: "Ich war ein Raufbold"
Inhalt
- Ziele
- Leere nach dem Wettbewerb
- Comeback und endgültiger Abschied
- Alter, Motivation und Grenzen
- Härte des Profialltags
- Die innere Stimme als Wegweiser
- Eine neue Idee aus dem Traineralltag
- Parallelen zwischen Ring und Management
- Der Gentleman Fight
- Was der Boxsport ihm gegeben hat
- Training als Ventil
- Ein neues Ziel
Fadi Merza hat jahrzehntelang im Ring gelebt. 116 Kämpfe, Titel, Comebacks und ein Alltag, der immer von einem klaren Ziel bestimmt war. Im Interview blickt er nun zurück und spricht überraschend offen darüber, was dieser Sport mit ihm gemacht hat und was nach dem letzten Gong passiert. „Ich bin ein Mensch, der Ziele braucht“, sagt er, und beschreibt die Leere, die entsteht, wenn plötzlich nichts mehr auf dem Spiel steht. Gleichzeitig redet er über seine Vergangenheit und darüber, wie sehr er sich verändert hat. „Ich war früher ein kleiner Raufbold“, erzählt Merza, heute sei er ruhiger, gelassener und bewusster. Aus dieser neuen Perspektive heraus erklärt er auch, warum er nach dem Karriereende wieder ein Ziel gesucht hat und wie daraus seine nächste Idee entstanden ist.
Ziele
Fadi Merza beschreibt sich als jemanden, der ohne klare Ziele nicht funktioniert. „Ich bin ein Mensch, der irgendwie Ziele in seinem Leben braucht. Wenn ich keine Ziele habe, dann fühle ich mich irgendwie ein bisschen verloren.“ Dieses Muster zieht sich durch seine Karriere und sein Leben danach. „Da habe ich ein Ziel gehabt vor Augen und darauf habe ich dann trainiert.“
Leere nach dem Wettbewerb
Schon vor seinem Karriereende 2014 suchte er neue Herausforderungen und fand sie kurzzeitig auf einem anderen Parkett. „Da kam die Dancing Star, das war auch eine Competition.“ Doch auch dort erlebte er, was passiert, wenn der Wettbewerb wegfällt. „Als ich dann ausgeschieden bin in der Hälfte, es war auch für mich eine große Leere.“ Danach fehlte die Struktur. „Ich habe einfach so dahin gelebt.“
Comeback und endgültiger Abschied
2024 kehrte Merza noch einmal in den Ring zurück. Was als einmaliger Auftritt gedacht war, wuchs schnell. „Geplant war es nur einem Kampf, aus einem Kampf wurden drei Kämpfe.“ Der dritte wurde zum Abschied. „Im März dieses Jahres habe ich meinen Abschiedskampf gemacht.“ Gleich danach kam wieder das Gefühl von Bodenlosigkeit. „Dann ist mir der Boden unter den Füßen weggezogen. Ich habe keinen Halt gehabt, ich habe eine große Leere gespürt.“
Alter, Motivation und Grenzen
Ein Grund war auch das Alter. Merza stand deutlich jüngeren Gegnern gegenüber. „Der älteste Gegner war 27, 28.“ Vor dem letzten Kampf traf ihn ein Gedanke mit voller Wucht. „Mein Gegner könnte eigentlich mein Sohn sein. Also irgendwann wird es dann peinlich.“ Vor allem aber spürte er, dass der innere Antrieb nicht mehr da war. „Man braucht irgendwie ein bisschen Feuer in sich drinnen.“ Dieses Feuer habe ihn durch die ersten beiden Kämpfe getragen, „aber dann beim dritten Kampf war dieses Feuer plötzlich nicht mehr da.“
Härte des Profialltags
Dazu kam die Härte des Profialltags. „Man muss halt auf sein Gewicht schauen. Also man lebt wirklich wie ein Mönch.“ Irgendwann war der Verzicht zu schwer. „Ich möchte gerne mit meiner Frau mal schön essen gehen, ohne die Kalorien zu zählen.“ Und er erinnert daran, dass Boxen gefährlich bleibt. „Der Boxsport ist wirklich auch sehr hart und gefährlich. Ein Schlag kann dein ganzes Leben verändert.“ Nach mehr als 116 Kämpfen sei klar gewesen: „Man darf sein Glück nicht überstrapazieren.“
Die innere Stimme als Wegweiser
Merza verlässt sich, wie er sagt, auf seine innere Stimme. Vor dem Comeback habe sie ihn getrieben. „Fadi, du musst das machen, sonst bereust das.“ Vor dem letzten Fight kam das Gegenstück. „Jetzt reicht's.“ Er folgte ihr.
Eine neue Idee aus dem Traineralltag
Nach dem Abschied brauchte er schnell etwas Neues. Die Idee entstand aus seinem Alltag als Trainer. In seinem Gym trainieren viele Führungskräfte. „Hier bei mir trainieren viele Verantwortungsträger, viele CEOs.“ Er beobachtet ihren Druck und die Wirkung des Trainings. „Die kommen wirklich, die kommen in der Früh trainieren, die kommen mit so einer Last und nach einer Stunde hat sich das abgebaut.“ Danach sehe man ihnen die Erleichterung an. „Du merkst dann richtig, wie ausgelassen sie dann das Gym wieder verlassen.“
Parallelen zwischen Ring und Management
Merza erkennt darin Parallelen zwischen Boxring und Management. „Man muss innerhalb weniger Sekunden schnelle Entscheidungen treffen. Wann greife ich jetzt an, wann gehe ich in die Deckung?“ Genau so sei es auch im Job von Verantwortungsträgern. „Ich finde, die zwei Komponenten haben was miteinander zu tun.“
Der Gentleman Fight
Daraus entstand gemeinsam mit Andreas Unger der Gentleman Fight. „Warum wollen wir nicht so eine Bühne bauen für Manager, die die gerne aus ihrer Komfortzone raus wollen und sich in den Boxring trauen.“ Das Event ist in seiner ersten Ausgabe noch klein, aber bewusst gesetzt. „Es ist die erste Veranstaltung in diesem Ausmaß.“ Vorerst gibt es „nur drei Kämpfe, drei Manager Boxkämpfe“. Merza glaubt trotzdem an Wachstum. „Ich bin mir sicher, dass es in Österreich genug Manager gibt oder Verantwortungsträger, die Boxsport machen, die auch gerne mal in den Ring wollen, nur trauen sie sich nicht.“ Der Gentleman Fight soll diese Hemmschwelle senken. „Bei der zweiten Auflage“ erwartet er deutlich mehr Teilnehmer.
Was der Boxsport ihm gegeben hat
Was Merza am Boxen fasziniert, ist nicht nur das Kämpfen, sondern die Wirkung auf den Menschen. „Ich habe dem Boxsport sehr viel zu verdanken.“ Der Sport habe ihn ruhiger gemacht. „Der Boxsport hat mich zu einem besseren Mensch gemacht.“ Früher sei er impulsiv gewesen. „Ich war früher ein kleiner Raufbold.“ Durch den Kampfsport sei er „ausgeglichener“ geworden und gehe Probleme gelassener an.
Training als Ventil
Training bleibt für ihn ein Ventil. „Man staut das alles in sich auf.“ Ohne Ausgleich werde es gefährlich. „Wenn man keinen Platz hat, den ganzen Druck rauszuboxen oder rauszuschwitzen, dann hat man irgendwann ein Problem.“ Darum trainiert er weiter, auch nach dem Karriereende. „Wenn ich eine Woche lang nicht trainiere, dann bin ich wirklich ungut und bin nicht auszuhalten.“
Ein neues Ziel
So steht Merza heute an einem neuen Punkt. Der Ring ist als Bühne für ihn vorbei, aber nicht als Idee. Aus der Leere nach dem Abschied macht er ein Projekt, das anderen die Chance geben soll, ihre Grenzen kennenzulernen. Und er selbst hat wieder ein Ziel.